Das garstige Gesicht

Wenn einen würdigen Biedermann,
Pastorn oder Ratsherrn lobesan,
Die Wittib läßt in Kupfer stechen
Und drunter ein Verslein radebrechen,
Da heißt's: »Seht hier mit Kopf und Ohren
Den Herrn, Ehrwürdig, Wohlgeboren!
Seht seine Augen und seine Stirn;
Aber sein verständig Gehirn,
So manch Verdienst ums gemeine Wesen
Könnt ihr ihm nicht an der Nase lesen.«
So, liebe Lotte! heißt's auch hier:
Ich schicke da mein Bildnis dir.
Magst wohl die ernste Stirne sehen,
Der Augen Glut, der Locken Wehen;
's ist ungefähr das garst'ge Gesicht:
Aber meine Liebe siehst du nicht.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Werke. Gedichte. Gedichte (Ausgabe letzter Hand. 1827). Epigrammatisch. Das garstige Gesicht. Das garstige Gesicht. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-63BD-3