1797.
Januar
1. Früh die Gemälde des H. Otto besehen, welcher schöne Dietrich von allerlei Manier hat, auch sonst manche gute Sachen.
Zu Tische bey Chevalier la Motte, wo nur Männer waren. Unterhaltung mit Moritz Bethmann. Abends im Conzert. Alte Bekannte angetroffen. Sodann zur Gesellschaft und Nachtessen bey Frege.
2. Früh 1/2 9 von Leipzig ab mit dem Schlitten, sehr schlechte Bahn, kamen nach 7 Uhr nach Dessau; als wir in Delitsch fütterten, kam der Erbprinz.
3. Früh das neue Kupferstecher Institut im kleinen Schlosse, sodann zu Biegler der am rasenden Herkules nach Dominichin arbeitete. Einige Visiten. Bei Prinz Hans Georg zur Tafel. Visiten. Comödiedie Hagestolzen. Mad. Sehring ist leidlich im Fache der komischen Mütter aber ohne Energie; ihr Mann ein guter Schauspieler an das Chevalierfach grenzend. Eine gute Figur, kein unangenehmes Organ und ein leichtes Betragen. Mademoiselle Neefe ist eine sehr leidliche [51] Actrice. Zwar nicht gebildet aber von gutem Naturell, sie spielte die Rolle der Margrethe recht artig und man sah wohl, daß sie die Dem. Koch gesehen hatte. Soupe bei Hofe.
4. früh zu Herrn von Loen und zu den Hofdames, Graf Waldersee und Berisch. Die neue Brücke besehen. Mittags Tafel bey Hof. Abends Ball bey Prinz Hans Georg.
5. Früh mit Graf Waldersee ins Luisium das Bild der Angelika zu sehen. Mittags bey Hof, nach Tafel bey Fr. Gräfin Waldersee. Abends Comödie die Müllerin.
6. Früh um 9 Uhr von Dessau, Abends um 5 Uhr in Leipzig. Auf den Ball wo 216 Personen gegenwärtig waren und ich viele Bekanntschaften machte und erneuerte.
7. Früh auf der Sternwarte mit Doctor Fischer, sodann im Beygangischen Museum. Beym Prinzen von Darmstadt zu Tische. Abends bey Bethmanns zu Tische. Diskussion mit dem Abbe Sabbatier über die Nothwendigkeit die Vorurtheile zu unterhalten.
Schriften des Abbe Sabbatier:
8. Früh bey Baudirector Dauthe sein Gartenhaus zu sehen. Hernach bey Professor Hedwig, der mir[52] schöne Präparate und Zeichnungen wies; beym Prinzen von Darmstadt zu Tische. Diskussion mit Plattner über die verschiedenen Arten der Wohlthätigkeit. Abends im Conzert von Herrn Schlick, nachher noch eine Stunde beym Prinz von Darmstadt.
Das Schema zum Schluß des epischen Gedichtes ward in diesen Tagen fertig.
9. Früh bei Pensa die römischen Zeichnungen zu sehen, dann zu Buchhändler Fleischer den Globus zu bestellen. Ferner eine Vorlesung ins Geheim angehört; beym Prinzen von Darmstadt zu Tafel, einige Visiten, bey Crayen zum Thee. Abends zu Hause.
10. Früh gegen 9 Uhr von Leipzig. Abends um 11 Uhr in Weimar.
11. Den ganzen Tag zu Hause mit verschiednen Anordnungen beschäftigt.
12. gleichfalls.
13. Früh 1/2 8 Uhr nach Jena. Zu Schiller. Mittags mit Knebel und Jacobi im Schloß gegessen, nach Tische den Wasserbau besehen, dann zu Humboldts, wo ich den jüngern Bruder, Doctor Scherer und Fischer fand. Dann zu Loder; hernach zu Schiller, wo sich auch meine Gesellschaft und die Humboldtische befand. Nachts 1/2 12 Uhr kamen wir wieder nach Weimar.
14. Früh Hermann de Metris. Böttiger wegen des [53] epischen Gedichts. Probe eines Stücks der Mozartischen Messe. Die Gemmen wurden abgegossen. Abends gegen 4 zu Fräulein von Göchhausen.
16. Die anonyme Schrift über die Kriegskunst. An Cellini corrigirt.
17. Eine Abtheilung Cellini corrigirt. Brief an Meyer. Mittags bey Hofe, Abends Vaillants Reisen, mit Jacobi über sein Gedicht.
18. Correctur des Cellini, verschiedene Geschäfte auf dem Theater. Bey Knebel im Garten über deutsche Prosodie gesprochen. Mit Seren. auf dem Zimmer gespeist. Abends zu Geh. R. Voigt.
19. Mittag bey Hofe. über die Volterranischen Gewölbe.
20. Bey der reg. Herzog. Fortsetzung der Demonstration über die Metamorphose der Inseckten. Abends Redoute.
21. Mittag bey Hofe Abends cosi fan tutte.
22. Optic. Zu Hause. Nachmittag Jagemann. Abends Böttcher.
23. Optic. Mittag die Fürstlichen Kinder Abends die reg Herzoginn zum Thee.
24. Optic. Mittag Hof. war die Landgr. v. Homburg. Stille Wasser. Mad Blumenfeld.
25. Mittag bey Hofe.
26. Früh Dem. Jagemann. Optic. Mittag mit dem H. auf dem Zimmer Abends Thee und Ball bey mir.
[54] 27. Früh bey der Herzoginn, Demonstr. Mittags auf dem Zimmer gespeist. war H. von Zach gekommen. Abends Ball.
28. Früh. Contrackt mit Mlle Jagemann. Mit Böttcher abgeschlossen wegen dem Almanach. Mittag zu Hause. Ab. Heimliche Heyrath.
29. Früh Probe des Hausfriedens. Zu Hause.
30. Vorstellung des Hausfriedens.
Februar
1. Vorletzte Sendung Cellini an Schiller. Nachmittag Orchester Probe von Telemach.
2. Früh an Galizin Brief. Dann zur Gr. Egglofstein. Mittag bey Hofe. War Gräfinn Keller und Fr. v. Bechtolsh. daselbst. Abends spielte der Violinist Durand im Schauspiel.
3. Probe vom Aufzug Abends Redoute.
4. Cellini. Auf dem Zimmer mit d.h. und der Hzinn. Abends Cosi fan tutte. Kam der Herzog v. Meiningen.
5. Mittag Prof. Kestner bey mir zu Tische. Bey Geh. R. Voigt. Die Jagemann sang zum ersten male bey Hofe.
6. Cellini. Einiges an den optischen Tafeln. Metamorphose der Insecten. Kam Herr Moritz Bethmann auf der Durchreise zu mir.
Mittag bey Hofe, Abends zu Hause. Beschreibung des Kaukasus.
[55] 7. Cellini. Der Einfahrer von Ilmenau. Mittags bey Hofe, war der Herr Coadjutor gekommen. Abends einiges über die Metamorphose der Insecten dictirt, dann in die Comödie, wurden die Ränke nach dem Englischen vorgestellt.
8. Cellini, Geh. R. Voigt wegen der Bergwerkssachen, Mittag bey Hofe. Abends Probe des Telemachs.
10. Früh Cellini, Abends Probe von Telemach.
11. Vorstellung von Telemach.
12. Nach Jena mit H. Geh. R. Voigt.
13. Abends von Jena zurück.
14. Mittag bey Hofe Abends zu Hause. Verwandl. der Inseckten.
15. Metamorphose der Inseckten. Mittags 12 Personen zum Essen.
16. Mittags auf dem Zimmer Abends zu Hause.
17. Früh Probe von Oberon Mittags auf dem Zimmer Abends zu Hause.
18. Früh Probe von Oberon Abends die Vorstellung Mad. Jagemann erschien das erstemal.
19. Verschiednes in Ordnung. Mittag zu Hause, Abends bey Hof.
20. Früh 1/2 11 Uhr von Weimar nach Jena. Mittags bey Schiller.
21. Früh verschiedene Briefe und Geschäfte abgethan. Sehr schönes Wetter, spatzieren. Bey Schiller zu Mittage, besonders über die Farbenlehre, und [56] über die Verhältnisse der verschiedenen einfachen und gemischten Farben. Bey Humboldt. Stark. Verständige Erzählung verschiedener pathologischen Fälle. Bilefeld über die Jagemann. Abends Fräul. Imhof bey Schiller.
22. Früh die Abhandlung über die Baukunst, sodann die Tafeln zu den übereinstimmenden und widersprechenden Farben vorbereitet. Mittags zu Hause, an Farbentafeln fortgearbeitet, nachher in den botanischen Garten, wo ich alles der Jahrszeit gemäß in guter Ordnung fand. Zu Schiller, der mir den ausführlichen Plan der drey ersten Acte seines Wallensteins erzählte. Abends Briefe und Packete von Weimar, dann in den Clubb auf die Rose.
23. Früh Schloßbausachen, dann an den Farbentafeln; spatzieren. Mittag zu Schiller. Abends zu Hofrath Loder, wo Rath Sulzer von Ronneburg war.
