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An Johann Heinrich Meyer

Berka an der Ilm

am Himmelfahrtstage 1814.

Hier, mein werthester Freund, sende ich ein Blatt, welches Sie, wenn Sie sich der Sache annehmen mögen, Ihro Hoheit vorlegen können. Spielen Sie, mir zu Liebe, auch dießmal den Klosterbruder. Ich lasse gern so vieles stocken; aber dieser Fall bringt mich mit einer ganzen kleinen Stadtgemeinde in Enge und Klemme. Wenn man mir zweyhundert Thaler in die Hände giebt, so soll in vierzehn Tagen alles wenigstens schicklich seyn, dergestalt daß es jadem wohlschmecket, der guten Appetit hat, und daß der die Musik gut findet, der gerne tanzt. Besuchen Sie mich bald! in einer Stunde fahren Sie heraus, Sie finden uns immer bereit Sie auf's freundlichste zu empfangen.

Goethe.


Sachse wird den Thaler 12 gr. abholen und dagegen den Entenmann von Jena kommen lassen, den ich einstweilen bey sich aufzustellen bitte.

Genast fährt nächstens zu mir heraus, es wäre schön wenn Sie ihn begleiten möchten; so läßt sich alles wegen des kleinen Stücks verabreden und abthun. Die Zeichnung des Reilischen Gartens ist sehr gut gerathen und zu unsern Zwecken vollkommen brauchbar.


[281] [Beilage.]

Heute muß ich Sie, mein werthester Freund, wegen einer Angelegenheit, die mich einigermaßen beunruhigt, um Rath und That ersuchen; es betrifft die hiesige Badeanstalt, welche einigermaßen in Stocken gerathen ist. Von Seiten der Weimarischen Vorgesetzten zaudert man etwas dafür zu thun, ihre mir bekannten Gründe kann ich nicht tadeln, die unbekannten nicht beurtheilen. Dagegen sind die hiesigen Untergeordneten in der penlichsten Lage. Es ergehen Anfragen an sie, was man von der Anstalt zu erwarten habe, die Weimaraner kommen um sich zu erlustigen und finden alles öde, die Berkaischen haben ihre Quartiere zurecht gemacht, und möchten sie gerne vermiethet sehen.

In dieser Lage konnte ich nicht ganz unthätig bleiben. Ich habe veranlaßt daß mit wenigem etwas geschehe.

Mit wenigem, sage ich, eigentlich aber mit nichts. Denn der Badeinspector schießt das Wenige aus seinem Eignen vor, in Hoffnung sich wieder von den Sommereinkünsten des bades bezahlt zu machen.

Durchlaucht der Erbprinz haben mir so oft wiederholt, daß sie mich wegen der hiesigen Anstalten irgend einer Summe, an Ort und Stelle, sprechen wollten; es ist dieses noch nicht geschehen und möchte wohl in der gegenwärtigen Zeit, wo so manches militarische Hof- und [282] Stadt-Hinderniß eintritt, sobald nicht geschehen, indessen verfließt der kurze Zeitraum, in welchem noch etwas zu thun ist, und die, in manchem Betracht, nützliche und angenehme Anstalt läuft Gefahr gleich im zweyten Jahre ihren Credit zu verlieren.

Ohngeachtet aller dieser Betrachtung mag ich mich doch nicht zudringen und Durchlaucht den Erbprinz nicht unmittelbar angehen. Möchten Sie sondiren, wie unsere verehrte und geliebte Hoheit über diese Sache denkt und ob durch Ihre Vermittelung irgend eine kleine Summe zu erhalten seyn möchte. Ich möchte dieser trefflichen Dame auch gern die Förderung dieser einmal angefangenen Sache verdanken. Meine Absichten sind dießmal die allerreinsten. Die Anlage ist ohne mein Zuthun, ja, wie sie steht, gegen meine Überzeugung gemacht; allein sie ist einmal da, sie hat Geld gekostet und bringt eine, diesem kleinen Orte, der durch denKrieg so viel gelitten hat, höchst förderliche Bewegung hervor. Was bisher geschehen, sehe ich als geworfene Würfel im Brettspiel an, wie sie liegen, kann ich nicht ändern, aber wie die Steine zu setzen sind, hierüber muß ich meinen Witz befragen. So viel, mein Bester, zum besten Gebrauch. Um's Geheimniß bitte ich vor allem; denn es stehet geschrieben: thuet das Gute, aber mit Furcht und Zittern.

Berka an der Ilm

am Himmelfahrts-Tage 1814.

Goethe. [283]

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1814. An Johann Heinrich Meyer. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-98AB-A