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An Adolf Friedrich Carl Streckfuß

[Concept.]

[27. October 1827.]

Ew. Hochwohlgeboren

angenehmes Schreiben drückt meine ganze Überzeugung aus: daß die persönliche Bekanntschaft, das Siegel eigentlich auf jedes wahre sittliche Verhältniß zu drucken, gefordert werde, und ich zweifelte nicht, daß Sie von mir mit gleicher Empfindung scheiden würden. Lassen Sie es fortan also bleiben und [uns] eine lebendige Thätigkeit gemeinsamlich befördern.

Sie haben in dem Försterischen Tagesblatt so wie in einem Briefe an mich über die Verlobten so rein und treulich gesprochen, daß man es Ihnen nachzuthun nicht hoffen darf. Mögen Sie mir für Kunst und Alterthum einen solchen Aussatz zusenden, der die Verdienste dieses uns so werthen Romanes ausdrückte, so würden Sie mich sehr verbinden. Ich sammle zu einem neuen Stücke von Kunst und Alterthum, das ich recht prägnant machen möchte, und habe deshalb schon mehrere Freunde zu Hülfe gerufen.

Der erste Theil des Romans ist nun zweymal übersetzt in meinen Händen, von Leßmann und Bülow. Ich vergleiche nun Abends mit Riemer diese beiden Arbeiten mit dem Original; dieß ist eine der schönsten und fruchtbarsten Unterhaltungen. Wie Geschichtserzählung mit episch-dramatischer Darstellung sich im[135] Conflicte zeigt, ist in diesem Falle höchst merkwürdig zu sehen. Freylich wenn ein Werk wie dieses, woran Manzoni einen großen Theil seines Lebens, ja man darf wohl sagen, von Jugend ausgearbeitet hat, nun mit Verlegerschnelle in ein fremdes Idiom hinübergetrieben wird, da ist freylich das Höchste nicht zu fordern. Möge das was wir darüber zu sagen haben für eine zweyte Auflage zum Nutzen gebracht werden.

Zugleich sende ein neues Trauerspiel: Antonio Foscarini, welches angenehm seyn wird, wenn Sie es noch nicht kennen sollten. Möchten Sie gleichfalls in einer kurzen Anzeige Ihre Gedanken über den Werth desselben aussprechen, so geschähe mir ein besonderer Gefallen. Ich muß meine Gedanken jetzt anderer Orten zusammenhalten und darf sie auf nichts Fremdes, am wenigsten auf Tragödien hinwenden.

Haben Sie irgend ein Werk in ausländischer Literatur, worüber Sie mit wenigem Ihre Gesinnung aussprechen möchten, so thun Sie es und geben mir Kenntniß davon. Die Producte der verschiedenen Nationen gehen jetzt so velociferisch durch einander, daß man sich eine neue Art, davon Kenntniß zu nehmen und sich darüber auszudrucken, verschaffen muß. Können Sie sich entschließen, hieran Theil zu nehmen, so sende den intentionirten Inhalt des nächsten Stückes, auf alle Fälle gegen Ende des Jahres. Wenn man auch nicht aus Universalität hinarbeitet, so scheint es mir im Augenblicke nöthig darauf hinzudeuten.

[136] Mit den besten Wünschen und Hoffnungen vertrauend und theilnehmend.

Weimar den 26. October 1827.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1827. An Adolf Friedrich Carl Streckfuß. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7140-C