24. Früh die Farbentafeln fortgesetzt, spatzieren auf den Landgrafen. Mittags zu Hause. Absendung nach Weimar.
25. Swammerdamm Historia generalis insectorum. Mittag zu Haus. Abends Schiller.
26. Früh Swammerdam und optische Tafeln. Mittags bey Schiller, wo Fr. v. Stein und Frau von Imhof waren, dann Niethammer und Hufeland. Philosophisches Journal erstes Stück dieses Jahres. [57] Viel über diese und andere Gegenstände. Früh war Wilhelm Schlegel bey mir gewesen.
27. Wegen des Catarrs zu Hause; optische Tafeln Biblia der Natur und anderes die Insecten betreffend.
28. Wegen des Catarrhs zu Hause, vorzüglich Swammerdamm und anderes auf die Insecten bezügliches.
März
1. Früh den vierten Gesang in Ordnung gebracht und zum Abschreiben gegeben. Sodann den Froschmäusler gelesen, ferner verschiedenes die Insecten betr. Nachmittags mit Göttling chemische Versuche über die Insecten. Abends die beyden v. Humboldt.
2. Aus der Mitte des sechsten Gesangs. An den vorhergehenden corrigirt. Verschiedne Briefe dictirt. Veits Dissertation gelesen.
3. Der Anfang des sechsten Gesangs; nach Tische Veit. Abend Bergrath von Humboldt Vortrag über das galvanische Fluidum.
4. Früh am sechsten Gesang. Dann v. Humboldt, gegen Mittag mit ihm spatzieren gefahren. Nachmittag Legations Rath v. Humboldt. Rath Schlegel. Bücher aus der Riesischen Auction angekommen.
5. Früh am sechsten Gesang, nachher Bergrath von Humboldt. Fortsetzung über den Galvanismus.[58] Mittag zu Schiller. Auch den Nachmittag daselbst. Abends zu Hause.
6. Früh Bergrath v. Humboldt. Fortsetzung des Galvanismus, vorher sein Bruder, Bemerkungen zu den zwei ersten Gesängen durchgegangen, dann mit jenem spatzieren gefahren. Verschiednes über Scherer, Lichtenberg, Delück und andere.
7. Abends kam der Herzog.
8. War der Herzog den Tag über in Jena. Bergr. v. Humboldt machte verschiedne Versuche. Zu Tafel waren außer den Humboldtischen Brüdern v. Milckau, Loder, Stark, Büttner. Abends gegen 6 Uhr ritt der Herzog fort. Abends zu Schiller über die Wirkung des Verstandes und der Natur bey der Handlung der Menschen, besonders derer, die sich für frey erklären.
9. Früh am Gedichte corrigirt, dann Anatomie der Frösche. Mittags zu Hause, dann spatzieren, darauf zu Schiller, über dramatische Arbeiten besonders über die Comödien. Bey Justiz Rath Hufeland zu Tische, wo Küstner von Leipzig und Hüttner waren.
10. Früh am Gedichte corrigirt und abgeschrieben, dann mit Götzen auf der Oberaue. Das Wetter war schön, aber der Wind sehr kalt und lebhaft; Mittag bey Schiller. Liebe um Liebe von Wieland. Abends den Froschmäusler.
11. Den ganzen Tag zu Hause, viel am Gedichte [59] arrangirt und corrigirt. Nach Tische Bergrath v. Humboldt, hauptsächlich wegen Scherers Angelegenheit, dann über die Bildung und das Streichen der Gebürge. Abends bey Schiller wo auch Humboldts hinkamen.
12. Früh zu Hause, am Gedichte corrigirt. Nach Tische spatzieren, der Wind ging sehr kalt. Zu Humboldts über Kosegarten, dann zu Schiller. Erzählung früherer Geschichten. Nach Tische Legations Rath Humboldt über Fichtens neue Darstellung der Wissenschaftslehre im philosophischen Journal.
13. Früh am Gedicht, dem Ende zugeruckt. Nachmittags Schlegels Griechen und Römer und Klopstocks Grammatische Gespräche. Abends zu Schiller, viel über epische Gegenstände und Vorsätze.
14. Früh Briefe nach Weimar. Mittags zu Hause. Abends zu Schiller, wo Legat. R. v. Humboldt war und Fichtens neue Darstellung der Wissenschaftslehre aus dem philosophischen Journal vorgelesen wurde.
15. Früh das Gedicht geendigt, spatzieren an die hohe Saale, das Wetter war sehr schön. Mittag zu Schiller, nachher an Klopstock und Schlegel weiter gelesen. Abends in den Clubb.
16. Früh am ersten Gesang corrigirt, dann mit Scherer viel über Chemie so wie über die Farbenerscheinungen. [60] Nach Tische Bergrath v. Humboldt, mit ihm über ähnliche Materien; dann zu Schiller, wo der Legations R. die neue Darstellung der Wissenschaftslehre weiter vorlas. Abends viel mit Schiller über die Tendenz zur Speculation. Auch über die Erfordernisse eines Gedichts Kunst, Natur und Geist.
Fourcroy philosophie chimique pag 16. en general les corps les plus colorès sont les meilleurs conducteurs. la cause de ce Phenomene est inconnue.
17. Früh nach Kötschau, daselbst zu Mittag gegessen, Abends um 5 Uhr wieder zurück. Zu Schiller, über die Rubriken der einzelnen Gesänge.
18. Früh in Schillers neuem Garten um die Einrichtungen zu überlegen; vorher den ersten und zweyten Gesang noch einmal durchgegangen. Körners Brief, verunglückter Vortrag, sowie auch Vorschlag der Einrichtung. Scherz über die Demüthigung und Anrufung des heil. Philippus Neri. Abends bey Loder mit D. Schleußner.
19. Früh am Gedicht corrigirt, dann Bergr. v Humboldt, weitere optische Deduction. Dazu Schlegel. Mittags bey Schiller. Nach Tische Leg. R. v. Humboldt und Prof. Niethammer; die Fichtische Theorie ward durchgesprochen. Abends im Clubb.
20. Am Gedicht corrigirt, besonders am 6ten Gesange. Sodann D. Scherer der die Phosphoren brachte.[61] Über Lichtenbergs Verhältniß zu de Luc und mehrere Göttingische Angelegenheiten. Weiter an dem Gedichte. Nach Tische Schlegels Griechen und Römer.
21. Früh den Schluß des letzten Gesangs. Anfang zur Abschrift der drey letzten Gesänge. Diese Nachmittags bey Schiller vorgelesen. Abends bey Loder zu Tische.
22. Früh corrigirt. Luise durchgesehen. Packet von Böttiger, dann spatzieren.
23. Früh den Äschylus. Sodann spatzieren. Neue Idee zu einem epischen Gedichte. Nachmittag zu Schiller, darüber gesprochen.
24. Früh Briefe nach Weimar. spatzieren, dann Fiorillos Geschichte der Kunst. Scherers Nachträge zu den Grundzügen.
25. Früh an den Farbentafeln. Zu Hause gegessen, dann bey Humboldts die letzte Hälfte des Gedichts gelesen. Dann zu Schiller über das Gedicht.
26. Früh verschiedene Briefe. Bote nach Weimar mit Geld.
27. Früh Chemisches, dann mit v. Humboldt und Scherer die optischen Versuche, die Übersetzung des Agamemnons durchgegangen in Schillers Garten. Dann zu ihm ins Haus, wo er viel über das Gedicht sprach. Abends bey Loder zu Tische, wo Humboldts waren und die Gespenstergeschichten durchgearbeitet wurden.
[62] 28. Nach Tische Vorlesung des Jul. Cäsar von Schlegel bey Humboldts. Abends bey Justiz-Rath Hufeland zu Tische.
29. Früh spaziren, dann zu Hofrath Schütz, mit ihm über den Äschylus, Voßens Übersetzung der Eclogen, Eichstädt, Bibliothekanstalten. Mittags zu Schiller, wo Frau von Lengefeld und von Beulwitz waren.
30. Früh eingepackt und verschiednes in Ordnung. Nach Tische bey Humbolds Abends bey Schiller gelesen. Nachts die Gesellschaft des Herrn v. Schockwitz.
31. zurück nach Weimar.
April
1. Früh mit dem H. spazieren dann auf dem Zimmer gespeist. Abends in die Kommödie. Die Entführung aus dem Serail.
2. Kam Leg. R. v Humbold. Aß mit mir und Geh. R. Voigt. Minrl. Handel. Blieb Geh. R. Voigt den Nachmittag.
3. Früh im Schlosse den Bau durchgegangen. Zu Knebel. Zu Hause gessen. Reg. Vulpius über [...]
[63] 4. Früh. Junge Steinert wegen der Zeichenschule. Rath Krause eben deßhalb. Reg. R. Fritsch. v. Wolzogen. Busch Wasserbau.
5. Mittags auf dem Zimmer gespeist. Abends v. Humbold
6. Zu Hause mit Humbold und Knebel.
7. Mit Humbold bey Hofe.
8. Früh am Gedichte. Mittag, nebst v. Humbold, Wieland, Knebel, Bötticher. – Knebel blieb lange. Vorlesung des fünften und sechsten Gesanges.
