1827, 13. September.
Beim Armbrustschützenverein
Heute war Dejeuner im Armbrust-Schützenverein. Goethe ließ seinen Dankestoast durch seinen Sohn ausbringen, [206] welcher auch seine silberne Medaille von Bovy zum Geschenk übergeben mußte und späterhin durch Stiftung einer schönen Armbrust von 1731 ein gar passendes gemüthliches Impromptu machte.
Ich [v. Müller] saß neben dem alten Herrn. »Ich bin eben im Mittelalter,« sagte er, »indem ich Luden Geschichte desselben lese, und so kommt mir die lebendige Anschauung einer solchen Tradition der Vorzeit, wie dieses Armbrustschießen eben recht. Ihr Neuern mit Eurem Centralisiren, wie wäret Ihr wohl im Stande, einem Institut so viel Lebenskraft einzuhauchen, wie diese Corporation seit Jahrhunderten bewährt hat?«
Auf der sinnreich verzierten Torte stand:
Bei Tische, zu dem auch ich wieder geladen war, blieb Goethe fortwährend sehr munter. Als Zahn erzählte, daß man erst etwa den achten Theil vom Pompeji ausgegraben und noch reiche Ernte, aber erst nach vielen Jahren zu gewärtigen habe, meinte Goethe: »Ei nun, um verständig und klug zu werden, haben wir schon jetzt genug, wenn wir nur wollten.«
Unter die ihm verhaßte Jean Paul'sche Einschrift der Frau von Spiegel in Walther's Stammbuch: »Der Mensch hat eine 1 Minute zum Lächeln, eine zum[207] Seufzen, eine halbe nur zum Lieben; denn in Mitte 2 derselben stirbt er,« schrieb er persiflirend:
1 Ungenau; es heißt dritthalb.
2 Goethe Werke: in dieser Minute.
3 Goethes Werke XV. 103: Über tausend.