Den Profeßor Müller (betr:)betreffend
ad No 2,882..
Der Profeßor Müller hat in
der aufmunternden Aussicht,
welche Euer Excellenz ihm bei seiner
Ernennung, in dem hohen Rescripte
vom 8.n April (d. J.)dieses Jahres eröffnet haben,
den Muth gefunden, seine Bitte
wegen Bewilligung einer fixirten
Besoldung zu erneuern und hat
mir zu diesem Ende die in originali
anliegende Vorstellung übergeben.
Dieser Schritt findet seine Entschul-
digung in drückenden ökonomischen
Sorgen des Supplikanten.
Ich habe Gelegenheit gehabt, von
den Bestrebungen und der Lage
dieses jungen Gelehrten nähere
Kenntniß zu nehmen. Um ganz
seinem wissenschaftlichen Berufe
leben zu können, ist er in die Nothwen-
digkeit versetzt worden, Schulden
[89v]zu machen. Wie dieses zu Sorgen
und Verlegenheiten führt, welche
den Fortschritt auf der begonnen-
nen Laufbahn hemmen und den
geistigen Aufschwung lähmen,
darf ich nicht auseinander setzen.
Der p Müller hat sein Vermögen
während der Vorbereitung zu
seinem gegenwärtigen berufe
ganz aufgezehret. Seine Subsistenz
in seiner hiesigen Stellung, die
mit mancherley Anforderunge[n]
verbunden ist, beruht einzig und
allein auf dem Ertrage der Hono-
rarien und auf den außerordent-
lichen Unterstützungen die Hochdie-
selben ihm bisher huldvoll bewil-
ligt haben. An einen Erwerb als
praktischer Arzt ist in einer
Stadt als die hiesige, welche so
viele Aerzte und Profeßoren,
die sich der Ausübung der Heil-
kunde widmen, zählt, nicht zu
denken.
Wenn ich alles dieses erwäge so
wie auf die bisherigen ausge-
[90r]zeichneten Leistungen des wackern
jungen Mannes und die vielver-
sprechenden Hoffnungen für die
Zukunft sehe, so thut es mir
doppelt leid, daß ich in der der-
maligen Lage der Universitäts-
Fonds kein Mittel anzugeben
weiß, um dem Profeßor Müller
die gewünschte Beruhigung
über sein Schicksal zu geben.
Die Besoldung des abgegangenen
Zeichenlehrers Tischbein welche
ich hierzu in meinem Berichte
vom 4.n April (d. J.)dieses Jahres in Vorschlag
gebracht hatte, ist seitdem zur
Hälfte an den Profeßor Diez
vergeben worden. Andere vacante
Gehälter, worüber verfügt wer-
den könnte, sind nicht vorhanden,
so lange nicht die endliche Ent-
scheidung über den Profeßor
Gratz erfolgt seyn wird. Gleichwohl halte ich mich ver-
pflichtet Euer Excellenz gnädige
Blicke noch einmal auf den
Profeßor Müller hinzuleiten,
[90v]damit Hochdiesselben seiner bei
der ersten günstigen Gelegen-
heit eingedenk seyn, und bis zur
Ausmittlung eines bestimmten
Besoldungseinkommens, einstweilen
auf die bisherige wohlwollende
Weise helfen möchten.
Regierungsbevollmächtigte.
In Abwesenheit und Auftrag desselbe[n]
des Königlichen Wirklichen
Geheimen Staats- und Ministers
der Geistlichen- Unterrichts- und
Medizinal-Angelegenheiten
Herrn Freyherrn von Altenstein
Excellenz
in
Berlin.
- Rechtsinhaber*in
- Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek
- Zitationsvorschlag für dieses Objekt
- TextGrid Repository (2022). Goethes Farbenlehre in Berlin. Repositorium. 5. September 1826. Rehfues an Altenstein 1 (Ausfertigung). Z_1826-09-05_k.xml. Wirkungsgeschichte von Goethes Werk „Zur Farbenlehre“ in Berlin 1810-1832. Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek. https://hdl.handle.net/21.T11991/0000-001C-1E63-2