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An Johann Gottfried Herder

[Frankfurt, October 1771.]
Pualid teud, a mhic Rühr Saitedu Sohn
Alpin na mfón,Alpins des G'sangs
Ambail solas a nclarisch Wohnt Trost in d'n
na nieölHarfen der Lüffte.
Taom air Ossian gu trómWälz über Ossian, zu
Osian dem traurgen.
Ta anam a snamh a nceö.Seine Seel ist
gehüllt in Nebel.

Son of Alpin strike the string. Is there ought of ioy in the Harp? Pour it then, on the Soul of Ossian: it is folded in mist


Vllin, a Charril,Ullin und Carril
a Raono,und Raono,
Guith amsair aStimmen vergangne der
dh'aom o-shean,Tage vor Alters
Cluinim an dorchadasHört ich euch in
ShelmaFinsternus Shelma,
Agus mosglibhse ananBald erhübs die Seele
nan dan.des Lieds.

[3] Ullin, Carril and Ryno, voices of the days of old, let me hear you, in the darkness of Selma, and awake the soul of songs.


Ni nculinim siobhNicht hör'ch euch
Shiol na mfónSöhne des G'sangs.
Cia an talla do neoil,In welcher Wohnung der
m'bail ar suianWolcken ist eure Ruh
Na tribuail siobh,Nicht rühret ihr,
clarsach nach trom,Harfe die düstre,
An truscan ceo-madin'sEin hüllen Nebel,
cruaim's Morgens tief.
Far an erich, guDort aufsteigt, mit
fuaimar a ghrianGetön die Sonne,
O Stuaigh na nceanÜber Wellen die
glas.blau
Häupter grün

I hear You not, ye children of music, in what hall of clouds is your rest? Do you touch the shadow harp, robed with morning mist, where the sun comes sounding forth from his greenheaded wawes


O linna doir-choilleVon Wassern Buschwaldigen
na Leigo,des Lego,
Air uair, eri' ceoDrüber 'nüber steigen
Nebel Busen – finster
taobh-ghórm nan tónvon Wellen.
Nuair dhunas dorsaWenn geschlossen werden
na hoichaThore der Nacht.
[4]
Air iulluir shuilÜberm Adler-Aug der
grina nan espeur.Sonn am Himmel
Tomhail, mo LaraWeit nach Lara
nan sruthdem Fluss,
Thaomas du'-nail asWälzen düster – Nebel
doricha cruaimso dunckl' und tief.
Mar ghlas-Scia', roiWie trüb – Schild starck
taoma nan nial,rollt im Nebel.
Snamh seachad, taGehüllet siebenmal, der
Gellach na hoicha,Mond der Nacht.

From the wood-skirted waters of Lego, ascend, at times, grey bosomed mist, when the gates of the west are closed on the suns eagle eye. Wide, over Lara's Stream, is poured the vapour dark and deep: the moon like a dim shield is swimming thro' its folds.


Le so edi taisin oshean– – – – – –
An dlu'-gleus, a– – – – – –
measc na gaoith
'S iad leamnach, oWenn sie gauckeln
osna gu osna,von Wind zu Wind,
Air du aghai oichaÜber's dunckle – Gesicht
nan siander Nacht des Sturms.
An taobh oitaig, guAuf düstern Lüfften, zum
patin nan seoid,Grab des Kriegers
Taomas iad ceächWälzen sie Nebel
nan speuram Himmel
Gorm-thalla do thannaisFinstere Wohnung denen
nach beo,Geistern nicht /muthigen
/starcken
/lebendgen
[5]
Gu am eri fon marbh-ranBiss dass steige Gesang
nan teud.Todten- /Ruhm
/Erinnerung
von Saiten

With this clothe the spirits of old their sudden gestures on the Wind, when they stride, from blast to blast, along the dusky face of the night. Often blended with the gale, to some warriors grave, they roll the mist, a grey dwelling to his ghost, until the songs arise


An codal so don'fhear-Wie schläft so hoher
phosdaaig Clatho,Mann der Clatho
Am bail coni do m'athair,Ist Wohnend d' Stärcke
an swain?meines Vaters in Ruh?
Am bail cuina, 's miBinn 'ch wohnend
in Vergessenheit,
'ntruscan nan nial,wie mich hüllen die Nebel
'S mi m 'aonar an– – – – – –
ám na hoicha

Sleeps the husband of Clatho? dwells the father of the fallen in the rest? Am I forgot in the folds of darkness; loney in the season of dreams


der Flüss'!
Lumon na sruth!Lumon des Fluss's!
'Ta u dealra, airDu bist leuchtend über
m'anam fein,m' Seele fein,
Ta do ghrian, air'S ist deine Sonne,
do thaobh,über deine Seite,
Air carrie nan cran,Über Felsen des Schalls
bu tromder Bäume.

