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An Friedrich Schiller

Ehe ich von Göttingen scheide muß ich Ihnen doch ein Lebenszeichen geben. Es ist mir bisher sehr wohl gegangen, ich habe die merkwürdigsten Anstalten gesehen und den größten Theil der Professoren kennen lernen, man begegnet mir mit viel Neigung und gutem [237] Willen und ich gestehe, daß ich mich lange nicht so wohl und heiter befunden habe.

Die Anstalten sind höchst respectabel, doch werden Sie darüber, so wie über die Menschen erst mündlich von mir hören. Leider scheinen meine Acten auf dieser Reise nicht so anzuschwellen, wie auf der letzten nach der Schweiz. Damals war ich freylich im Falle meine Kräfte an der Welt zu versuchen, jetzt will ich zufrieden seyn wenn ich sie an ihr wieder herstelle. Kann ich indessen nur zum Anschauen der Totalität des Göttingischen Zustands gelangen, so wird mir diese Reise von außerordentlichem Nutzen seyn. Schon jetzt fühl ich, wie sich mein Geist bey Betrachtung dieser Zustände aufheitert.

Mein Reisegefährte August, welcher Carln schönstens grüßen läßt, ist auch Schuld an meinem mindern Fleiß, indem er mich zerstreut und manche Betrachtung ableitet, doch ist er sehr glücklich, er gewinnt in manchem Sinne und auch mein Verhältniß gegen die Menschen wird durch ihn gelinder und heiterer, als es vielleicht außerdem hätte seyn können. Leben Sie recht wohl, grüßen Sie Ihre liebe Frau und erfreuen Sie mich, wenn ich wieder komme, mit Früchten Ihres Fleißes.

Göttingen am 11. Juni 1801.

G. [238]

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1801. An Friedrich Schiller. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-902E-D