9. Früh v. Humbold weg. Blieb zu Hause. Hebraische Alterthümer.
10. Hebraische Alterthümer. Auf dem Zimmer gespeist.
11. Früh an Cellini corrigirt, weiteres Studium der Biblischen Alterthümer, mit dem Herzog spatzieren. Mittags auf dem Zimmer gespeist, im alten Schloß. Abends zu Hause.
12. Früh die vorletzte Sendung Cellini an Schiller abgeschickt, die Decoration zu dem Oratorio besorgt.
Nachm. 3 Uhr Probe des Oratorium.
erste Spargel
13. Hebr. Alterthümer. Bötticher wegen des Gedichts. Nachm. 3. Probe des Oratorium. In den Garten. Die Kinder suchten Eyer. Regen. Abends Eichhorns Einleitung ins Alte Testament.
[64] 14. Beschäftigung mit dem Oratorio. Abends Aufführung, kam der Prinz von Darmstadt und Graf Frieß an.
15. Woltmanns ältere Menschengeschichte. Mittags bey Hofe. Abends Böttiger, v. Knebel und der Schotte. Vorlesung der 5 letzten Gesänge.
16. Woltmanns Menschengeschichte. Lerse war des Morgens bey mir. Mittags bey Hofe, nach Tafel spatzieren mit dem Herzog, Baumbach und Lerse. Abends zu Hause.
17. Zu Hause.
18. Mittags bey Hof.
19. Zu Hause. Prolegomena von Wolf. Abends kam Bergrath v. Humboldt.
20. Früh Prolegom. von Wolf. Mit v. Humboldt die Krausischen und Tischbeinischen Landschaften, dann die Mineraliensammlung. Mittags bey Hofe. Abends großer Thee bey mir.
21. Mittags bey Hofe mit Humbold Abends Ball.
22. Mittags bey Hofe
23. Mittags mit Humbold zu Hause Abends kam Dr. Scherer.
24. Früh mit Humb. und Scherer in Belvedere, nachher mit dem Herzog, Humbold und Scherer an spaziren. Des letzten Sache ward berichtigt. Mittags bey Hofe. Nach Tafel Versuche Abends bey der Herz. Mutter.
Friedens Nachricht.
[65] 25. Früh. spaziren. Mittags mit Humbold und Scherer gegessen. die nach Tische fortfuhren. Abends mit Seren. spaziren dann zu Hause.
26. Briefe abgethan. Zu Hause gegessen. Knochen Samml. in Ordnung.
27. Knochen, Bücher, in Ordnung Aristoteles Poetik. Choephoren des Äschylus
28. Aristoteles Poetic. Mittag auf dem Zimmer gespeist. Nachm. Geh. R. Voigt. Abends zu Hause. Homers Odyssee.
29. Früh nach Jena. Mit Humbold die Angelegenheiten. Im Batschischen Cabinet. Abends bey Schiller.
Betrachtung daß bey gewissen Muscheln eine Art Fischschuppe den Anfang der Schale macht. Sodann microscopische Conchylien, besonders die wunderbare Ausartung der Ammonshornartigen Conchylien. Polarität ohne Attraction. Der Humboldtische Serpentinstein bewegt die Magnetnadel sehr stark, zieht aber nicht den geringsten Eisenfeil auf.
30. Früh mit Humboldt auf dem Cabinet. Mittags bey Schiller, gegen Abend zurück nach Weimar.
Mai
1. Verschiednes in Ordnung. Mittags bey Hofe. Abends daselbst zum Thee. [66] Früh an der Mosaischen Abhandlung dictirt. Mittags bey Hofe, Abends die Schererische und Bergwerksangelegenheiten.
3. Früh die Schererische Angelegenheit geendigt. Mittag bey Hofe. Abend Schauspiel.
4. Früh Lerse und v. Baumbach Mittag bey Hofe. Abends Ball bey der H. Mutter.
5. Frühstück bey mir. Prinz v. Darmstadt. Gr. Friese. Gräfinn Eglofstein pp Mittag bey Hofe. Abends Thee und Souper bey der Herzogin Mutter.
6. Ging der Herzog weg mit der übrigen Gesellschaft Mittags zu Hause Abends die Wilden.
7. Zu Hause.
8. Früh im Schlosse die Bauten besehen. dann mit Geh. R. Voigt in seinem neuen Hause. Dann Geschäfte und Unterhaltungen. Mittag zu Hause.
9. Früh Dejenè bey Frl. Waldner wo Geh. Rath. Thümmel war. Hernach zu Hause. Maikäfer Anatomie.
10. Bey der reg. Herzoginn das epische Gedicht gelesen. Mittags zu Hause. Abends in den Garten.
11. Früh Schnecken anatomie Zu Hause.
12. Regenwürmer anatomirt. Nachmittags Probe vom Petermännchen.
13. Briefe. Correctur am Gedicht. Abends Vorstellung des Petermännchens.
14. Früh. Böttiger. Schloß Bau. Geld von Vieweg Mittags bey Hofe.
19. Früh Verschiednes in Ordnung. Nachmittag nach Jena. Abends bey Schiller im Garten.
20. Die Flehenden des Äschylus. Plinius Naturgeschichte. Im Cabinet. Abends bey Schiller, Fortsetzung des Gesprächs über des Aristoteles Dichtkunst und die Tragödie überhaupt.
21. Wolfs Briefe an Heynen. Nähere Betrachtung derFlehenden und Überlegung eines zweyten Stückes.
[68] Bergrath Scherer, Professor Fichte, Nachmittags in der Bibliothek. gegen Abend Prof. Woltmann, sodann zu Schiller. Vorlesung seines Prologs. Abends viel über Ariost, Milton und s. w.
Notanda
Petrarchs Testament.
Artige Idee, daß ein Kind einem Schatzgräber eine leuchtende Schale bringt.
Merkwürdige griechische Sprichwörter. Andreae Schotti Adagia graeca Antverpiae 1612.
22. Früh das Blumenmädchen. Abends bey Schiller, wohin Herr von Gleichen kam. Verschiednes über die Theilung des Wallensteins. Vorlesung des Blumenmädchens.
23. Das Blumenmädchen weiter corrigirt und nochmals abschreiben lassen. Die Elegien des Cornelius Gallus gelesen, auch einiges von Properz und Tibull.
Dann kam Hr. B. R. v. Humboldt; ich las im 7ten Buche v. Plin. Natur-Gesch. Nachmittags Briefe, der Bauverwalter war in verschiedenen Angelegenheiten gekommen.
24. Zwey kleine gereimte Gedichte. Nachmittags die Idylle mit Fräul. v. Imhof gelesen. Abend bey Hofrath Hufeland zum Ball. 25. Plinius Natur-Geschichte, dann spatzieren und bey Schiller. Nachmittags Heerens Ideen über [69] den Handel der alten Welt. Abends auf die Triesnitz. Zurückgefahren mit Doctor Schleusner, Reinhard, Gries.
26. Früh Friedrich Schlegel; gegen Abend Bergrath v. Humboldt, mit ihm die Weberey der Alten durchgesprochen. Dann zu Schiller.
27. Früh Cellini und Moses, dann zu den Arbeitern bey der Rasenmühle, artiges Eisvogelnest. Doctor Schleusner der mir seinen Auftritt mit Starken erzählte. Heerens Ideen, nach Tische Bruce, in der Bibliothek und anderes. Abends bey Schiller. Berechnung mit Cotta, einen Theil des Prologs zum Wallenstein. Son gli spropositi philosophia per tutti.
28. Cellini. Briefe nach Weimar, Gozzi, an Mignon, Bach, der mir von Voß die Karten brachte. Gegen Abend in die Triesnitz, dann auf die Rose.
29. Am letzten Gesange. Ward derselbe abgeschrieben. Gozzi, König der Genien und wahrer Freund. Fuldas Abhandlung über die Reise der Kinder Israel. Abends bey Schiller, Woltmann nahm Abschied. Abends bey Loder, wo Humboldt noch war, und es über die Reichardt und Schlegelischen Verhältnisse sehr lustig herging.
[70] 30. Dienstag früh reisten Humboldts ab. Cellini, Abends bey Schiller, war die Sache mit Schlegel in Bewegung.
Schneiders von Frankfurth an der Oder. Beyträge zur Zoologie und der Geschichte des Handels.Programme desselben: de re metallica veterum. de amphibiis.
Millin Conservateur du Musee des antiques a la Bibliotheque nationale. Desselben Introduction a la connoissance des monuments antiques des medailles des pierres gravees Sonderbarer Fall da am Döderleinischen Portrait der schwarze Samtrock beym Waschen blau wurde. Aus der Lehre des trüben Mittels zu erklären. Der Firnis nämlich, womit das Bild nicht überzogen sondern gemahlt war, ward durch das Wasser trübe und nun erschien das allertiefste Schwarz, denn der Samt war sehr gut gemahlt, ein zwar schmutziges aber doch vollkommenes Blau, der Rock sah aus wie ein abgetragner Plüschrock.
31. Abends bey Justizrath Hufeland.
Juni
1. Kamen früh die Meinigen, wir fuhren Abends nach Dornburg.
2. Früh nach Jena zurück; nach Tische fuhren sie wieder ab. War Rath Schlegel bey mir wegen [71] der Angelegenheit, ingleichen ein Hofrath Schemberg aus der Pfalz mit einem Zögling. Man sagt, es sey ein Sohn des Herzogs von Zweybrücken.
