1822 ungefähr.
Mit Ida Melos u.a.
Als Jugendgespielen der Enkel des Dichters, Wolfgang und Walther, waren die drei Töchter des Melosschen [206] Hauses gar vielfach in Goethes Hause, wie die beiden Knaben fast täglich zu ihnen herüber kamen. Goethe selbst, bis an sein Lebensende ein Kinderfreund, war allezeit gar liebevoll gegen seine Enkel und deren Gespielinnen; wenn ihm das kleine Volk über seinem Haupte zu viel Lärm machte, so schickte er ihnen als einzige Mahnung zur Ruhe eine Schachtel voll köstlicher Frankfurter Süßigkeiten, um welche sie Lotto spielen möchten; öfter auch warf er die Süßigkeiten aus den Fenstern seines Arbeitszimmers in den Garten hinab, wobei Ida die bevorzugte war. Oder er stand, in seinen langen grauen Hausrock gekleidet, die Arme auf dem Rücken, im Garten und sah den spielenden Kindern zu, wobei, schreibt Frau Freiligrath, die Enkel gar manchmal, wenn unsere Bälle höher flogen, oder unsere Reisen einen schöneren Bogen beschrieben, einen kleinen Tadel erhielten, wie: »Ei, die Mädchen beschämen Euch. Die Mädchen machen's besser.« Wolfgang lief sehr viel ungenirt beim Apapa ein und aus, und ich, als damals unzertrennliche Gefährtin, mit ihm, doch nie schien dieser über die Störung ungehalten oder ungeduldig, und immer hatte er ein paar freundliche Worte für uns. Einmal – es ist mir unvergeßlich und auch unerklärlich – gab er uns Geld und den Auftrag, von den längsten Zwiebelrespen, die wir finden könnten, einzukaufen und ihm zu bringen. Es war Zwiebelmarkt und eine ungeheure Menge dieser beliebten Südfrucht vor Goethes Hause ausgeboten. Wir durchliefen [207] die Reihen der ländlichen Verkäufer und Verkäuferinnen und wählten die schönsten und längsten der Zwiebelrespen, beluden uns damit und schleppten sie zu Goethe, der uns nun befahl, sie an einer Schnur über seinem Schreibtisch zu befestigen ..... Ein andermal, als Goethe in unserer Gegenwart seinen Rock wechselte und ich mich bemühte, ihm dabei behülflich zu sein, erhielt ich das Compliment: »Von so schönen Händen bin ich lange nicht bedient worden.«
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