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An Paul Jeremias Bitaubé

[Concept. ]

Wenn es rühmlich für einen Schriftsteller ist von fremden Nationen gekannt zu seyn, so ist es, dünkt mich, noch ehrenvoller, von Männern geschätzt zu werden, welche die Muster kennen nach denen er sich zu bilden gesucht hat.

Sie haben, würdiger Mann, mein Gedicht der Übersetzung nicht unwerth geachtet, nachdem Sie, in früherer Zeit, Ihr Gefühl für unsere Lehrer, die Griechen, und für den Reiz patriarchalischer Sitten, durch Übersetzung und eigne Arbeit an den Tag gelegt hatten.

Sie lassen, durch diesen Antheil an meinem Gedicht, dem Bestreben Gerechtigkeit wiederfahren, das[148] in mir immer lebendig war, mich von den Formen der Alten so viel als möglich zu durchdringen.

Ich wünsche Ihrer Arbeit in Frankreich um so mehr Beyfall, als schon der Inhalt für den Leser nicht ohne Nutzen bleiben kann. In jedem Staat, besonders aber in einer Republik, ist es höchst wichtig daß der Mittelstand geachtet werde und sich selbst achte; welches bey Ihren Landsleuten nicht immer der Fall zu seyn scheint.

Wäre ich jünger, so würde ich den Plan machen Sie zu besuchen, die Sitten und Localitäten Frankreichs, die Eigenheiten seiner Bewohner, so wie die sittlichen und geistigen Bedürfnisse derselben nach einer so großen Crise näher kennen zu lernen. Vielleicht gelänge es mir alsdann ein Gedicht zu schreiben, das, als Nebenstück zu Herrmann und Dorothea, von Ihrer Hand übersetzt, nicht ohne Wirkung bleiben sollte; die, wenn sie auch nur beschränkt wäre, doch dem Übersetzer wie dem Verfasser genug thun könnte.

Doch ein solches Unternehmen erfordert Kräfte, die ich mir nicht mehr zutraue. Ich werde wohl auf die Hoffnung Paris und Sie zu sehen Verzicht thun müssen; dagegen ich mich, mit wiederholtem Dank, Ihrem geneigten Andenken empfehle.

Weimar am 19. Nov. 1800.

[149]

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1800. An Paul Jeremias Bitaubé. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-82A8-C