3. Früh Briefe nach Weimar, nach Tische Güßefeld der die Charte brachte. Dr. Scherer nahm Abschied. Um 6 Uhr spazieren mit Hr. Rath Schlegel. Abends bey Schiller über die neuen Romanzen.
4. Anfang des Vampyrischen Gedichtes. Mittag bey Hofrath Schütz, wo Rath Lenz von Gotha, Schmidts von hier und Schlegels, auch andere waren. Abends zu Schiller, über den neuen Almanach, besonders die Romanze.
5. Das Ende des Vampyrischen Gedichts. Nach Tische Oberons goldene Hochzeit. Abends bey Schiller.
6. Morgens verschiedne Briefe. Ram und die Bajadere. Das Vampyrische Gedicht abgeschrieben und Schillern Abends gegeben. Über die beyden Sujets, über Don Juan. Von Merck, seinem Character, Bildung und Einfluß.
7. Humboldtische Erinnerung zum Gedicht. Schluß des epischen Gedichtes. Briefe an Humboldt und Vieweg. Ram und die Bajadere. Abends Vorlesung bey Schiller.
8. Früh Sendung an Vieweg geschlossen. Spazieren mit Rath Schlegel. Dessen Abhandlung über Romeo. Nachmittags Depesche von Weimar. Etwas an Perrüsche. Ideen zu einem Reiseschema. Abends zu Schiller, mit ihm darüber conferirt.
[72] 9. Expedition nach Weimar. siehe das Briefbuch. Früh Hr. Geh. R. v. Wiesenhüten. Indische Romanze Schluß.
10. Den Schlegelischen Aufsatz über Romeo durchgesehen, mit Friedr. Schlegel spazieren, Thibaut vorher. Zu Schiller einen Augenblick. Abends Lord Bristol. Die nationelle, individuelle Einseitigkeit und Pedanterie macht mit den ausgebreiteten Kenntnissen, Weltbekanntschaft und vornehmen Liberalität einen besondern Contrast. Mit ihm waren Mr. de Savigni und Mr. Lowell, sein Caplan. Auch kam der Actuarius Blumenröder von Ilmenau sich zum Steuereinnehmerdienst zu empfehlen.
11. Früh Character des Lord Bristol und einiger andern. Vorsatz auf der Reise sich das unbedeutende und unangenehme des Umgangs durch solche Schilderungen einigermaßen zu ersetzen. Kam Vent und Steffani, mit diesem wurde das eingeleitete Negoz, mit jenem die räthliche Anlage des Eisrechens durchgesprochen. Zu Schiller, verschiednes über Charactere, seine Taucherromanze, über Comödie. Abends zu Hofr. Loder, wo Justizr. Hufeland und Bertuch waren.
Billardkugel in dem Magen eines Hundes in Zeit von 24 Stunden bis auf 1/3 verdaut.
12. Früh, Correctur des letzten Stückes Cellini. Brief an den Herzog. Aufsatz wegen des neuen Eisrechens. [73] Hofrath Loder. Nachmittag H. K. R. Kirms, mit Dem. Ludecus und Jagemann, Theatersachen abgeredet. Abends bey Schiller. Verschiednes über die Reise.
13. Expedition nach Weimar. Werke des Grafen Tressan 9ter Band. Rath Schlegel. Le petit Jehan de Saintré edition de Morel en 1724.
14. Abends in Clubb. Früh ein Stück an der Übersetzung des Amlet nach dem Saxo Grammaticus.
15. Fortgesetzte Arbeit an Amlet nach dem Saxo Grammaticus, über die verschiednen Epochen des Baues der Peterskirche nach Bonanni. Abends zu Schiller, über naive und sentimentale Dichtung, Verwandtschaft und Trennung. Anwendung auf unsere Individuen. Aussicht auf die nächsten Arbeiten. Abends ein Expresser von Weimar. Entschluß abzureisen.
16. Früh alles in Ordnung und eingepackt. Mittags bey Schiller. Abends nach Weimar.
17. Mittags bey Hofe.
18. Zu Hause. Mit dem Bonanni beschäftigt.
19. H. HofR. Kirms und Böttiger. Nachmittags von Knebel, fuhr Abends mit demselben zu Wieland nach Osmannstädt.
20. Im Schlosse. Geh. R. Voigt wegen des Guts. Nachmittags zu der Herzogin Mutter. Abends Hr. v. Knebel. Vorlesung.
23. Ausführlicheres Schema zum Faust.
[74] 24. Zueignung an Faust. Mit Geh. Rath Schmidt im Schlosse. Nachmittag weiter an Faust. Sonnenfinsterniß.
25. Mittag bey Hofe.
26. An Faust.
27. An Faust.
28. Früh. Hofrath Hirt.
29. Abend Hirt nebst G. R. Voigt, Böttcher, Bertuch Osann zu Tische.
30. Unterredung mit Hirt über seine Architecktonische Arbeiten. Mit ihm im römischen Hause.
Juli
1. Früh mit Hirt im Schlosse. Nachmittag in Osmanstädt.
2. Zu Hause. Briefe verbrannt. Über Laokoon.
3. Über Laokoon.
4. Über Laokoon. Mittag bey Hofe.
5. Kam Hirt zurück von Jena. Laokoon.
6. Früh Hirt. Über Kunsttheorie. Abends Gesellschaft.
7. Kam Meyers Brief von Stäfa Auf dem Amt. Nach Tische beym Kanzler. Böttcher und Jenisch. Abends Böttcher allein.
9. Briefe verbrannt. Schöne grüne Farbe der Flamme wenn das Papier nahe am Drathgitter brennt.
11. Kam Abends Hofr. Schiller.
12. Schiller, Hirt, Bötticher zu Mittage Abends mehr Gesellschaft.
18. Ging Schiller weg.
25. Aussicht auf eine Farbenlehre für alle Gewerbe, die ihre Arbeiten mit Farben zieren oder karackterisiren wollen. zur Grundlage einer Färbungs Lehre für den Maler. von Hofmahler Klotz.
Berlinisches Archiv d. Zeit und ihres Geschmacks 1797. Juni.
29. Alles in Ordnung Mit dem Herzog und der Herzogin im neuen Hause gespeist. Bey Gores die Indostanischen Landschaften. Entschuldigung einer Person beym Abschied nicht Weinen zu können. Langsam oder schneller Gehen der Person in eine Stadt characteristisch.
30. Nachmittag um 3 Uhr von Weimar. Kessel, worinn Erfurth liegt. Betrachtung desselben in der Urzeit, da noch Ebbe und Fluth hinreichten. Die Unstrut wirkte durch die Gera herauf. Keine Strömungen. Winkel im Mittelgebirg. Boden, Clima, Cultur, früher Gartenbau, Übergang vom Gartenbau auf den Feldbau.
31. Gegenstände zu Aufsätzen.
[76] Rath an die jungen Dichter wegen der Objectivität. Über die Caracteristik der Städte.
Schweizer Klee Sorte für Koppenfels Packet von Fr. v. Wedel an H. v. Wiesenhüten. Böckmann nach Carlsruhe zu schreiben
Montag den 31ten Früh 1/4 5. von Erfurth ab, sanfte Thäler gegen das Hauptgebirg, alte Strömungen, große Kieslager. Moment der Reise des Korns und der spätern Feldfrüchte stufenweise. Mittag 11 Uhr in Mechterstädt. Bergrücken vom Insels- nach dem Herschelsberge, rückwärts fällt alles nach der Unstrut, vorwärts nach der Werra zu. Bey Mechterstädt vieler Flachs. Character der Schönau. Bey Eisenach waren die Feldfrüchte reifer, ein außerordentlicher Fall. Stieg der Chaussee hinter der Wartburg. Todtesliegendes, Buchenwälder. Bey der Wegscheide nach Berka oder Marksuhl Kalkstein. Bey Fürth Gerste und Haber in sehr schmalen Feldern, Zerstücklung der Grundstücke. Character von Marksuhl. Gasthöfe nur auf Fuhrleute eingerichtet. Wir kamen 6 1/2 nach Marksuhl.
August (3. Reise in die Schweiz)
1. Früh 4 Uhr von Marksuhl ab. Sandstein in größern und kleinern Platten, den wir gestern schon gesehen. Verwitterung desselben. Feld, Höhen und schöne Gründe. Kieselbach schöne [77] Lage. Werra Thal bis Vach. Große Fruchtbarkeit. Alter und schlechte Beschaffenheit von Vach selbst. Hessische Wege, Fuldische Wege. Mittag in Buttlar. Abends 8 Uhr in Fulda. Lage von Hühnefeld. Wasser das nach der Fulda zufällt. Schöne Lage von Fulda, in dem Thale, in welchem die Fulde hinfließt.
