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An Christiane von Goethe

Carlsbad den 27. Juny 1810.

Nachdem mir lange Zeit die Briefe ausgeblieben waren, so kamen sie endlich alle an einem Morgen und machten mir um desto mehr Vergnügen. Ich konnte hoffen, daß der Shawl und das Tüchelchen würden gute Aufnahme finden. Sie sind, Gott sey Dank! um vieles wohlfeiler als die Schätzung, die du mir schreibst. In ähnlichen Dingen, als kleinern Shawls, Halstüchern und Kleidern dieser Art, ist wieder aufs Neue so viel Lustiges angekommen, daß man sich wirklich enthalten muß, kein Geld auszugeben. Auf alle Fälle soll August eine solche Weste haben: denn ich hatte mir selbst eine zugedacht.

Was ich aber nicht ganz loben kann, das ist, daß ihr gar nichts meldet von der freundlichen Sendung, die ich durch die Leute des Prinzen Bernhard gemacht habe, so daß ich also gar nicht weiß, ob sie zu euch gekommen ist. Augusten hatte der Schreiber dieses ein Schwänchen zusammen gemacht von Stecknadeln, Ohr-Kleinigkeiten; auch waren Nähnadeln dabey. Von allem diesem hören wir nichts. Auch hatten wir einen schönen Rohrkorb, mit getrockneten Trüffeln und Schwämmen dazu gethan. Aller dieser guten Gaben erwähnt ihr mit keinem Wort, und wir müssen nur hoffen, daß sie glücklich zu euch gekommen sind.

[331] Mir ist es bisher ganz wohl gegangen; aber freylich, daß ich wünschen müßte, das ganze Jahr in Carlsbad zu seyn. Denn gerade der mäßige Gebrauch des Wassers, wie ich mich dessen jetzt bediene, ist das rechte. Ich nehme auch noch ein paar Becher Sprudel Abends und befinde mich vortrefflich dabey. Es zeigt sich keine Spur von Krampf, woran ich in Jena noch unendlich gelitten habe, ohne Jemanden etwas zu sagen, weil es nicht unerträglich war, und ich mich von einem Augenblick zum andern mit Hoffnung hinhalf.

Dagegen habe ich hier eine recht gute Art zu seyn. Die Gegenwart der Kaiserinn und der sächsischen Herrschaften hat uns, diese Wochen her, in Athem erhalten und beschäftigt. Nachdem wir die verschiedenen Momente des Hierseyns der liebenswürdigen Monarchinn so gut wir nur konnten gefeyert; so ertheilte sie mir den Auftrag, den Carlsbadern in ihrem Namen zu sagen, wie ungern sie von hier weggehe, wie sehr sie sich hier gefallen habe, und wie lebhaft sie wiederzukehren wünsche. Auch diese schwierige Aufgabe, habe ich zu lösen gesucht, und ich schicke nächstens die kleine Sammlung der Gedichte. Indessen ängstigt es mich, daß darüber gerade die Zeit hin gegangen ist, die ich bestimmt hatte, unserer lieben Prinzessinn und Ihrem Gemahl, nach meiner Art etwas Freundliches zu sagen. Ich werde dieses nun wohl nachbringen müssen, und wünsche, daß die Festlichkeiten [332] recht froh und freudig mögen vollbracht werden. Das Übelbefinden des Herzogs und des Enkelchens hat mir einen traurigen Eindruck gemacht.

Du kannst von mir noch einen Brief in Weimar erwarten, da du erst den 12. July nach Lauchstädt gehst. Auf alle Fälle aber sollst du dort etwas von mir finden.

Die Schirme zur Farbenlehre kannst du Herrn Falk nur lassen wenn du auch weggehst. Empfiehl mich aller Welt und danke fürs Andenken. Lebe recht wohl und nimm von dem Tanzlehrer alles was dir gemäß ist. Der Fräulein Beust kann ich für kein Quartier stehen, am allerwenigsten für eine so kurze Zeit. Alles ist schon bestellt, und ich will nicht rathen, auf Glück hierher zu kommen. Wollen es die Frauenzimmer aber thun, so bin ich bey den drey Mohren zu finden, bin gerne hülfreich, stehe aber für nichts. Ich habe die letzten Zeilen der vorigen Seite ausgestrichen, weil ich nicht rathen kann, auf gut Glück hieher zu kommen. Fräulein Riedesel hat es gewagt, begnügt sich aber auch mit einem sehr engen Quartier in einer keineswegs erfreulichen Lage. Herr und Frau von Riedesel sind früher angekommen und haben um ein geräumiges Quartier zu finden, sich entschließen müssen auf den Schloßberg zu ziehen. Sage dieses mit meinen vielen Empfehlungen an Fräulein von Beust und Frau von Seebach. In Franzenbrunn und Teplitz ist es noch [333] viel voller. An diesen beyden Orten ist gar kein Unterkommen mehr. Nun will ich schließen und dir ein herzliches Lebewohl wünschen. Vor deiner Abreise nach Lauchstädt kannst du mir wohl noch einmal von Weimar schreiben. Wenn du hingegen nach Lauchstädt kommst, sollst du unter Herrn Genast's Adresse etwas von mir finden. Ob ich sonst etwas schicken kann, weiß ich nicht: denn die Leipziger die hier sind, gehen erst nach Eger. Lebe recht wohl und grüße Carolinchen und die Theaterfreunde.

G.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1810. An Christiane von Goethe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7182-5