Personen.
- Röse
- Görge
- Märten
- Der Edelmann
- Schnaps
- Der Richter
- Bauern
Personen.
Sie sagen: als Mann und Frau hätte man sich nicht mehr so lieb wie vorher. Es ist nicht wahr, Röse. Wie lange haben wir uns schon? Wart!
Und wenn der Vater die Zeitungen liest und sich um die Welthändel bekümmert, da drücken wir einander die Hände.
Und wenn der Alte sich betrübt, daß es draußen so wild zugeht, dann rücken wir näher zusammen und freuen uns, daß es bei uns so friedlich und ruhig ist.
Und wenn der Vater gar nicht begreifen kann, wie er die französische Nation aus den Schulden retten will, da sag ich: »Görge, wir wollen uns nur hüten, daß wir keine Schulden machen.«
Und wenn er außer sich ist, daß man allen Leuten dort ihre Güter und ihr Vermögen nimmt, da überlegen wir zusammen, wie wir das Gütchen verbessern wollen, das wir von dem Lottogelde zu kaufen gedenken.
Es tut freilich nichts, wenn unser Junge ein bißchen älter ist als der Ihrige; da kann er desto besser auf den Junker achthaben.
Ist gleich warm. Geht nach dem Schranke, öffnet ihn mit einem Schlüssel des Bundes, das sie anhängen hat, nimmt Rahm heraus und setzt ihn in den Kamin.
Er will erst was arbeiten. Auf dem Krautlande hat er eine Laube gebaut, da machen wir ein Feuerchen an, wärmen die Suppe und verzehren sie mit einander.
Es ist gut, daß sie geht. Schnaps sagte mir gestern im Vorbeigehn: wenn die Kinder im Felde wären, wollte er mich besuchen und mir viel Neues erzählen. – Ein vertrackter Kerl, der Schnaps! Alles weiß er! – Wenn er nur mit Görgen besser stände! Aber der hat geschworen, wenn er ihn wieder im Hause trifft, will er ihn lederweich schlagen. Und Görge hält sein Wort. – Ein guter Bursch! Ein heftiger Bursch! – Ich höre was. An der Türe. Ha! Ha! Schnaps! – Da ist er ja.
[124]Genug, die Herren Jakobiner sind seit einem halben Jahre um mich herumgeschlichen, wie die Katze um den heißen Brei!
Zum General? – Herr Schnaps, Herr Schnaps! das klingt nun fast wieder nach dem ostindischen Generalgouverneur.
Da sagt er zu Rösen im Vorbeigehen: »Guten Abend, Röse! Wie Ihr doch allen Leuten in die Augen stecht! Der Offizier, der da durchritt, hat nach Euch gefragt.«
Da kommt er einmal und sagt: »Der Fremde, der auf dem Schlosse gewohnt hat, der hat Euch recht gelobt. Wollt Ihr ihn in der Stadt besuchen? Es wird ihm recht lieb sein. Er wohnt in der Langen Straße Numero 636.«
Und Röse gibt ihm immer was ab, wie er's verdient, und der böse Kerl trägt's ihr nach. Ich fürchte, er tut uns einen Possen.
Die bezahl ich gern. Und ich will's ihm gedenken, daß er mich jetzt von Rösen weggesprengt hat. Wenn er nur nicht gar draußen bei ihr ist! Geschwind, geschwind! ich muß fort. Eilig ab.
Ein Glück, daß er ihn nicht vermutet! Das hätte schöne Händel gesetzt! Am Fenster. Wie er läuft! Er ist schon am Berge. Nun kann mein General wieder aus dem Hinterhalte hervorkommen. Es ist doch kurios, daß jetzt die schlimmsten Leute immer in die Höhe kommen! Man liest's in allen Zeitungen. Der da oben taugt nun ganz und gar nichts, und kommt zu solchen Ehren! Wer weiß, was noch daraus wird! Es sind gefährliche Zeiten; man weiß gar nicht mehr, wen man um sich hat. Auf alle Fälle will ich ihm schmeicheln. Er nutzt mir wohl wieder. – Mein General!
Schon weit weg. Er war besorgt, Ihr möchtet indessen zu Rösen schleichen, und lief, als wenn es hinter ihm brennte.
Wenn jemand pocht, pack ich ein und schleiche mich zur Hintertür hinaus; und Ihr macht, was Ihr wollt.
Wenn ich ihm nur erst ein Frühstück abgewonnen hätte! Eine rechte Schande! ein reicher Mann und immer so knauserig! Er schleicht an den Schränken herum. Alles verschlossen, wie gewöhnlich, und Röse hat wieder die Schlüssel mit. – Hernach brauch ich noch ein paar Laubtaler patriotische Kontribution. Wieder am Schranke. Die Türen klappern, die Schlösser sind schlecht verwahrt. Der Magen knurrt, der Beutel noch ärger. Schnaps! Bürgergeneral! Frisch dran! Mach ein Probestück deines Handwerks!