2. Früh 5 1/2 von Fulda ab. Mittags 10 1/2 in Schlüchtern. In Fulda ein wohlausgedachter Brunnen mit einem Wasserbehälter des Ablaufs. Hinter Neuhof wirds auf der Höhe rauher, diese scheidet zwey bedeutende Regionen; wie die Fulda mit ihren Wassern nach Norden geht, so fällt nun die Kinzing nach S.W. dem Main zu. Gegen Schlüchtern fällt das Terrain, und der Boden wird fruchtbarer. Egalität des Kinzingthales in Absicht auf den schönen Wiesengrund, Fruchtbau u.s.w. Bey Gellnhausen Weinberge, Nußbäume. Dieses Jahr giebt es sehr wenig Wein. Schöner Grund. Das Kinzingthal der älteste Weg vom Main nach Thüringen. Alter der kleinern Städte, die auf diesem Wege liegen. Gelegentlich ihre Geschichte aufzusuchen.
3. Früh 1 1/4 mit Extrapost von Gellnhausen. In Hanau Pferde gewechselt, morgens 8 Uhr in Frankfurth. Abends um 8 Uhr kamen die Meinigen nach. Früh Herr von Schwarzkopf. Nachmittag [78] bey Sömmering, über Auge. dessen schöne Arbeiten über dieses Organ.
4. Früh um die Thore gefahren, dann durch die Stadt, die neue Straße am Fahrthor gesehen, über die Brücke, Sachsenhausen, zurück, der Römer, die neue Kirche, durch die Querstraße nach der Zeile zu. Mittags mit meiner Mutter und den Meinigen in dem Schwanen gegessen. Nachmittags bey Sömmering, seine Arbeiten über das Ohr.
5. Früh um die Thore gefahren, in den Weinberg, in die Stadt zurück, auf den Pfarrthurm gestiegen, in den Wendelischen Laden. Mittags wieder im Schwanen gegessen. Nach Tische einige Briefe. Abends in die Comödie. Der Deserteur.
6. Verschiedne Anordnungen. Kamen die meinigen die Parade zu sehen. Mittags im Schwanen. Abends Schauspiel die Tempelherren.
7. Französche Kirche, deutsch reformirte besehen. Dann das Rathhaus das Schweizerische Haus. Kam Wilms. Mittag im Schwanen. Fuhren die meinigen um 3 Uhr fort. Abends bey Stocks im Garten.
8. Früh verschiedne Briefe. Mittag zu Haus. Nach Tische Neuhaus von Weimar und Schmidt von Friedberg. Verschiedne Aufsätze. Abends die Müllerinn.
9. Früh verschiedne Briefe und Aufsätze. Mittag zu Hause. Abends zu Schwarzkopfs auf das Bethmannische Gut, dahin kamen noch Frau von Vrintz, Hr. v. Floret in ChurCöllnischen Diensten, und einige andere, worunter ...... ein junger Engländer, der von unsern Macdonalds, die er in Leipzig kennen gelernt, viel Gutes sprach.
Topographische, politische Beschreibung der Reichs- Wahl- und Handelsstadt Frankfurth a. M. von D. Faber 2 Bände 1788. Versuch einer Einleitung in die Staatsverfassung der Reichsstadt Frankfurth. Erster Theil von Anton Moritz. Frankfurth 1785.
10. Früh die Briefe geschlossen. Mittag zu Hause bis gegen Abend, dann in das Schauspiel. Die 4 Vormünder.
11. Früh Fabers Beschreib. von Frankfurth, Visiten bey den Verwandten. Graf Beust. Mittag zu Hause, kam Sömmering, gegen Abend nach Oberrad zu Senat. Kellner, dann nach Offenbach zu la Roche, wo ich zwey Ratschers aus Graubünden antraf und Dem. Kühn aus Eisenach als Frau des einen.
[80] Sah ich bey Nothnagel die Radirungen von Boisieu, des Lyoners Imgl. eine gute kleine Copie der Aurora und Cephalus des Carrache.
12. Früh bey Sömmering, verschiedene Präparate durchs Mikroscop gesehen, dann zu Herrn Schmidt. Mittag zu Hause, nach Tische Herr Demmer und Graf Beust. Abends das Mädchen von Marienburg.
13. Früh mit Sömmering in der Allee, über die Abhandlung vom Barte, die er vorhat. Über die Sinne, ihre Übereinstimmung und Verschiedenheit. Bey Moritz Bethmann. Bey Senator Hetzler über manches der hiesigen Staats Verhältnisse, über die Contribution, über das Verhältniß der Syndicorum und ihren Einfluß. Mittags zu Hause. Nach Tische Melber, seine Geschichte vor dem Inquisitionsgerichte in Parma. Abends Palmira, sehr schöne Vorstellung, besonders in Absicht auf Decoration. Syndicus Schmidt in der Loge, verschiedenes über die hiesigen Staats Verhältnisse.
14. Früh mit Sömmering in der Allee, über sein Verhältniß, da man ihm das anatomische Theater genommen und seine Vorsätze deßhalb. Syndicus Hut. Mit Sömmering noch ferner über gewisse alte und neue politische Verhältnisse. Hernach bey Frau Schmirmer und Jaquet. Bey Riesen und Doctor Hufnagel. Mittags zu Hause. Moritz [81] Bethmann, Willms, manches über das hiesige Theater und seine gegenwärtige Einrichtung. Küstners Reise. Senior Hufnagel. Über sein hiesiges Verhältniß, über Spaldings neuste Schriften; über die hiesigen Schulen, über Wilhelm Meister und dessen Wirkung. Zu Moritz Bethmann in den Garten. Zwey junge Reck, aus Venedig. Über die Begebenheiten daselbst. Hr. Previllier erzählte viel und gut von dem Aufenthalte der Franzosen und ihrem Betragen in Frankfurth, ihrem Character, den leidlichen und unleidlichen Seiten, von mancherley unverschämten Concussionen, bey Tische ward viel über die französischen Staatspapiere gesprochen und lustige Geschichten von Speculationen erzählt.
15. Expedition verschiedener Briefe nach Weimar. Nach Tische Dr. Textor und seine Frau. Abends kurzer Spatziergang durch die Gärtnerey, vor dem Eschenheimer Thor. Früh gleichfalls, Major Schuler und Frau; verschiedne Geschichten und Vorfälle vom Bombardement.
16. Früh abermals Briefe nach Weimar vorbereitet. Nach Tische Brief an Schiller über Sentimentalität gewisser Beobachtungen. Abends das Städelsche Cabinet besehen.
17. Briefe völlig berichtigt, sodann durch die Stadt gegangen, um nach verschiedenem zu sehen. Hr. Schmidt. Nachmittags mit demselben zu [82] Fuentes, vorher Lieut. Buchholz von den Mainzern, wie auch Hr. Bernus. Abends Comödie. Richard Löwenherz.
18. Früh Aufsätze über die öffentlichen und Privatgebäude der Stadt, wie auch über das natürliche in Kunstwerken. Mittag zu Hause, Hr. v. Fleischbein d. ältere. Gegen Abend zu Hrn. Städel, den übrigen Theil seiner Gemählde zu sehen.
19. Schluß des Dialogs über das Natürliche in Kunstwerken. Abends bey Hrn. Städel. Nachts war das große Gewitter, das vom Abend bis an den Morgen dauerte. NB. Das Phänomen des dunkeln Streifens zwischen den zwey Regenbogen näher zu beschreiben und zu untersuchen.
20. Früh nach Bockenheim, die Basaltgruben zu besehen. Hr. Riese und Nikolaus Schmidt besuchten mich. Nach Tische machte ich Visiten bey Horn, Malz, von Wiesenhüten und Abends bey Stocks im Garten. Früh verschiedenes durchdacht, besonders die Wirkungen verschiedner Culturen, nützlich und schädlich auf Menschen.
21. Früh verschiedenes zu den Acten. Nach Tische Hufnagel und von Wiesenhüten. Abends Spatziergang auf die Höhen vor dem Eschenheimer Thor.
22. Früh verschiedne Briefe und Aufsätze, gegen Mittag Hölderlein, nach Tische zu Fleischbein und dem Decorationsmahler.
[83] Mittwoch den 23. Aug.
Briefe und ein Kästchen nach Weimar expedirt, ingleichen die Briefe und Ankündigungen nach Schwaben und der Schweiz. Willms, Abschied zu nehmen. Beschäftigung mit den franz. satirischen Kupferstichen. Ging der Koffer nach Stuttgard ab.
Donnerstag d. 24. Aug.
