1821, um Mitte Juli.
Mit Eduard Genast und Julius Christian Koch
Da wir [Genast und Frau] einige Tage im Theater [zu Lauchstädt, wo die Leipziger Schauspieler Vorstellungen gaben] nicht beschäftigt waren, so benutzten wir die Gelegenheit, unserm lieben Vater in Weimar einen Besuch abzustatten, und Freund Koch, unser trefflicher Komiker, der ein großes Verlangen trug, Goethe kennen zu lernen, wozu ich ihm sichere Aussicht gemacht, schloß sich unserer Partie an ..... Den andern Tag ließ ich bei Goethe anfragen, ob ich ihm einen Leipziger Schauspieler vorstellen dürfte. Mein Gesuch wurde gewährt und ich nebst meinem Freunde nach Wunsch empfangen.
[89] Im Gespräche fragte Goethe, welchem Fach Koch sich gewidmet, und als dieser erwidert hatte, daß er hauptsächlich im Lustspiel und der Posse wirke, bemerkte Goethe: »Nun, das ist eine ganz schätzenswerthe Aufgabe, andern Menschen heitere Stunden zu bereiten!« Dann wandte er sich zu mir und fragte, was jetzt meine Beschäftigung im Schauspiel wäre. Ich sagte ihm, daß ich wohl noch hier und da ernstere Liebhaber spiele, der Hofrath Küstner mir aber zumeist Charakterrollen übertrüge, und so hätte ich denn vor kurzem den König Philipp in »Don Carlos« mit Erfolg gegeben, wozu ich ein treffliches Vorbild an dem Schauspieler Kühne von Hamburg gehabt, der in dieser Rolle ganz unvergleichlich sei und den ich darin sogar noch über Eßlair stelle. »Ich habe schon viel Gutes von diesem Manne gehört, und er soll ein ganz tüchtiger Charakteristiker sein, mit einem kräftig schönen Organ und entsprechender Persönlichkeit,« sagte Goethe. Dann fragte er nach meiner Frau, ob sie mitgekommen sei, was ich bejahte, aber sogleich hinzufügte, daß sie sich nicht mit der nöthigen Toilette versehen, um Sr. Excellenz aufwarten zu können. »Ei was!« rief er; »sie ist mir in jedem Costüme willkommen.«
Abends kamen wir seinem Verlangen nach, und er begrüßte sie mit großer Herzlichkeit.
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