✍Der Großherzogl. Darmstädtische Hofmaler
Hr: Hauptman Rabe
Raabe1, gekant von vielen
Kunstfreunden
unserer Freunde2indem er3 weil er in ver-
schiedenen Städten des nördlichen Deutschland
Bild4 sich5 durch Bildnisse in Mignatur und
mit Aquarellfarben, wohl gleichend
und niedlich ausgeführt vieles Lob6
vielen
sich Gönner und7 Beyfall erworben; reist
gegenwärtig in Italien und8 wo
er beauftragt von
für die Lehre von der
Harmonie der Farben zweckmäßige
und vollständige Studien einsammeln
soll.
Diesem ehrenvollen, auf eine9
höchstlöblicher Weise das allgemeine
Beste der Kunst bezielenden Auftrag
Genügen zu leisten, hat sich Hrbemühte sich
Herr10 Raabe seit einiger Zeit angelegen-
lich bemüht11 und wir sind im Standesehen uns im
Stande12 über drey seiner Arbeiten
Stücke13 welche
er in b[++]ng auf obigenzu
obigem14 Zweck
verfertigt hat, Rechenschaft zu
geben.
Dem reisenden Künstler war
empfohlenworden
behufsBehufs15 der Farben Harmonie
sollte der reisende Künstler16 seine Aufmerksamkeit unter den
Neuern vorzüglich dem Pietro da
Cortona zu17zuwenden und so hat er
bey seiner Durchreise durch Florenz im
Pallast Pitti nach zwey geachteten Fresc[o-]
gemälden des erwehnten Meisters
mit Aquarellfarben und einigen decken[d]
aufgesetzten Strichen leichte aber ge-fallige Copien
verfert in nicht
großenFormatCopien verfertigt,
sehr mäßig groß,und leicht
behandelt, jedoch gefällig18 und entsprechend dem damit
beabsichtigten Zweck -
Für Rom war dem Herrn Raabe unter
anderm aufgegeben20 eine Copie von
der sogenannten Aldobrandinischen Hoch-
zeit in der Größe des Origi21 in etwadergleicher22 Größe wie das Original ist zuverfertigen23
aufgetragen24 indem öffentliche Nach-richten
verkündet hattendenn
öffentlicheBerichte hatten
verkündet,25 dieses merk-
würdige Denkmal derantiker26
[22v]Malerey sey durch sorgfaltiges27 [Ab-]
waschen von allen neuern Zusatz[en]
gereinigt worden und zeige sich nun
an manchen Stellen betrachtli[ch ver-]
ändert. Es war dahersonach28 sehr wünschens-werth von
demtheils für deutsche
Alterthumsforscher wünschenswerth, über
den29 gegenwärtige[n]
angeblich dem Ursprüngliche[n]
mehr sich annähernden Zustan[d]
des Denkmals Auf30 nähern Auf[schluß]
zu erhalten theils in Bezug auf
Ver-theilung der
Farben
Nachbarschaftund
wechselseitiges Einwürken
der-selben theils
wegen der Regeln
derBeleuchtung nach
welchen die
Maleralten
Maler verfuhren.zu erhalten, theils
konnte der Haupt-Reise-zweck des Herrn
Raabe schwerlich beßer ge-fördert werden
als durch Veranlaßungdaßelbe mit Ernst
und Muße durch zustudiren in
Bezug auf kunstmäßige Vertheilung der
Farben, ihre Nachbar-schaft und
wechselseitiges Einwürken,auch wegen der
Regeln der Beleuchtungnach welchen die
Maler des Alterthumszu verfahren
pflegten.31
Hr. Raabe ist dem gegebenen Auftragenachgekommen und indem er seineArbeit gefertigte Copie der Behörde nach Berlin eingesendet istuns die Ansicht derselben ver-gönnt gewesen.32
Eine solche Arbeit ist freylich33 mit ni[cht ge-]
ringen Schwierigkeiten verk[nüpft,]
Schwierigkeiten,34 welche aus den Beschädigungen [des]
Urbildes entspringen, aus Stellen35
vielen Stellen wo die Zeichnung [vom]
alten Meister vernachläßigt wor[den,dem36]
aus dem37 flüchtigen Leichten so sich derse[lbe in]
Hinsicht auf Behandlung erlaub[te, aus]
dem Eigth38 Eigenthümlichen dies[er]
Art Malerey, endlich auch aus dem [großen]
an einzelnen bedeutenden Theil[en be-]
wiesenen Kunstvermögen.
