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An Adele Schopenhauer

Mein liebes Adelchen! danke für's trauliche Briefchen, worauf ich alsobald vermelde: daß das bisher in Unentschlossenheit stockende Gemählde heute an die gegebene Adresse nach Frankfurt abgegangen ist. Nach gepflogenem Rath mit Verständigen der Kunst und Blendrahmen abgezweckt, rückwärts in sich selbst gerollt und in einem viereckten langen Kasten eingeschoben.

Nun muß ich aber bemerken: wenn es ankommt, ist das obere und untere Deckelchen aufzubrechen; da wird man finden daß Saum des Gemähldes mit Nägelchen an die Kiste befestigt sey, die Nägelchen muß man sorgfältig herausziehen, da denn das Bild ohne weiteres sich herausnehmen lassen. Es ist [266] wirklich recht schätzbar und wird vielleicht am Rheine nach Würden geachtet.

Und somit ich meiner lieben Freundin beweisen: daß ich sehr gern nach Ihrem Wunsch etwas ausrichte.

Was die Kupferstiche betrifft, so lassen Sie solche in ein tüchtiges Portefeuille oder zwischen starke Pappen einpacken und schicken mir solche unfrankirt, durch den Postwagen. Bey dem Anschauen derselben wird sich um so leichter aussprechen lassen, was man allenfalls dafür zahlte, da uns die neusten Auctions-Catalogen mit Preisen zu Handen sind; auch könnte man das allenfalls dagegen Anzubietende gleicherweise schätzen, den Kupfer und Zeichnungen lassen sich unbesehens nicht taxiren.

An unsrer kleinen Haushaltung ist nichts auszusetzen, als daß Ottilie immer leidend ist; wie sie sich ihre Füßchen stellt, ist sie gleich wieder bey der Hand. Die Kinder sind allerliebst. Alles Andere hat sich, mit einiger Vernunft, so hübsch gefügt, daß wir mit dem häuslichen Gange unsrer Tage recht wohl zufrieden seyn können. Vielleicht wären wir über manches geschwinder hinausgekommen, wenn Sie uns mit Ihrer Gegenwart begünstigt hätten.

Wo Sie auch seyn mögen, gelinge es Ihnen, wie Sie es verdienen. Freunde und Theilnehmende finden Sie gewiß überall, nur daß man mit neuen erfreulichen Bezügen auch neue Leiden übernimmt.

[267] Empfehlen Sie mich Ihrer Frau Mutter zum allerschönsten. Möge die Lebhaftigkeit Ihres Geistes Sie überall hinbegleiten. Dießmal denk ich Sie auf Ihrem Vorgebirg im Rhein und schließe mit den treusten Wünschen für Ihr Wohl und mit der Versicherung unverbrüchlicher Theilnahme.

unwandelbar

Weimar den 30. Juni 1831.

J. W. v. Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1831. An Adele Schopenhauer. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6E66-2