✍ (Ew:)Euer Excellenz beehrten im verfloße-
nen Frühjahre die unterzeichnete
Facultät mit dem Auftrage, zur
Wiederbesetzung der durch den Ab-
gang des Herrn Profeßor Bartels
erledigte Profeßur einen Gelehrten vor-
zuschlagen, der sich zu dieser wichtigen Stel-
le eigneteigne1, und von dem zu erwarten stehe,
daß er einem etwaigen Rufe folgen
werde. Wir haben diesem hohen Auf-
trage Genüge zu leisten, mit einigen
Gelehrten von anerkanntem Verdienste Pri-
vat-Unterhandlungen angeknüpft,
indem nur auf diese Weise ihre Gesin-
nung für den Fall einer Vocation zu er-
forschen war, und die Ehre gehabt, (Ew.)Euer
Excellenz den Doctor GriethuisenGruithuisen2 in
München als einen solchen zu nennen, den
wir nach seinen öffentlichen Leistungen, und
nach Privaterkundigungen für würdig zur
Lehrstelle der Physiologie erkennen müßten,
und der auf unsere durch (Ew.)Euer Excellenz Hohen
[119v]Auftrag veranlaßte Anfragen einer
etwaigen Beruffung dazu folgen zu
wollen, sich bereit erklärterkläret3 habe.
Während der seitdem verfloßenen
vier MonathenMonathe4 haben wir (Ew.)Euer Excellenz ho-
her Entscheidung dieser für unsere Univer-
sität überhaupt, und für unsere Facul-
tät insbesonders so wichtigen5 Angelegenheit
erwartungsvoll entgegen gesehen, und da
die Zeit nicht mehr ganz fern ist, wo die
Wintervorlesungen ihren Anfang nehmen
sollen, so nehmen wir uns die Erlaub-
niß (Ew.)Euer Excellenz geneigter Erwägung
diesen Gegenstand so ehrfurchtsvoll als
ergebenst vorzuführen, indem wir den
mannigfaltigen Anfragen der Stu-
direnden der Medicin, welche die Phy-
siologie mit Recht als die Basis ihres Stu-
diums betrachten, nicht zu begegnen wis-
sen. Das Vertrauen, womit (Ew.)Euer Excel-
lenz uns hiebey beehrt haben, indem es uns
einerseits zu dem lebhaftesten Dancke
auffordert, erregt in uns andererseits die
feste und erfreulichste Hoffnung, daß
unsere Wünsche und Vorschläge eherwerden6
[120r] berücksichtiget werden, als die ohne alles
Zuthun von unserer Seite schon einen
gewißen Grad von Publicität er-
langt haben, andererseits aber, und wir
bitten (Ew.)Euer Excellenz deßen versichert zu sein,
sich lediglich auf eine unparteiische und
gehörig motivirte Ansicht der Sache grün-
den.
Professores der medicinischen Facultät hieselbst.
L. C. Treviranus Dec.
Ein Hohes Königliches Ministerium
der Geistlichen, Unterricht, und Medicinal-
Angelegenheiten zu
Berlin
- Rechtsinhaber*in
- Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek
- Zitationsvorschlag für dieses Objekt
- TextGrid Repository (2022). Goethes Farbenlehre in Berlin. Repositorium. 10. September 1822. Breslauer medizinische Fakultät an Kultusministerium (Ausfertigung). Z_1822-09-10_k.xml. Wirkungsgeschichte von Goethes Werk „Zur Farbenlehre“ in Berlin 1810-1832. Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek. https://hdl.handle.net/21.T11991/0000-001C-18A6-C