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An Eugen Napoleon Neureuther

Ihre lithographirten Blätter, mein Werthester, haben mir, wie früher die Zeichnungen, viel Vergnügen gemacht, auch zweifle ich nicht, da sie durch die Vervielfältigung sich allgemeiner verbreiten können, an freundlicher Aufnahme.

Wegen der Farbe lassen Sie mich soviel sagen: alle eingegrabenen Striche, Umrisse, Schraffuren, stellen den Schatten vor, so wie alles dasjenige was das Bild herausheben soll. Ist nun die Farbe zu hell, so geht der Zweck verloren und das Bild tritt dem Auge des Beschauers nicht entgegen. Deutlichkeit und Entschiedenheit ist der Vorzug eines Kunstwerks, es [62] sey von welcher Art es wolle; so muß man z.B. die lieblichen Intentionen des Titelblattes erst einzeln aufsuchen, denn das Ganze fällt nicht in's Auge. Eben so wäre der glücklich gerathene Todtentanz auch durch stärkere Farbe deutlicher zu wünschen.

Könnt ich in der Folge einen Abdruck erhalten durchaus mit schwarzer Farbe, so würde mir es angenehm seyn, weil alsdann der Gedanke, durch reine Zeichnung ausgesprochen, in einer gleichen und ungestörten Folge sich hervorzuthun würde.

Weiter wüßt ich nichts zu sagen, da Ihnen, auch auf dem Stein, die glückliche Naivität Ihrer Conceptionen auszudrücken höchst lobenswerth gelungen ist.

Über das Eigenthümliche Ihres schönen Talents ergreif ich Gelegenheit mich ausführlicher vernehmen zu lassen.

Empfehlen Sie mich Herrn Director v. Cornelius zum besten und bleiben meiner aufrichtigsten Theilnahme versichert.

Weimar den 25. August 1829.

J. W. v. Goethe.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1829. An Eugen Napoleon Neureuther. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8E38-8