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An Friedrich Schiller

Carlsbad d. 19. Jul. 1795.

Ihren lieben Brief vom 6ten habe ich erst den 17ten erhalten; wie dancke ich Ihnen daß Sie mir in den Strudel einer ganz fremden Welt eine freundliche Stimme erschallen lassen. Gegenwärtiges nimmt Frl. v. Beulwiz mit, ich hoffe es soll balde bey Ihnen anlangen.

Die Cur schlägt sehr gut an, ich halte mich aber auch wie ein ächter Curgast und bringe meine Tage in einem absoluten Nichtsthun zu, bin beständig unter den Menschen, da es denn nicht an Unterhaltung und an kleinen Abentheuern fehlt. Ich werde mancherley zu erzählen haben.

Dagegen ist aber auch weder das fünfte Buch des Romans abgeschrieben, noch irgend ein Epigramm gelungen, und wenn die andre Hälfte meines hiesigen Aufenthaltes der ersten gleich ist; so werde ich an guten Wercken arm zurückkehren.

Mir war sehr lieb zu hören daß das Osmanstedter Ich sich zusammengenommen hat, und daß auf Ihre Erklärung kein Bruch erfolgt ist, vielleicht lernt er nach und nach Widerspruch ertragen.

Auch mir ist durch Mad. Brun die sublime Abhandlung Fernows im Merkur angepriesen und also der Nahme des Autors entdeckt worden. Leider spuckt [279] also dieser Geist anmaßlicher Halbheit auch in Rom, und unsre Freundinn wird wahrscheinlicher Weise dort mit den drey Stylen näher bekannt werden. Welch eine sonderbare Mischung von Selbstbetrug und Klarheit diese Frau zu ihrer Existenz braucht ist kaum denckbar, und was sie und ihr Circkel sich für eine Terminologie gemacht haben um das zu beseitigen was ihnen nicht ansteht und das was sie besitzen als die Schlange Mosis aufzustellen, ist höchst merckwürdig.

Doch ausführlich von allem diesem und anderm wenn ich zurückkomme. Die Finger erstarren mir für Kälte, das Wetter ist entsetzlich und die Unbehaglichkeit allgemein.

Leben Sie desto wohler und wärmer und gedencken mein.

G.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1795. An Friedrich Schiller. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6F2A-D