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An Carl Friedrich Zelter
Deine Sendung, mein Theuerster, ist wohl angekommen; die Medaillen haben Vater und Sohn erfreut; Lessingen hat dieser sogleich sich angemaßt, der eine Sammlung von Denkmünzen auf gute merkwürdige Menschen zu meiner besondern Zufriedenheit sich anlegt. Denn in der immer zunehmend zerstreuten Welt heftet ein so geprägtes Metallstück immer einmal wieder die Aufmerksamkeit des Beschauenden und bringt alterprobte, zwar halb verschollene, doch immer noch fortwirkende Verdienste zur Erinnerung.
(Etwas über die Bronce-Medaille folgt auf einem besondern Blatte, damit du es allenfalls Herrn Mendelssohn zustellen könnest.)
Da nicht nur meine Matrosen auf dem Mastkorb, sondern ich selbst Land erblicke und vor mir sehe,[158] mag ich gern freundlichen Glückwunsch annehmen. Ich wünsche, daß, wenn zu Ostern meine Ware zu euch kommt, ihr auch an dem, was ich von dieser Fahrt mitbringe, möget Freud und Nutzen haben.
Deine Klagen oder vielmehr Invectiven bey nicht gemäßer Ausführung längst vorbereiteter Ton-Exhibitionen glaub ich zu verstehn. Die Tendenz der Zeit, alles in's Schwache und Jämmerliche herunterziehen, geht immer mehr durch und durch. Ich habe ein halb Dutzend Gedichte vorzuweisen, mir zu Lob und Ehren, wo ich aber eigentlich schon als ein selig Abgeschiedener behandelt bin. Am Ende wird noch, der neusten Philosophie gemäß, alles in nichts zerfallen, eh' es noch zu seyn angefangen hat.
Übrigens ist mir die Zeit her allerlei Gutes begegnet. Staatsrath Loder sendete mir eine sehr schöne Sammlung russischer Mineralien, deren Anblick mich wahrhaft erfrischt und auf die mannichfaltige Stereographie der Natur hinweist. Ich überspringe, was sonst auf Natur bezüglich mit Gutes geworden, und sage nur: daß mich Professor Rauch mit einem lebens- und thatenlustigen Basrelief erfreut hat, auch Professor Tieck mit einem ehrenwerthen heldenmäßigen Kriegsgotte.
Mir Ober-Baudirector Coudray ergetze ich mich de Abende an Herrn Schinkels Heften. Die darin mitgetheilte neue und, wie wir hören, schon im Bau begriffene Kirche hat uns einige Abende angenehm [159] unterhalten. Ich wünschte wirklich darin einer Predigt beyzuwohnen, welches viel gesagt ist. Siehst du die Herren, so magst du wohl ihnen von mir ein freundlich Wort sagen und meinen aufrichtigen Dank recht löblich ausdrücken.
Gegenwärtiges dictir ich Abends um acht Uhr, durch die anfrierenden Fensterscheiben in meinen schneebedeckten mondbeschienenen Garten hinausblickend. Einsame Abende kann ich jetzt genug genießen, man spielt viermal in der Woche, und meine sämmtlichen lieben Kinder, Freunde und Genossen gingen, aus zunehmender Gewohnheit, wohl noch öfters hinein. Dagegen kann ich aber auch den jetzigen Theaterführern das Zeugniß geben, daß sie auf guten Wegen sind und die Sachen so zu stellen wissen, daß sich alles nach und nach besser bilden muß. Das ganze Geschäft steht unter dem Hofmarschall, dem es darum zu thun ist, etwas Anziehendes hervorzubringen, wohldenkende und gescheite Leute in's Interesse zieht, und was alles noch dazu gehört, um ein Geschäft zu führen, welches nicht mehr Schwierigkeiten hat als ein anderes, wenn man es einfach nach seiner Art nehmen will. Ostern laß ich vorbey, dann sag ich dir wohl das Besondere. Wünsche du unsern Schau-und Hörlustigen einstweilen zu diesem Allgemeinen Glück.
Und so wie an diesem Theil können wir auch überhaupt zufrieden seyn. An meiner Lage hat sich [160] nichts verändert. Hie und da werd ich, durch die sehr zweckmäßigen Absichten unsrer regierenden Frau Großherzogin, zu ein und anderer Thätigkeit aufgerufen, die meinen Jahren und Kräften noch wohl geziemen mag.
Nach wie vor
der Deine
Goethe.
N. S. Dieses gehe nun auch den alten herkömmlichen Weg und werde wohl empfangen. Wir haben heute 23-24 Grad Kälte, es ist also schön, daß wir durch Boten communiciren. Versäume nicht zu schreiben; auch bey mir liegt manches allernächst zu Communicirendes.