[6] Luom of foamy streams, thou risest on Fonars Soul! Thy sun is on thy side, on the rock of thy bending trees


[7]

[3] Diese Stellen sind alle aus dem siebenten Buch. Wenn Sie schon einen Ossian haben, so braucht' ich das nicht dazu zu fügen. sie werden sehen, ob Sie mit mir einig sein können, wann ich sage, die Relicks und Ossians Schottisches machen ganz verschiedene Würckung auf Ohr und Seele. Der ungebildete Ausdruck, die wilde Ungleichheit des Sylbenmaßes (von dem ich freilich nicht mehr sagen kann, als daß es ungleich ist), das nachklingende Pleonastische, das zwar Macpherson manchmal übersetzt (sons of song, of [3] foamy streams), im Original hängts aber fast am jeder Zeile (nan speur, na h'oicha, nach beo, nan teud, nan nial) gibt dem Sylbenmaß einen eignen Fall, und dem Bild eine nachdrückliche Bestimmung; das alles zusammen rückt so weit von dem Englischen Balladenrhythmus, von ihrer Eleganz pp. 1 das Sie alles besser finden werden, als ichs sagen kann. Ueberhaupt ist es ein Ueberfluß, Euch Herren seine Meinungen zu sagen, wenn Ihr über eine Sache selbst nachgedacht habt, oder denken wollt. Soviel können Sie hieraus sehen, daß ich mich mit Ihnen, für Sie eine Zeit her beschäftigt habe, und daß ich keiner von den letzten bin, für die Sie schreiben. Wenn Sie noch mehr aus dem Schottischen übersetzt haben wollen, so schreiben Sie's. Wenn Sie keinen Ossian kriegen können, steht meiner zu Diensten, aber ich muß ihn wieder haben. Melden Sie's bald; denn ich kann unmöglich sehen, daß Sie noch lange sind, ohne soviel Freude zu haben, als ich; denn es geht doch nichts darüber. Die deutschen Balladen werden Sie haben. Eschenburg ist ein elender Kerl. Seine Uebersetzung (der Stellen Shakespeares versteht sich) verdient keine Nachsicht; sie ist abscheulich. Die Abhandlung selbst hab' ich nicht gelesen, werde auch schwerlich. [4] Schicken Sie nur Ihre auf den 14. October. Die erste Gesundheit nach dem Will of all Wills soll auch Ihnen getrunken werden. Ich habe schon dem Warwickshirer ein schön Publicum zusammengepredigt, und übersetze Stückchen aus dem Ossian, damit ich auch den aus vollem Herzen verkündigen kann.

Meine Schwester läßt Sie grüßen. Sie hat mir weitläufig erzählen müssen, was bei Ihrer Anwesenheit geredet wurde, und da verstand ich den Anfang Ihres Briefes erst ganz und lachte mit mir und dachte: Wie wird Herder geguckt haben, da er von Dominicus Baham Feti so reden hörte? Sie haben aber doch (ut soles) das Facit richtig herausgebracht. Subtrahendo zuvörderst und dann addendo den Rest zu meiner Straßburger Summe. Es ist auch verplaudert worden, daß ich fürtreffliche Werke geschrieben habe. Meine Schwester weiß selbst nicht, warum sie sie auf Ihr anhaltendes Gesuch nicht herausgeben wollte. Es würde Ihnen nicht unangenehm gewesen sein, die Geschichte meiner Seele zu lesen und den seltsamen Standort zu kennen, von dem ich damals die Welt sah. Es war Ihnen nicht gegönnt. Dem sei nun, wie ihm sei. Apostel oder Philister! ich bleib' für Sie, was ich war. Adieu.

Goethe.


Note:

[5] 1 Nach geendigtem Brief les' ich die Stelle in Ihrem, da Sie von Ossian reden, und fühle, daß ich nichts hätte sogen sollen, bis ich Ihre Abhandlung gelesen hätte. Es mag sein. Nur könnten Sie nach diesem glauben, ich habe Sie nicht verstanden.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1771. An Johann Gottfried Herder. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7069-9