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An Franz Kirms

Jena d. 27. Junius 1806.

Ew. Wohlgeboren

Erhalten hierbey ein Blättchen, worauf ich meine unmaßgeblichen Gedanken wegen des Singmeisters eröffnet habe. Die Kürze der Zeit, die er bey uns zubringen soll, und die Sinnesweise der Theaterpersonen läßt von dieser Anstalt wenig Fruchtbares hoffen. Doch würde sie auf alle Fälle nicht ohne Nutzen seyn und leitete vielleicht für die Zukunft etwas anderes ein. Da uns dadurch keine neue Ausgabe zuwächst, so wollen wir abwarten, was etwa weiter beschlossen wird und was bey Serenissimi Anwesenheit in Dresden arrangirt werden kann.

Übrigens danke ich Ihnen, daß Sie sich in unsern Angelegenheiten männlich halten und verwenden, und hoffe auf ein glückliches und frohes Wiedersehen.

G.


[Beilage.]

Jena den 27. Junius 1806.

Ew. Wohlgeboren

ist bekannt, wie ich schon lange gewünscht habe, daß [149] Jemand unter unsern Musikern wäre, der sich mit unsern jungen Sängern beschäftigte und ihre Waldvögleinstimmen etwas kunstmäßiger zurichtete. Der Gedanke also, einen Singmeister herbeyzurufen, trifft mit meiner Überzeugung recht gut überein, Da Serenissimus die Gnade haben wollen, die desfalls nöthigen Unkosten zu bestreiten, so könnten wir es ohne weitres mit allem Danke annehmen. Nur gebe ich zweyerley zu bedenken, erstlich ob in drey Monaten, die ein solcher Gast-Lehrmeister bey uns zubringen könnte, hinreichendes Gute zu bewirken wäre; woran ich fast zweifle: denn von der Musik, besonders vom Singen kann man sagen, die Kunst ist lang. Zweytens wissen Sie, wie ungern die Theaterpersonen Unterricht annehmen. Meist hält sich Jeder auf jeder Stufe hinreichend gebildet. Wir haben es bey dem Fall mit dem Tanzmeister gesehen. Niemand will an seinem Unterricht theilnehmen, und man kann sich unmöglich mit den Leuten überwerfen, um ihnen wohl zu thun.

Wie geht es mir nicht selbst! Was muß ich nicht für allerley Künste brauchen, und doch zuletzt einmal auffahren, wenn sie nach meiner Einsicht und Überzeugung sprechen und agiren sollen! Und doch hat die ganze Gesellschaft Zutrauen und Liebe zu mir. Etwas Unbildsames liegt überhaupt im Menschen, besonders aber scheint es in dieser Classe sehr einheimisch zu seyn.

G. [150]

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1806. An Franz Kirms. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-80B2-2