Vor 1828.
Weinprobe
Er... war im Punkte des Weinverstandes ein ungewöhnlich feiner Kenner. Eine glänzende Probe hiervon [153] legte er bei einem Diner ab, zu welchem der Großherzog Karl August einen kleinen Kreis um sich versammelt hatte. Beim Nachtisch, nachdem schon mehrere gute Sorten geprüft worden waren, bat der Hofmarschall von Spiegel den Großherzog um die Erlaubniß, einen Wein ohne Namen auftragen zu lassen. Ein Rothwein wurde herumgereicht, gekostet und recht gut befunden. Mehrere der Herren von der Tafelrunde erklärten ihn für Burgunder, nur war man über die specielle Sorte dieses edlen Gewächses nicht einig. Da aber bewährte Weinzungen, darunter die des Großherzogs, die Diagnose auf Burgunder gestellt hatten, so wurde dieselbe einstimmig angenommen. Nur Goethe kostete, und kostete wieder, schüttelte das Haupt und setzte das geleerte Glas nachdenklich auf den Tisch. ›Excellenz scheinen anderer Ansicht zu sein; sagte der Hofmarschall; ;darf ich fragen, welchen Namen Sie dem Weine geben?‹ »Der Wein ist mir durchaus unbekannt,« erwiederte Goethe, »aber für Burgunder halte ich ihn nicht. Eher sollte ich meinen, es sei ein gut gelesener Jenenser, der einezeitlang auf einem Madeirafaß gelegen hat.« ›Und so ist es inderthat,‹ bestätigte der Hofmarschall.
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