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An Johann Friedrich Rochlitz

Die Aufführung des kleinen Stücks ward von Zeit zu Zeit, wie es bey Theatern zu gehen pflegt, aufgeschoben; desto angenehmer ist mirs daß ich gegenwärtig von einer sehr guten Aufnahme desselben sprechen kann, ohngeachtet ich mit der Darstellung nicht ganz zufrieden war. Daß ich den Verfasser verschwieg erregte von einer Seite Neugierde und ließ von der andern den Eindruck desto unbefangner. Das nächstemal soll es noch besser werden, indessen hat doch schon eine Liebhabergesellschaft, die sich hier befindet, sich das Stück ausgebeten, welches denn auch ein gutes Zeichen ist.

Das Original sende ich mit Dank zurück. Die wenigen Veränderungen die ich gemacht habe, betreffen einige harte Worte, welche man unter Personen einer gewissen Art, besonders unter Soldaten, mit Recht[207] vermeidet, sodann einige Scherze welche sich auf Philosophie beziehen, die ich im doppelten Sinne nicht billigen kann, weil man entweder dadurch keine Wirkung hervorbringt, oder weil man die Menge veranlaßt über etwas zu lachen das sie nicht versteht und das sie wenigstens verehren sollte.

Verzeihen Sie diese Pedanterie; man weiß aber nicht eher als nach einem längern Lebenslauf was ächte Maximen, die uns über das Gemeine heben, für einen hohen Werth haben, der so selten anerkannt wird.

Darf ich Sie nun mit einigen Aufträgen beschweren?

Ich wünschte Nachricht von einem Manne, welcher sich Johann Leonhardt Hoffmann nennt, und einen Versuch einer Geschichte der Farbenharmonie 1786, in Hendels Verlag, zu Halle, herausgegeben. Die Dedication an Herrn Gottfried Winkler, in welcher sich der Verfasser einen Franken nennt, ist von Leipzig aus datirt, wo er sich eine Zeit lang aufgehalten und mit Oeser Umgang gehabt haben mag. Vielleicht haben Sie Gelegenheit etwas näheres über diesen Mann zu erfahren, der mir von gewissen Seiten interessant geworden ist.

Alsdann hätten Sie wohl die Güte mir ein gebundnes Exemplar, von dem im Oktober 1800 geschlossnen Jahrgang der musikalische Zeitung zu verschaffen. Den ersten bis zum Oktober 1799 besitze [208] ich. Die Auslage werde ich mit Dank sogleich erstatten.

Sollte Ihnen nicht ein Liedchen bekannt geworden seyn, das von Capellmeister Himmel componirt ist, es drückt die Unruhe eines verliebten Mädchens aus, das sich seinen Zustand nicht erklären kann, jeder Vers endigt sich mit einer Partikel z.B. Ich weiß nichtwoher, wohin, warum. Es ist ein Scherz, den man in einer Gesellschaft wohl gern einmal anhören mag.

Die Fragen wegen Wilhelm Meisters möchte ich am liebsten einmal mündlich beantworten. Bey solchen Werken mag der Künstler sich vornehmen was er will, so giebt es immer eine Art von Confession und zwar auf eine Weise von der er sich kaum selbst Rechenschaft zu geben versteht. Die Form behält immer etwas unreines und man kann Gott danken, wenn man im Stand war so viel Gehalt hinein zu legen, daß fühlende und denkende Menschen sich beschäftigen mögen, ihn wieder daraus zu entwickeln.

Die Recension in der allgemeinen Litteraturzeitung ist freylich sehr unzulänglich, für jeden, der selbst über das Werk gedacht hat; doch ist sie nicht ohne Verdienst, wenn man sie als die Meinung eines einzelnen ansieht, der seine Gedanken darüber äußert. Freylich hat man Ursache von einer Recension mehr zu verlangen, besonders von einer so späten.

Ich wünsche, daß Ihre Gesundheit wieder hergestellt [209] seyn möge, so wie ich mich auch von den Übeln, die mich betroffen haben, nach und nach wieder erhole.

Darf ich bitten mich unserm verehrten Weiße bestens zu empfehlen.

Weimar d. 29. März 1801.

Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1801. An Johann Friedrich Rochlitz. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-991F-7