1831, 11. März.
Mit Johann Peter Eckermann
Mit Goethe zu Tische in mannigfaltigen Gesprächen. »Bei Walter Scott,« sagte er, »ist es eigen, daß eben sein großes Verdienst in Darstellung des Details ihn [46] oft zu Fehlern verleitet. So kommt im ›Ivanhoe‹ eine Scene vor, wo man Nachts in der Halle eines Schlosses zu Tische sitzt und ein Fremder hereintritt. Nun ist es zwar recht, daß er den Fremden von oben herab beschrieben hat, wie er aussieht und wie er gekleidet ist, allein es ist ein Fehler, daß er auch seine Füße, seine Schuhe und Strümpfe beschreibt. Wenn man Abends am Tische sitzt und Jemand hereintritt, so sieht man nur seinen obern Körper. Beschreibe ich aber die Füße, so tritt sogleich das Licht des Tages herein und die Scene verliert ihren nächtlichen Charakter.«
Ich fühlte das Überzeugende solcher Worte und merkte sie mir für künftige Fälle.
Goethe fuhr sodann fort mit großer Bewunderung über Walter Scott zu reden. Ich ersuchte ihn, seine Ansichten zu Papiere zu bringen, welches er jedoch mit dem Bemerken ablehnte, daß die Kunst in jenem Schriftsteller so hoch stehe, daß es schwer sei, sich darüber öffentlich mitzutheilen.
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