Das findet sich alles. Seht Ihr nicht, daß ich schon einen Säbel habe? Er nimmt Märten an die eine Seite des Theaters.
Wir ziehen auf den Edelhof und stellen den Edelmann zur Rede. Da kommen wir nun hinein. Er agiert das Hereinkommen.
Es ist ganz natürlich. Schafft sie nur ab! Ihr werdet finden, der Undank ist die bequemste Sache von der Welt.
Warte – Kurz und gut: im Namen der Freiheit und Gleichheit macht Eure Keller auf und Eure Vorratskammern; wir wollen essen, und Ihr seid satt.
Was könnt Ihr sagen? Ihr seid ein Verwegner! Auf den Schrank losgehend. Ihr habt verschloßne Gewölbe!
Röse hat sie mitgenommen. Sie ist sehr häuslich, sehr sorgfältig; sie verschließt alles und trägt die Schlüssel bei sich.
Gott bewahre mich! Da steht der Schrank auf. Die Leisten sind weggebrochen, das Schloß verdorben. Was [138] wird Röse sagen? Packt Euch zum Henker! Wißt Ihr, daß ich das nicht leide! daß das Grobheiten sind! Ungezogenheiten! daß ich die Nachbarn rufen werde, daß ich zum Richter gehen werde!
So wißt, daß Ihr schuldig seid, Euch zu unterrichten, neue Gedanken, zu erfahren; daß Ihr gescheit werden müßt, daß Ihr frei werden müßt, daß Ihr gleich werden müßt, Ihr mögt wollen oder nicht.
Die Edelleute haben immer die besten Äcker in der Flur; drum werden sie billig unter dem Brote vorgestellt.
Laßt stehen! Rührt sie nicht an! Röse wiegt mir immer für die ganze Woche Zucker ab; damit muß ich reichen.
Er ist's fürwahr! Was heißt das? Der Vater schließt sich mit ihm ein! Wie er vermummt ist! Glücklich, daß ich die Hintertür offen fand!
Was sie nur zusammen reden! Ich verstehe nichts. [144] Sich umsehend. Was soll das heißen? Der Schrank offen! Saure Milch zurechtegemacht! Das soll wohl ein Frühstück werden?
Der verwünschte Kerl! Er hat sich in die Kammer eingesperrt; ich hab aber gleich das Vorlegeschloß vorgelegt, er soll uns nicht entwischen.
Die verliert man nicht gleich. Ihr dürft ja nur sagen: wie Euch der Kerl hätte anwerben wollen, hätte ihn Görge brav durchgeprügelt.
Das wäre vortrefflich! Warum ist dir's nicht gleich eingefallen? Nun ist Görge hinunter und verleugnet ihn; nun sind wir verdächtig. Es ist ein Unglück! Ein Unglück!
Da hatt ich im Milchschranke einen schönen Topf saure Milch – und schloß den Schrank zu und ging weg – Da kam Görge – Warte nur, Görge! – Da kam Görge, und hatte Appetit – und brach den Schrank auf.
Und rahmte mir den Topf ab – und machte sich ein Frühstück zurecht – hier steht es noch – da kam ich nach Hause – und war böse – und – gab ihm eine Ohrfeige – da hascht er mich – und kitzelte mich, und da schrie ich – [149] und da balgten wir uns, und da warfen wir die Stühle um – und da fiel einer dem Vater auf die Füße – Nicht wahr, Vater?
Ich glaube, Ihr wißt es selbst nicht, so glatt geht's Euch vom Maule. Glaubt Ihr, daß unsereiner nicht besser aufpaßte?
So werd ich's euch wohl erklären müssen. Das ist eine Freiheitsmütze. Das ist eine Nationalkokarde. Eine [150] schöne Entdeckung! Nun steht ihr da und verstummt, weil es zu deutlich ist. – In diesem Hause ist also der Klub der Verschwornen, die Zusammenkunft der Verräter, der Sitz der Rebellen? – Das ist ein Fund! das ist ein Glück! – Ihr habt euch gewiß untereinander veruneinigt, wie die Franzosen auch – und seid euch einander in die Haare gefallen – habt euch selbst verraten. So ist's schon recht! – Wir wollen weiter hören.
Schweigt! Ihr dürft mir gar nicht kommen! Habt ihr nicht etwa schon Anstalt zum Freiheitsbaum gemacht? Habt ihr nicht schon abgeredet, mich an den ersten besten Pfahl zu hängen? Man weiß, wie jetzt das unruhige Volk von seiner Obrigkeit spricht, wie es denkt! Es soll ihm übel bekommen. Es soll euch übel bekommen! Zu den Bauern. Fort mit ihnen! Und gleich zum Gerichtshalter! Es muß versiegelt werden, es muß inventiert werden. Es finden sich Waffen, Pulver, Kokarden! Das gibt eine Untersuchung. Fort! Fort!
