Zwischen 1812 und 1816.


Bei der Bühnenprobe zu »Romeo und Julia«

Das Meisterwerk Shakespeare's war nach Schlegel's Übersetzung und nach Goethes Bearbeitung einstudirt worden und sollte nach längerer Pause jetzt wieder vorgeführt werden. Genast hatte heute alle Hände voll zu thun, da er außer den anstrengenden Regisseurgeschäften dieses Nachmittags auch noch mit der Rolle des Montague sich betraut sah, während ihm Malkolmi als sein Feind Capulet gegenüberstand. – Vielerlei Kürzungen und Zusammenziehungen – das läßt sich nicht in Abrede stellen – sogar einige Gewaltthätigkeiten hatte sich das Stück gefallen lassen müssen .... [197] Goethe hatte sich eingestellt und in der Herrschaftsloge niedergelassen; das Signal zum Beginnen ward gegeben.

– – – – – – – – – – – – – – – – –

Es war imganzen nur wenig, was Goethe an den Leistungen der Künstler auszusetzen fand. Der Amme empfahl er: »die Hände weniger unruhig zu gebrauchen und eine weniger lächelnde Miene anzunehmen.« Graff's Bruders Lorenzo mitunter zu hohe Armbewegung wußte er durch seine Erinnerung auf das richtige Maß zurückzuführen. Eine ganz besondere Sorgfalt wendete er der Ballscene im ersten Act zu, die nur erst nach längerer Vorbereitung und Durchübung die gewünschte Gestaltung annahm. Auch auf das Einzelne und Einzelste richtete er seinen scharfen Blick: so durften nicht zu viele der Gäste in dieser Scene aufeinmal aus demselben Eingang eintreten und nicht zu rasch aufeinander folgen; er duldete nicht, daß die Masken sich zu weit nach vorn bewegten und zu gedrängt nebeneinander standen und gingen. Keiner der handelnden Personen erlaubte er, zu nahe an das Proscenium heranzutreten. Die Fechtscene zwischen Mercutio und Tybalt (Deny) ließ Goethe noch einmal in verlängertem Zeitmaße vor sich gehen; denn er theilte mit Wilhelm und Laertes im ›Meister‹ die Ansicht, daß man in solchen Scenen nicht, ›wie es auf Theatern wohl zu geschehen pflegt, nur ungeschickt hin und wider stoßen dürfe‹.

[198]

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Goethe: Gespräche. Zeitlich ungewiß. Zwischen 1812 und 1816. Bei der Bühnenprobe zu »Romeo und Julia«. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-A82B-3