Vollendung der gestrigen Expeditionen. Leg. R. Mattei.
d. 25. Früh nach 7 Uhr von Frankfurth ab. Auf dem Sachsenhäuser Berge vieler und wohlgehaltner Weinbau, nebliches bedecktes, angenehmes Wetter. Die Chaussee mit Kalkstein ausgebessert. Hinter der Warte Wald. Der Kletterer der mit dem Strick und zwey Eisen an den Schuhen auf die starken und hohen Buchen stieg. Welsches Dorf. Todtesliegendes an der Chaussee aus den Hügeln bey Langen. Sprenglingen. Basalt im Pflaster und auf der Chaussee bis Langen, muß sehr häufig in dieser flach erhobnen Gegend brechen wie drüben bei Frankfurth; sandiges, fettes, flaches Land, viel Feldbau, aber mager. Ich sah seit Neapel zum erstenmal wieder die Kinder auf der Straße die Pferdeexcremente in Körbchen sammeln. Um 10 Uhr in Langen. Der Boden wird etwas besser; aus Darmstadt um 12 1/2, nachdem wir in einer Viertelstunde expedirt worden waren. Auf der Chausse finden sich nun Steine des Grundgebirgs: [84] Syenite, Porphyre, Thonschiefer und andere Steinarten in dieser Epoche. Darmstadt hat eine artige Lage vor dem Gebirg und ist wahrscheinlich durch die Fortsetzung des Wegs aus der Bergstraße nach Frankfurth und früheren Zeiten entstanden. Eberstadt. Fechenbach, halbe Stationen. In dieser Gegend liegen sandige Hügel, gleichsam alte Dünen gegen den Rhein; vor und hinterwärts gegen das Gebirg ist eine kleine Vertiefung, wo sehr schöner Feldbau getrieben wird. Bis Zwingenberg bleibt der Melibokus sichtbar, und das schöne wohlgebaute Thal dauert. Die Weinberge sangen an sich über die Hügel bis an das Gebirge auszubreiten. Bentzheim. Heppenheim. Man ist mit der Erndte in dieser Gegend wohl zufrieden. Zwey schöne Ochsen, die ich beym Postmeister sahe, hatte er im Frühjahr vor 23 Karolin gekauft. Jetzt würden sie vor 18 zu haben seyn. Die Kühe sind im Preise nicht gefallen. Um 5 1/2 erst von Heppenheim wegen Pferdemangel. Hemsbach. Die Birnbäume hingen unglaublich voll. Beym Purpurlicht des Abends waren die Schatten besonders auf dem grünen Grase wundersam smaragdgrün. Man passirt zum erstenmal wieder ein Wasser von einiger Bedeutung, die Wüschütz, die bey Gewittern sehr stark anschwillt. Weinheims schöne Lage und Schlösser. In Heidelberg Abends 9 1/2 eingekehrt in den 3 Königen, der goldne Hecht, der vorgezogen wird, war besetzt.
Den 26. Aug. Man lobt hier die Erndte, sie soll besonders im Spelz beynah doppelt ausgefallen seyn.
Heidelberg d. 26. August 1797.
Ich sah Heidelberg an einem völlig klaren Morgen, der durch eine angenehme Luft zugleich kühl und erquicklich war. Die Stadt in ihrer Lage und mit ihrer ganzen Umgebung hat, man darf sagen, etwas Ideales, das man sich erst recht deutlich machen kann, wenn man mit der Landschaftmahlerey bekannt ist und wenn man weiß, was denkende Künstler aus der Natur genommen und in die Natur hineingelegt haben. Ich ging in Erinnerung früherer Zeiten über die schöne Brücke und am rechten Ufer des Neckars hin auf. Etwas weiter oben, wenn man zurücksieht, sieht man die Stadt und die ganze Lage in ihrem schönsten Verhältnisse; sie ist in der Länge auf einen schmalen Raum zwischen den Bergen und dem Flusse gebauet, das obere Thor schließt sich unmittelbar an die Felsen an, an deren Fuß nur die Landstraße nach Neckargemünd die nöthige Breite hat. Über dem Thore steht das alte verfallne Schloß in seinen großen und ernsten Halbruinen. Den Weg hinauf bezeichnet durch Bäume und Büsche blickend eine Straße kleiner Häuser, die einen sehr angenehmen Anblick gewährt, indem man die Verbindung des alten Schlosses und der Stadt bewohnt und belebt sieht. Darunter zeigt sich die Masse einer wohlgebauten Kirche und so weiter [86] die Stadt mit ihren Häusern und Thürmen, über die sich ein völlig bewachsner Berg, höher als der Schloßberg, indem er in großen Parthien den rothen Felsen, aus dem er besteht, sehen läßt hinabwärts fort. Wirft man den Blick auf den Fluß hinaufwärts, so sieht man eine große Fläche davon zu Gunsten einer Mühle, die gleich unter dem untern Thore liegt, zu einer schönen Fläche gestemmt, indessen der übrige Strom über abgerundete Granitbänke in dieser Jahrszeit seicht dahin und nach der Brücke zu fließt, welche im ächten guten Sinne gebaut, dem Ganzen eine edle Würde verleiht, besonders in den Augen desjenigen, der sich noch der alten hölzernen Brücke erinnert. Die Statue des Churfürsten, die hier mit doppeltem Rechte steht, so wie die Statue der Minerva von der andern Seite wünscht man um einen Bogen weiter nach der Mitte zu, wo sie am Anfang der horizontalen Brücke um so viel höher sich viel besser und freyer in der Luft zeigen würden. Allein bey näherer Betrachtung der Construction möchte sich finden, daß die starken Pfeiler, auf welchen die Statuen stehen, hier zur Festigkeit der Brücke nöthig sind, da denn die Schönheit wie billig der Notwendigkeit weichen mußte. Der Granit, der an dem Wege heraussteht, machte mir mit seinen Feldspatkristallen einen angenehmen Eindruck. Wenn man diese Steinarten an so ganz entfernten Orten gekannt hat und wieder findet, so machen sie einen [87] angenehmen Eindruck des stillen und großen Verhältnisses der Grundlagen unserer bewohnten Welt gegen einander. Daß der Granit noch so ganz kurz an einer großen Pläne hervorspringt und spätere Gebirgsarten im Rücken hat, ist ein Fall, der mehr vorkommt, besonders ist der vom Roßtrab merkwürdig; zwischen dem Brocken und zwischen diesen ungeheuern Granitfelsen, die so weit vorliegen, finden sich verschiedene Arten Porphyre, Kieselschiefer u.s.w. Doch ich kehre vom rauhen Harz in diese heitere Gegend gern und geschwind zurück und sehe durch diese Granitfelsen eine schöne Straße geebnet, ich sehe hohe Mauern aufgeführt, um das Erdreich der untersten Weinberge zusammen zu halten, die sich auf dieser rechten Seite des Flusses den Berg hinauf gegen die Sonne gekehrt verbreiten. Ich ging in die Stadt zurück, eine Freundin zu besuchen und sodann zum Oberthore hinaus. Hier hat die Lage und Gegend keinen mahlerischen aber einen sehr natürlich schönen Anblick. Gegenüber sieht man nun die hohen gutgebauten Weinberge, an deren Mauer man erst hingehen in ihrer ganzen Ausdehnung. Die kleinen Häuser darinn machen mit ihren Lauben sehr artige Parthien, und es sind einige, die als die schönsten mahlerischen Studien gelten könnten. Die Sonne machte Licht und Schatten so wie die Farben deutlich, wenige Wolken stiegen auf.
Die Brücke zeigt sich von hier aus in einer Schönheit, [88] wie vielleicht keine Brücke der Welt. Durch die Bogen sieht man den Neckar nach den flachen Rheingegenden fließen und über ihr die lichtblauen Gebirge jenseit des Rheins in der Ferne. An der rechten Seite schließt ein bewachsner Fels mit röthlichen Seiten, der sich mit der Region der Weinberge verbindet, die Aussicht.
Gegend Abend ging ich mit Dem. Delf nach der Pläne zu, erst an den Weinbergen hin, dann auf die große Chaussee herunter bis dahin, wo man Rohrbach sehen kann. Hier wird die Lage von Heidelberg doppelt interessant, da man die wohlgebauten Weinberge im Rücken, die herrliche fruchtbare Pläne bis gegen den Rhein und dann die überrheinischen blauen Gebirge in ihrer ganzen Reihe vor sich sieht. Abends besuchten wir Frau von Cathcart und ihre Tochter, zwey sehr gebildete und würdige Personen, die im Elsas und Zweybrücken großen Verlust erlitten; sie empfahl mir ihren Sohn, der gegenwärtig in Jena studirt.
Heidelberg d. 26. August 1797.
An der table d'hote waren gute Bemerkungen zu machen; eine Gesellschaft österreichischer Officiere, theils von der Armee, theils von der Verpflegung, gewöhnliche Gäste, unterhielten sich heiter und in ihren verschiednen Verhältnissen des Alters und der Grade ganz artig.
Sie lasen in einem Brief, worin einem neuen [89] Eskadron-Chef von einem humoristischen Cameraden und Untergebenen zu seiner neuen Stelle Glück gewünscht wird; unter andern sehr leidlichen Bonmots war mir das eindrücklichste: Officiers und Gemeine gratuliren sich, endlich aus den Klauen der Demoisell Rosine erlöst zu seyn. Andere brachten gelegentlich Eigenheiten und Unerträglichkeiten der Proprietairs zur Sprache aus eigner Erfahrung. Einer fand grüne Chabracken mit rothen Borten bey seiner Eskadron und fand diese Farben ganz abscheulich und befahl in Gefolg dieses Geschmacksurtheils sogleich, daß man rothe Chabracken mit grünen Borten anschaffen solle. Eben so befahl er auch, daß die Officiers Hals- und Hosenschnallen völlig überein tragen sollten, und daß der Oberst alle Monate genau darnach zu sehen habe.