Alles dieses gehörig erwogen u[nd zu]
Gunsten der vom H. Raabe verfert[igten]
Nachbildung in Anschlag gebracht [wird]
solche für jeden billig urtheilend[en]
eine erfreuliche Erscheinung seyn [wenn39]
ob40 gleich wer das alte Gemälde kennt41 [näher]
kennt vielleicht die Farbentöne [z. B.]
an dem sehr schönen Kopf der Braut,
zarter, an dem jungen vor de[m]
Dreyfuß stehenden Mädchen bl[ühender]
verlangen möchte
verlangt42, andere St[ellen]
hatten mehr Kraft erhalten
dürfen
kräftiger43
noch andere gemäßigtern Farbenauftrag
gemäßigter44
, viele mehrern
frischern und
ungetrübtern Glanz der
Farbenfrischer45
[23r]und46 die Schatten fast durchgängig großereKlarheit47 klarer gewünscht hätte
so hat
so fällt48 dem ungeachtet das Bild
im allgemeinen Ganzen noch
immer frohlich freundlich mittreuer
freundlicher Farben-wirkung
immer heiter und freundlich49 in die Augen.
Diese Copie der Aldobrandinischen
Hochzeit, ja überhaupt das Unternehmen
des Herrn Raabe und der ihm geschehene
Auftrag Studien für die Harmonie der
Farben zu verfertigen, können und werden
für ihn
ihm50 selbst von entschiedenem Nutzen
auch so wie für die Kunst
überhaupt, [+++]müßten sicher [?]
[+++]
seyn,auch für die Kunst im
Allgemeinen51 ersprießliche Folgen
haben: sein52 Des wackern53 Künstlers eigenes gutes
Talent bildet sich bey weiterfortgesetztem
redlichem54 Bemühen auf diesem Wege
schauend [?]55 eigenthümlich aus, und ist ihm
der jezt erwehnte erste Versuch einer [?]56
antike Malerey nachzubilden wenigstens
nicht mißglückt, so läßt sich so57 erwarten,
er werde, bey [+++]58 künftig hin vorzu-
nehmenden sich59 mit dem Geschmack der Alten
beßer und beßer bekannt werden, das
Vortreffliche [+++
+++]derselben60 sich anzueignen wißen. In Be-ziehung auf die
Hinsichtlich auf die gesammte61 Kunst überhauptdarf man von dem
darf man hoffen, der62 an Herrn Raabe
[23v]ertheilte Auftrag und seiner Be-
mühungen wohl hoffen daß dadurch63
guter Erfolg werde auch andere Künstler zu gleichem
Bestreben err64 und mehrerer65 Auf-
merksamkeit auf die Harmonie der Farben angeregt werden. Dieserwichtige Theil
der Mahlerey wird sorg-faltigere Pflege
zuzuwenden.anregen.Es thut
allerdings noth diesenwichtigen aber
vernachläßigten Theilder Malerey künftig
sorgfältiger zupflegen.66
Noch einenein Wunsch
sey uns erlaubtnehmlich.67 Noch müßen wir uns des
Wunsches entledigen, daß Hr: Raabe
veranlaßt werden möchte
Nachrichtenmitzutheilenoder
irgend ein anderer fähiger Be-obachter
Nachrichten mittheilen möchte68 über die An69 an der
Aldobrandinischen Hochzeit neu auf
oder70 übermalten Stellen, denn da wenndieselben vor
einigen Jahren abge-waschen und alles was
neuere Händehinzugefügt
hattenwofern durch Abwaschen alles
von neueren Händenhinzugefügte
hinweggenommen worden,71 so müßen die Beschädigungen vorungefähr 200
zweyhundert Jahrenzur Zeit da dieses alte
Denkmalwelche sich schon vor
ungefähr zweyhundert Jahrenan diesem
Denkmal befandenhaben[?] als
als man dasselbe72 auf dem Esquilinischen Hügel zu
Rom ausgegraben worden
zumRom entdeckt, wieder
zum73 Vorschein gekommen und74 seyn und
abermalige Ausbeßerungen statt
gefunden haben. Nach Maaßgabe
der vom Herrn Raabe
verfertigtender
Abbildung,75 muß76 das alte Gemälde nun an mehreren
Stellen verendert erscheinen und eben
darum lohnt es der Mühe zu wißen77
erfahren ob diese Stellen wahrhaftig
alt sind, oder durch neue Retouschen
dieihre78 gegenwärtige Gestalt gewonnen
haben; denn wohl wäre der Fall
möglich, daß durch letzthin
geschehenesvorerwehntes79 Abwaschen des alten Bildes die Be-
schädigungen an demselben größer, also
auch dieauch die
neu80 aufgemalten Stellen beträcht-
licher oder zahlreicher81 geworden[.]
Löblich ist allerdings die höhere
Werthschätzung welche zu dieser Zeitunserer
Zeit82 den Alten Kunstdenkmalen wider-
fährt aber durch neues Restauriren
bereits restaurirter Werke wird
hochst83 selten viel gewonnen
wesentlich gewonnenein
wesentlicherVortheil
erreicht,84 doch allemal das Gute
treffliche nie wieder herzustellende
Alte der Gefahr größerer Be-
schädigung ausgesetzt.
