1829, 29. August.
Mit Adam Mickiewicz,
Anton Edward Odyniec u.a.
Kaum waren wir aus dem Theater draußen [nach der Aufführung des ›Faust‹] so fragte ich [Odyniec] ihn gleich: »Was nun?« Er hörte es aber nicht, oder wollte es nicht hören – genug, er sagte kein Wort. Ich konnte mich aber nicht halten und begann mich auszusprechen. Auf dem ganzen Wege vom Theater zur Soirée hörte er zwar zu, blieb aber stumm wie eine Mauer. Das verwirrte mich einwenig und kühlte meinen Eifer ab. Und als ihn Goethe fragte, welchen Eindruck er vom ›Faust‹ auf der Bühne, für die er doch nicht geschrieben wurde, erhalten habe, erging er sich zwar über die einzelnen Scenen, erwähnte aber des Ganzen mit keinem Worte. Und Goethe mochte darüber wohl betroffen sein; denn er sah ihn mit durchdringendem Blicke an, als erwarte er noch etwas und fragte nicht weiter. Auch mich haben einzelne Scenen ungemein interessirt. So lachte ich zum Bersten über die Liebeleien zwischen Mephistopheles und Martha, und die Scene Faust's mit Gretchen im Kerker er schütterte mich so sehr, daß ich trotz alles Schämens und mächtigen Bemühens (ich war nämlich in der Loge bei Herrn Vogel) nicht imstande war nicht nur die Thränen, sondern, was noch schlimmer war, ein lautes Schluchzen zurückzuhalten, was sich mir [138] zum Ärger gewaltsam aus der Brust vordrängte. Frau Rosa hatte nichts Angelegentlicheres, als es bei der Soirée Goethe sogleich zu erzählen, was mir ein solches dankbares Anblicken und Lächeln und zuletzt ein Gespräch (zwar nicht über den ›Faust‹, sondern über das Klima bei uns und in Italien, über den Einfluß, den das Klima auf ihn einst übte und auf jeden Ankömmling aus dem Norden üben muß) verschaffte.
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