Überhaupt fand ich, daß sie sämmtlich sehr geschickt und mitunter mit Geist und Verwegenheit, mit mehr oder weniger Geschmack, die richtige und comische Seite der Sachen auffanden; doch zuletzt war das Sonderbare, daß ein einziges vernünftiges Wort die ganze Gesellschaft aus der Fassung brachte. Einer erzählte nämlich von dem Einschlagen eines Gewitters und sagte bezüglich auf den alten Aberglauben, daß so ein Haus eben immer abbrenne. Einer von den Freunden, der, wie ich wohl nachher merkte, ein wenig in Naturwissenschaften gepfuscht haben mochte, versetzte sogleich: ja, wenn es nicht gelöscht wird; [90] woran er zwar ganz recht hatte, allein zugleich zu vielem Hin- und Widerreden Anlaß gab, bey dem der ganze Discours in Confusion gerieth, unangenehm wurde und zuletzt sich in ein allgemein Stillschweigen verlohr.
Unter andern skizzirten sie auch einen Charakter, der wohl irgends wo zu brauchen wäre.
Ein Schweigender, allenfalls trocken humoristischer Mensch, der aber, wenn er erzählt und schwört, gewiß eine Lüge sagt, sie aber ohne Zweifel selbst glaubt.
Geschichten vom General W. und seinem Sohne, der im Elsas zuerst zu plündern und zu vexiren anfing, überhaupt von der seltsamen Constitution der Armee, ein Wunsch des Gemeinen nach Krieg, des Officiers nach Frieden.
Sinzheim den 27. Aug. 1797.
Aus Heidelberg um 6 Uhr an einem kühlen und heitern Morgen. Der Weg geht am linken Ufer hinaus zwischen Granitfelsen und Nußbäumen. Drüben liegt ein Stift und Spital sehr anmuthig. Rechts am Wege stehen kleine Häuser mit ihren Besitzungen, die sich den Berg hinauf erstrecken. Über dem Wasser am Ende der Weinbergshöhe, die sich von Heidelberg heraufzieht, liegt Ziegenhausen. Es legen sich neue Gebirge und Thäler an; man fährt durch Schlierbach. Über dem Wasser sieht man Sandsteinfelsen in horizontalen Lagen, diesseits am linken Ufer Frucht- und[91] Weinbau. Man fährt an Sandsteinfelsen vorbey; es zeigt sich über dem Wasser eine schöne, sanft ablaufende wohlgebaute Erdspitze, um die der Neckar herum kommt. Der Blick auf Neckar Gemünd ist sehr schön, die Gegend erweitert sich und ist fruchtbar. Neckar Gemünd ist eine artige reinliche Stadt. Das obere Thor ist neu und gut gebauet, ein scheinbarer Fallgatter schließt den obern Halbzirkel. Man hat hier den Neckar verlassen, man findet Maulbeerbäume, dann, neben einer geraden Chaussee durch ein sanftes nicht breites Thal, an beyden Seiten Feld- Obst- und Gartenbau; die gleichen Höhen sind an beyden Seiten mit Wald bedeckt; man sieht kein Wasser. Der Wald verliert sich, die Höhen werden mannigfaltiger; man sieht nur Fruchtbau, die Gegend sieht einer thüringischen ähnlich. Wiesenbach, sauberes Dorf, alles mit Ziegeln gedeckt. Die Männer tragen blaue Röcke und mit gewirkten Blumen gezierte weiße Westen. Hier fließt wenig Wasser. Der Hafer war eben geschnitten und das Feld fast leer. Der Boden ist lehmig, der Weg geht bergauf, man sieht wenig Bäume, die Wege sind leidlich reparirt. Mauer, liegt freundlich; eine artige Pappelallee führt vom Dorfe zu einem Lusthause. Die Weiber haben eine catholische nicht unangenehme Bildung. Die Männer sind höflich, keine Spur von Roheit; man bemerkt eher eine sittliche Stille. Runkelrüben und Hanf standen allein noch auf den Feldern. Hinter dem Ort findet man [92] eine Allee von Kirschbäumen an der Chaussee, die durch feuchte Wiesen erhöht durchgeht; sie wird mit Kalkstein gebessert. Meggersheim liegt artig an einem Kalksteinhügel, der mit Wein bebaut ist; es hat Wiesen und Feldbau vor sich. Zuzenhausen, auf Lehmhügeln; guter Fruchtbau an der rechten Seite, links Wiesen und anmuthige waldige Hügel. Hoffenheim; von da geht eine schöne alte Pappelallee bis Sinzheim, wo wir ein Viertel nach 10 ankamen.
Sinzheim. In den drey Königen eingekehrt; hat das Ansehen eines nach der Landsart heitern Landstädtchens, das gut angelegte Pflaster nach dem Krieg nicht reparirt. Ich bemerkte eine Anstalt, die ich in dem sehr reinlichen Neckar Gemünd auch schon, doch in einem sehr viel geringern Grade gesehen hatte: daß Mist und Gassenkoth mehr oder weniger an die Häuser angedrückt war. Der Hauptweg in der Mitte, die Gossen an beyden Seiten und die Pflasterwege vor den Häusern bleiben dadurch ziemlich rein. Der Bürger, der gelegentlich seinen Mist und Koth auf die Felder schaffen will, ist nicht durch eine allzu ängstliche Polizey gequält, und wenn er den Unrath sich häufen läßt, so muß er ihn unter seinen Fenstern dulden; das Publikum aber ist auf der Straße wenig oder nicht incommodirt.
Sinzheim hat schöne Wiesen und Felder, viel Kleebau, und alles ist Stallfüttrung. Sie haben [93] auch von der Viehseuche viel gelitten, in der Nachbarschaft grassirt sie noch. Die Gemeine hat das Recht, zusammen tausend Schafe zu halten, es ist verpachtet mit einer Anzahl Wiesen, diese zu überwintern; sie werden auf Stoppeln und Brache getrieben. Wenn das Grummet von den Wiesen ist, kommt erst das Rindvieh drauf; die Schafe nicht eher als bis es gefrohren hat, und betreiben sie bis Georgen Tag. Es ist eine Administration hier, welche die ehemaligen Kirchgü ter verwaltet, an denen Catholiken und Lutheraner in gewissen Proportionen Theil nehmen. Eine Klafter Holz, 6 Fuß breit, 6 Fuß hoch und die Scheite 4 Fuß lang, kostet bis ans Haus 18 fl., das Pfund Butter kostet gegenwärtig 30 Kreutzer, in Heidelberg 48 Kreutzer.
Um 2 Uhr.
Von Sinzheim ab. Draußen links liegt ein ansehnliches Kloster; eine alte schöne Pappelallee begleitet die Straße. Vorwärts und weiter rechts sieht man an einem schönen Wiesengrund Rohrbach und Steinfurth liegen, durch welche man nachher durchkommt. Die Pappeln dauern fort; wo sie auf der Höhe aufhören, fangen Kirschbäume an, die aber traurig stehen. Der Feldbau ist auf den Höhen und den sanften Gründen wie bisher, der Weg steigt sanft aufwärts. Die Kirschbäume zeigen sich schöner gewachsen. Flötzkalk in schmalen horizontalen, sehr zerklüfteten Schichten. Über der Höhe gehen die [94] Pappeln wieder an. Kirchhart. Der Weg geht wieder auf und absteigend. Der horizontale Kalk dauert fort. Gerade Chausseen und schöner Fruchtbau bis Führfelden. Geringer Landort. Weiter dauern die Fruchtbäume fort. Auf dieser ganzen Fahrt sieht man wenig oder gar kein Wasser. Man erblickt nun die Berge des Neckarthals. Kirchhausen liegt zwischen anmuthigen Garten und Baumanlagen; dahinter ist eine schöne Aussicht nach den Gebirgen des Neckars; man kommt durch ein artiges Wäldchen und durch eine Pappelallee bis Frankenbach. Die Kieshügel an der Chaussee erleichtern sehr die Erhaltung derselben. Schöne Pappelallee bis Heilbronn, die hie und da wahrscheinlich vom Fuhrwerk im Kriege gelitten hat und deren baldige Rekrutirung nach dem Frieden jeder Reisende zum Vergnügen seiner Nachfolger wünschen muß. Überhaupt sind von Heidelberg hierher die Chausseen meist mit mehr oder weniger Sorgfalt gebessert.
Heilbronn den 27. Aug. 97.
Abends um 6 Uhr angekommen. In der Sonne abgestiegen. Ein schöner Gasthof und bequem, wenn er fertig seyn wird. Man ist stark im Bauen begriffen.
D. 28. August.
Wenn man sich einen günstigen Begriff von Heilbronn machen will, so muß man um die Stadt gehen. Die Mauern und Gräben sind ein wichtiges Denkmal der vorigen Zeit. Die Gräben sind sehr tief und [95] fast bis herauf gemauert, die Mauern hoch und aus Quaderstücken gut gefugt und in den neuern Zeiten genau verstrichen. Die Steine waren als Rustika gehauen, doch jetzt sind die Vorsprünge meistens verwittert. Das geringe Bedürfniß der alten Defension kann man hier recht sehen. Hier ist blos auf Tiefe und Höhe gerechnet, die freylich kein Mensch leicht übersteigen wird; aber die Mauer geht in geraden Linien und die Thürme springen nicht einmal vor, so daß kein Theil der Mauer von der Seite vertheidigt ist. Man sieht recht, daß man das Sturmlaufen bey Anlage dieses großen Werks für unmöglich gehalten hat, denn jede Schießscharte vertheidigt eigentlich gerade aus nur sich selbst. Die Thürme sind viereckt und hoch, unten an der Mauer her geht ein gleichfalls gemauerter bedeckter Weg. Die Thürme an den Thoren springen vor, und es sind daselbst die nöthigen Außenwerke angebracht; nirgends ist ein Versuch einer Befestigung nach neuer Art sichtbar. Unterhalb des bedeckten Wegs und an dessen Stelle sind an einigen Orten Baumschulen und andere Pflanzungen angelegt.
