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An Anna Katharina Schönkopf
[Frankfurt, September 1768.]
Mademoiselle,
Hr. Goethe dem bekanndt ist, daß Scheere, Messer, und Pantoffeln, diejenigen Mobilien sind die am [162] meisten bey Ihnen auszustehen haben, schicket Ihnen hiermit, eine mittelmäsige Scheere, ein in gutes Messer, und Leder zu zwey Paar Pantoffeln. Sie sind alle von gutem Stoffe, dauerhafft, und mein Herr hat ihnen noch überdieß die möglichste Geduld anbefohlen, doch aber glaubt ich nicht daß Klingen und Leder solange bey Ihnen aushalten werden als Er. Nehmen Sie mir's nicht übel, ich sage wie ich's dencke, drittehalbjahre das können Sie weder von einem Pantoffel noch von einem Messer, noch von – das lass ich dahin gestellt seyn – verlangen, denn grausam gehen Sie mit allem um was sich unter Ihre Herrschafft begiebt oder begeben muß. Zerreise und zerbrechen sie alles, biß Ostern, da steht Ihnen neue Warre zu diensten, und erinnern Sie Sich manchmal, bey diesen Kleinigkeiten, daß mein Herr noch beständig wie sonst Ihnen ergeben ist. Selbst hat er nicht an Sie schreiben wollen, um sein Gelübde, nie vor dem ersten eines Monats Ihnen einen Brief zu schicken, nicht zu brechen. Mittlerweile, das ist, zwischen heut und dem ersten October, empfielt er sich durch mich ganz ergebenst, und ich nehme diese Gelegenheit, mich Ihnen gleichfalls zu empfelen.