1813, 20. April.
Mit Friedrich Förster u.a.
Unser erstes Nachtquartier hatten wir in Meißen. Wir hatten eben unsern Morgengesang vor dem Gasthofe, in welchem unser Felbwebel im Quartier lag, beendigt, [318] als ich einen Mann in eine Extrapost einsteigen sah, dessen Züge mir bekannt zu sein schienen. Kaum traute ich meinen Augen, als ich sah, daß es Goethe war. Ich war als Freund seines Sohnes und als begünstigter Ballbegleiter seiner tanzlustigen Frau Gemahlin oft in seinem Hause gewesen, allein ihn, den friedliebenden, mitten unter den Kriegsunruhen zu finden, wußt' ich mir nicht zu erklären. Noch glaubte ich mich zu täuschen, zumal er die Militärmütze tief in das Gesicht gedrückt hatte und sich in den russischen Generalmantel mit rothem Kragen versteckte. Als ich nun aber seinen kleinen Secretär, Freund John, an den Wagen treten sah, war ich meiner Sache gewiß und theilte die herrliche Entdeckung sogleich meinen Kameraden mit. Mit militärischem Anstande einer Ordonnanz trat ich nun an den Wagen heran und sagte: ›Ew. Excellenz melde, daß eine Abtheilung der Königlich preußischen Freischaar der schwarzen Jäger auf dem Durchmarsch nach Leipzig vor Ihrem Quartier aufmarschirt ist und Ew. Excellenz die Honneurs zu machen wünscht.‹ Der Feldwebel commandirte: »Präsentirt das Gewehr!« und ich rief: ›Der Dichter aller Dichter, Goethe lebe hoch!‹ Mit Hurrah und Hörnerklang stimmte die ganze Compagnie ein. Er faßte mit der Haltung eines Generals an seine Mütze und nickte freundlich. Nun trat ich noch einmal heran und sagte ihm: ›Es hilft Ew. Excellenz das Incognito nicht! Die schwarzen Jäger haben scharfe Augen und bei unserm [319] ersten Ausmarsche Goethe zu begegnen, war ein zu günstiges Zeichen, als daß wir es sollten unbeachtet vorüberlassen. Wir bitten um Ihren Waffensegen!‹ »Von Herzen gern!« sagte er. Ich reichte ihm Büchse und Hirschfänger, er legte seine Hand darauf und sprach: »Zieht mit Gott und alles Gute sei eurem frischen deutschen Muthe gegönnt!« Während wir ihm ein nochmaliges Lebehoch riefen, fuhr er grüßend an uns vorüber.
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