Zwischen 1792 und 1816.


Bei Einübung einer jungen Schauspielerin

Musiker und Sänger wußte er sehr anzuregen und ihnen oft mit wenigen Worten, aber lebhaften Geberden und Ausrufungen anschaulich zu machen, worauf es eigentlich ankomme. Dabei hatte er eine unermüdliche Geduld und Ausdauer.

Eine der ersten noch lebenden dramatischen Künstlerinnen begann ihre Laufbahn in Weimar. Sie hatte bei ihrem Debut auf den Brettern, die die Welt bedeuten, einige wenige Worte zu sagen. Goethe ließ sie zu sich kommen und sagte: »Nun, mein liebes Kind, sagen Sie mir einmal vor, was Sie morgen zu sprechen haben.« – Sie gehorchte. Goethe belehrte sie nun und hieß sie dann die Worte wiederholen. Sie that es. »Noch einmal!« sagte er ruhig. Sie leistete willig Folge. Da ließ er sie mit dem ruhigsten »Noch einmal!« von der Welt dieselben Worte wohl funfzigmal wiederholen, und als ihr endlich vor innerem Ärger und zurückgedrängten Thränen die Stimme versagte, sprach er, ohne im Geringsten von ihrem Kummer und Grimm Notiz zu nehmen, zu ihr: »Nun, mein liebes [166] Kind! gehn Sie jetzt zuhause und überdenken Sie sich das; dann kommen Sie morgen wieder, da wollen wir es noch ebensovielmal wiederholen. Da soll es wohl gehen.«

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Gespräche. Zeitlich ungewiß. Zwischen 1792 und 1816. Bei Einübung einer jungen Schauspielerin. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-A841-F