Schweigt nur! Er wird euch nicht helfen; er wird froh sein, daß solche Bösewichter entdeckt sind. Und dann ist es eine Polizeisache, eine Kriminalsache; die gehört für mich, für den Gerichtshalter, für die Regierung, für den Fürsten! Es muß ein Exempel statuiert werden!
Verschwörung! Aufruhr! Hochverrat! Er behält die Mütze und Kokarde in der Hand und nimmt sie hernach mit hinaus.
Es war ihm nur um ein Frühstück zu tun. Da sehen Sie nur, gnädiger Herr, welche schöne saure Milch er sich zurechtgemacht hat, mit geriebenem Brot und Zucker und allem. Das liebe Gut! man muß es nun wegwerfen; es kann's kein ehrlicher Mensch genießen, da der Unflat die Schnauze drüber gehabt hat.
Erst tat er freundlich und vertraut, dann ward er brutal und brach mir den Schrank auf und nahm, was ihm gefiel.
Noch nicht so übel wie die Provinzen, wo seinesgleichen gehaust haben; wo gutmütige Toren ihnen auch anfangs zufielen, wo sie mit Schmeicheln und Versprechungen anfingen, mit Gewalt, Raub, Verbannung ehrlicher Leute und allen Arten böser Begegnung endigten. Dankt Gott, daß ihr so wohlfeil davonkommt!
Hier ist der Rädelsführer! Sehen Sie ihn nur an. Alles, wie die Zeitungen schreiben. Uniform! Säbel! Er setzt ihm Mütze und Hut auf. Mütze! Hut! So soll er am Pranger stehen! Geschwind zum Gerichtshalter! Verhört! In Ketten und Banden nach der Residenz geschleppt!
Boten fort! Der Kerl ist nicht allein! Man muß ihn torquieren! Man muß die Mitverschwornen entdecken! Man muß Regimenter marschieren lassen! Man muß Haussuchung tun!
[154]Sie können unmöglich wissen, gnädiger Herr, daß ich diese Kleider mit dem ganzen militärischen Apparat von einem armen Teufel geerbt habe.
Leider gelang es mir nur zur Hälfte; ich konnte die schöne Milch nicht ausessen, die ich eingebrockt hatte. Ich kriegte darüber eine kleine Differenz mit Görgen –
[155]Erkundigen Sie sich in der Stadt. Ich will angeben, wo ich den Mantelsack verkauft habe. Diese Garderobe trug ich im Barbierbeutel herüber.
Ich weiß, was ich zu tun habe. Findet sich alles wahr, so muß eine solche Kleinigkeit nicht gerügt werden; sie erregt nur Schrecken und Mißtrauen in einem ruhigen Lande. Wir haben nichts zu befürchten. Kinder, liebt euch, bestellt euren Acker wohl und haltet gut Haus.
Und Euch, Alter, soll es zum Lobe gereichen, wenn Ihr Euch auf die hiesige Landsart und auf die Witterung versteht und Euer Säen und Ernten darnach einrichtet. Fremde Länder laßt für sich sorgen, und den politischen Himmel betrachtet allenfalls einmal Sonn- und Festtags.
Bei sich fange jeder an, und er wird viel zu tun finden. Er benutze die friedliche Zeit, die uns gegönnt ist; er schaffe sich und den Seinigen einen rechtmäßigen Vorteil: so wird er dem Ganzen Vorteil bringen.
Nur gelassen! Unzeitige Gebote, unzeitige Strafen bringen erst das Übel hervor. In einem Lande, wo der Fürst sich vor niemand verschließt; wo alle Stände billig gegeneinander denken; wo niemand gehindert ist, in seiner Art tätig zu sein; wo nützliche Einsichten und Kenntnisse allgemein verbreitet sind: da werden keine Parteien entstehen. Was in der Welt geschieht, wird Aufmerksamkeit [156] erregen; aber aufrührische Gesinnungen ganzer Nationen werden keinen Einfluß haben. Wir werden in der Stille dankbar sein, daß wir einen heitern Himmel über uns sehen, indes unglückliche Gewitter unermeßliche Fluren verhageln.
Ich habe schon alles gesagt. Er zieht Schnapsen hervor. Und wieviel will das schon heißen, daß wir über diese Kokarde, diese Mütze, diesen Rock, die so viel Übel in der Welt gestiftet haben, einen Augenblick lachen konnten!
Das muß ich mir wohl gefallen lassen.Nach der Milch schielend. Wenn ich nur vor meinem Abzug die andere Hälfte der patriotischen Kontribution zu mir nehmen dürfte!