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An Carl Friedrich Zelter

Hierbey dankbar die Briefe bis 1805 zurück, 1806 wird abgeschrieben und folgt mit den folgenden. Sende nur gleich zehen Jahre, damit die Arbeit hintereinander weggehe, ein Schreibender der sich dran hält kommt gar weit bey diesen langen Tagen.

Zur Begleitung send ich einige naturdichterische Blätter; willst du dir einmal recht jung scheinen, so finge sie und laß andere sie fingen damit auch diese glauben die paradiesischen Irrthümer der Jugend seyen ihnen wieder verliehen. Die neusten schönen Tage werdet ihr ja wohl auch, wenn meine Universal-Meteorologie nicht trügt, zu genießen haben.

Mir geht es in so ferne gut daß ich an der nothwendigsten Thätigkeit nicht gehindert bin. Möge es dir eben so und besser gehen.

immerfort

und immer grad

Weimar den 16. Juni 1825.

G.


[Beilage.]

Diese Richtung ist gewiß
Immer schreite schreite,
Finsterniß und Hinderniß
Drängt mich nicht zur Seite.
Endlich leuchtest meinem Pfad
Luna! klar und golden
[225]
Immer fort und immer grad
Geht mein Weg zur Holden.
Nun der Fluß die Pfade bricht
Ich zum Nachen schreite,
Leite, liebes Himmelslicht
Mich zur andern Seite.
Seh ich doch das Lämpchen schon
Aus der Hütte schimmern,
Laß um deinen Wagenthron
Alle Sterne glimmern.
Immerhin und immerfort,
Allzuschön erscheinend,
Folgt sie mir von Ort zu Ort
Und so hab ich weinend...
Überall umsonst gefragt
Feld und Flur durchmessen,
Auch hat Fels und Berg gesagt:
Kannst sie nicht vergessen.
Wiese sagte: geh nach Haus,
Laß dich dort bedauern;
Siehst mir gar zu traurig aus
Möchte selber trauern.
Endlich fasse dir ein Herz
Und begreifs geschwinder:
Lachen, Weinen, Lust und Schmerz
Sind Geschwisterkinder.
[226]

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1825. An Carl Friedrich Zelter. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-86D9-F