Nach der Copie des Herrn Raabe zuurtheilen85 hat der Kopf der Leyer-
spielerin eine von der ehem86 sehr ver-
änderte Gestalt erhalten; der Kopfputz,
sonst eine sogenannte Rete von violetter
Farbe, ist nun ein breites goldfarbiges
Band mit Knöpfen welche ihm dieGestaltdasAussehen87 einer Krone geben; das
Gesicht, sonst rundwangig blühend
sehr[?]88 von89 belebtem fröhlichen Ausdruck
isterscheint90 jetz verlängert matt von Farbe,
die fröhlichen Züge sind
verschwundenverschwunden die
fröhlichen Züge,91
der Kopf nach Verhältniß zur Figur
zu groß geworden92[.] Die Leyer
hat ebenfals eine etwas
andereFormerscheint ebenfalls
in andererForm als sonst,93 ihre Hörner sind gegen94
haben eine geradere Richtung und
sind knotig da sie vorher geschwungen
und glatt waren.
Die Figur95 sehr beschädigte Figur mit96
am Dreyfuß stehende Figur mit der
Krone über welche so viele geschrieb97
hat an dem sonst nacktenhat an
ihrem sonst unbekleideten98 rechten
Vorderarm, nun99 einen vorn aufgeschlitzten,
Ermel, welcher diesen Arm bis zum
Handgelencke bekleidet,deckt,100 ihre linke
an die Leyer gelegte Hand, als ob
sie das Instrument verlangte und
[24v]an sich nehmen wollte, ist nicht me[hr]
vorhanden; die Krone welche gel[b]
war hat noch die Gestalt von Bl[ättern,]
ist101 aber nun weiß. D102
DasDer103 Dreyfuß; das junge a[n]
demselben stehende Mädchen
Opferspende gießend; der
Bräutigam; das Bett, die B[raut]
und die Zusprecherin sind no[ch]
wie sie sonst waren, letztere n[ur]
hat eine Halsschnur wie von104 fa[st]
wie von angereihten Perlen
eine andere solche Schnur ziert105
liegt um das Gelenk ihrer r[echten]
Hand der grüne Kranz in ihr[en]Haaren
hatund vom grünen Kranz in
ihr[en]Haaren sind106 mehr Blatter als
ehemals sichtbar.
Auch die Sclavin welche Salbe in
eine Muschel schüttet ist gebliebe[n wie]
sie war, auf der Muschel aber
scheinet noch ein anderes kleine[s]
Gefäß zu stehen, fast wie ei[ne]
Lampe gestaltet.
An der Matrone diewelche107 ihre [rechte]
Hand108 in den Napf [+++]109 taucht die
Wärme des Waßers zum Ba[de zu]
prüfen, in der Linken den [Fächer]
hält, sind wir keine Veränder[ungen]
gewahr worden; eben so an d[er]
Figur welche die Tafel hält, [dagegen]
erscheint das junge Mädchen110 zu
Äußerst im Bilde stehende jung[e]
Mädchen, beschäftigt, das Bad zu [kühlen]
indem es mit einer Schaale Waß[er]
zugießt, ganz gelb111 ganz in112 gelb [ge-]
kleidet, da es sonst, durch ehem[aliges]
Restauriren noch außer dem gel[ben]
Mantel oder Übergewand, ein [rothes]
und auch ein Weißes Untergew[and]
hatte.
[25r] Im Grunde des Bildes ist das hinter
der Leyerspielerin der Figur mit der
Krone und dem jungen, am Dreyfuße
stehenden und Opferspendenden
Madchen sonst angedeutete
Busch-angedeutetgewesene
Busch113werk weggenommen, und der114 blaue
Luftfarbe erstreckt sich hinunter
bis auf die Grundlinie Linie des
Grundeswo die
woraufGrundlinie wo115 die Fig116 Figuren
stehen. Über der Wand hinter[+++ +++]117 welche
sich hinter allen andern Figuren
herzieht ist nur ein118 befindet
sich nur ein schmaler Streifen
hell blau oder
LuftfarbeLichtblau oder
Luftfarbe119 denn auf
dem höhern hinter der Figur des
Bräutigams emporsteigenden
Pfeiler liegt ein über der120 die ganze Länge des Bildes hinziehendes
Gebälk wodurch das ganze ein
viel geschloßneres Ansehen er-hält121 er-
halten hat; auch hinterder Leyerspielerin, zu
äußerstim Bilde rechts, sieht
mannimt man hinter der
Leyerspielerin, zu äußerstim Bilde
rechts,122
[+++] dunkle123eine dunkle
graue Maße wahr, als ob eine
quer124 quer sich vorschiebende Brust
mauer hätte angedeutet werden
sollen -
- Rechtsinhaber*in
- Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek
- Zitationsvorschlag für dieses Objekt
- TextGrid Repository (2022). Goethes Farbenlehre in Berlin. Repositorium. [vor] 12. August 1820. Goethe u. J. H. Meyer, Gutachten (Konzept). Z_1820-08-12_d.xml. Wirkungsgeschichte von Goethes Werk „Zur Farbenlehre“ in Berlin 1810-1832. Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek. https://hdl.handle.net/21.T11991/0000-001C-1269-8