Eine schöne Allee führt um den größten Theil des Grabens. Sie besteht aus Linden und Kastanien, die als Gewölbe gehauen und gezogen sind; die Gärten stoßen gleich daran in größern und kleinern Besitzungen.
Die Stadt ist ihrer glücklichen Lage, ihrer schönen und fruchtbaren Gegend nach auf Garten-, Fruchtund[96] Weinbau gegründet, und man sieht wie sie zu einer gewissen Zeit der Unruhe sich entschließen mußte, alle sämmtlichen Bewohner, sowohl die Gewerbetreibenden als Ackerbauenden, in ihre Mauern einzuschließen. Da sie ziemlich aus der Pläne liegt, sind ihre Straßen nicht ängstlich, aber meist alt mit Überhängen, Giebeln, auf die Straße gehenden großen hölzernen Rinnen, die das Wasser über die Seitenwege, welche an den Häusern her meistens erhöht gepflastert sind, hinweg führen. Die Hauptstraßen sind meistens rein; aber die kleinern, besonders nach den Mauern zu, scheinen hauptsächlich von Gärtnern und Ackerleuten bewohnt zu seyn. Die Straße dient jedem kleinen Hausbesitzer zum Misthof; Ställe und Scheunen, alles ist dort, jedoch nur klein und von jedem einzeln Besitzer zusammen gedrungen. Ein einziges großes steinernes Gebäude bemerkt ich zu Aufbewahrung der Frucht, das einen reichen Besitzer ankündigte. Man bemerkt nicht wie an andern Orten verschiedene Epochen der Bauart, besonders keine Ämulation, die solche Epochen mit sich führen. Ein einziges Gebäude zeichnet sich aus, das durch die Bildsäule des Äskulaps und durch die Basreliefs von zwey Einhörnern sich als Apotheke ankündigt. Noch einige neue steinerne aber ganz schlichte Häuser finden sich auch; das übrige ist alles auf alten Schlag, nur wird sich das Gasthaus zur Sonne durch einen Sprung, wenn es fertig ist, auszeichnen. Es ist ganz von Stein und [97] in gutem, wenn schon nicht im besten Geschmack, ohngefähr wie das Sarrasinische auf dem Kornmarkt zu Frankfurth. Das Untergeschoß hat recht wohnbare Mezzaninen, darüber folgen noch zwey Geschosse. Die innere Einrichtung, so weit sie fertig ist, ist geschmackvoll, mit französischem Papier sehr artig ausgeziert.
Was öffentliche Gemeinde Anstalten betrifft, so scheint man in einer sehr frühen Zeit mit Mäßigkeit darauf bedacht gewesen zu seyn. Die alten Kirchen sind nicht groß, von außen einfach und ohne Zierrath, der Markt mäßig, das Rathhaus nicht groß, aber schicklich. Die Fleischbänke, ein uraltes, ringsum frey auf Säulen stehendes, mit einer hölzernen Decke bedecktes Gebäude, sie sind wenigstens viel löblicher als die Frankfurther, scheinen aber für die gegenwärtige Zeit zu klein oder aus sonst einer Ursache verlassen. Ich fand wenig Fleischer darinn; hingegen haben die Metzger an ihren in der Stadt zerstreuten Häusern ihre Waare aufgelegt und ausgehängt; ein böser und unreinlicher Mißbrauch. Das weiße Brot ist hier sehr schön. Manns- und Frauenpersonen gehen ordentlich, aber nicht sehr modisch gekleidet. Keine Beschreibung noch Plan von Heilbronn konnte ich erhalten.
Was ich aus dem Erzählten und andern Symptomen durch das bloße Anschauen schließen kann, ist, daß die Stadt durch den Grund und Boden, den sie besitzt, mehr als durch etwas anders wohlhabend ist; [98] daß die Glücksgüter ziemlich gleich ausgetheilt sind; daß jeder still in seinem einzelnen vor sich hinlebt, ohne gerade viel auf seine Umgebungen und aufs Äußere verwenden zu wollen; daß die Stadt übrigens eine gute Gewerbsnahrung, aber keinen ansehnlichen Handel hat; daß sie auf gemeine bürgerliche Gleichheit fundirt ist; daß weder Geistlichkeit noch Edelleute in frühern Zeiten großen Fuß in der Stadt hatten; daß das öffentliche Wesen in frühern Zeiten reich und mächtig war, und daß es bis jetzt noch an einer guten mäßigen Verwaltung nicht fehlen mag. Daß der neuerbaute Gasthof auf einmal über alle Stufen der Architectur wegsprang, mag ein Zeugniß seyn, wie viel diese Bürgerklasse in diesen Zeiten gewonnen hat.
Die Menschen sind durchaus höflich und zeigen in ihrem Betragen eine gute natürliche stille bürgerliche Denkart. Es werden keine Juden hier gelitten.
Der Neckar ist oberhalb und unterhalb der Stadt zum Behufe verschiedener Mühlen durch Wehre gedämmt; die Schifffahrt von unten herauf geht also nur bis hierher, wo ausgeladen werden muß; man lädt oberhalb wieder ein und kann bis Kannstadt fahren. Diese Schiffe tragen bey hohem Wasser ohngefähr 800 Centner, auch wird hier viel ausgeladen und weiter ins Land hinein zur Axe transportirt.
Vor dem Thor steht ein großes Gebäude, das ehemals ein Waisenhaus war; die Waisen sind aber [99] gegenwärtig nach den bekannten Beyspielen auf Dörfer vertheilt.
Das Wirthshausgebäude ist von einem Zweybrücker Baumeister, der sich in Paris aufgehalten, gebaut, und von ihm sowohl das Ganze als das Einzelne angegeben. Daß die Handwerker ihn nicht völlig fecundirten, sieht man am Einzelnen.
An den Fensterscheiben fand ich eine Sonderbarkeit. Es sind länglich viereckte Tafeln, die in der Quere stehen und unten eingebogen sind, so daß man von dem Fenster und dem Rahmen etwas abnehmen mußte. Der Hausherr sagte mir nur, daß der Glaser sich nach den Tafeln habe richten müssen; er glaubt, daß sie sich, wenn sie noch biegsam sind, so werfen. Ich kann auch nichts zweckmäßiges darinn finden. Übrigens ist es Lohrer Glas.
An der Wirthstafel speiste außer der Hausfamilie noch der Oberamtmann von Mekmühl und seine Frauenzimmer.
Die Mägde sind meist schöne stark und fein gebildete Mädchen und geben einen Begriff von der Bildung des Landvolks; sie gehen aber meistentheils schmutzig, weil sie mit zu dem Feldbau der Familien gebraucht werden.
Den 28ten.
Abends um 6 Uhr fuhr ich mit dem Bruder des Wirthes auf den Wartberg. Es ist, weil Heilbronn in der Tiefe liegt, eigentlich die Warte und anstatt [100] eines Hauptthurms für dasselbe. Die eigentliche Einrichtung oben aber ist eine Glocke, wodurch den Ackerleuten und besonders Weingärtnern ihre Feyerstunde angekündigt wird. Er liegt ohngefähr eine halbe Stunde von der Stadt auf einer mit buschigem Holz oben bewachsenen Höhe, an deren Fuß Weinberge sich hinunterziehen. Vorwärts des Thurms ist ein artiges Gebäude mit einem großen Saale und einigen Nebenzimmern, wo die Woche einige mal getanzt wird. Wir fanden eben die Sonne als eine blutrothe Scheibe in einem wahren Sirokoduft rechts von Wimpfen untergehen. Der Neckar schlängelt sich sanft durch die Gegend, die von beyden Seiten des Flusses sanft aufsteigt. Heilbronn liegt am Flusse und das Erdreich erhöht sich nach und nach bis gegen die Hügel in Norden und Nord-Osten. Alles was man übersieht ist fruchtbar; das nächste sind Weinberge, und die Stadt selbst liegt in einer großen grünen Masse von Gärten. Es giebt den Anblick von einem ruhigen breiten hinreichenden Genuß. Es sollen 12000 Morgen Weinberge um die Stadt liegen; die Gärten sind sehr theuer, so daß Wohl 1500 Gulden für einen Morgen gegeben werden.
Ich hatte sehr schönes Vieh gesehen und fragte darnach. Man sagte mir, daß vor dem Krieg 3000 Stück Rindvieh in der Stadt gewesen, die man aber aus Sorge vor der Viehseuche nach und nach abgeschafft und erst wieder beyschaffen werde; eine [101] Kuh könne immer 12 bis 18 Karolin kosten und werth seyn. Viele halten sie auf Stallfütterung; geringe Leute haben Gelegenheit sie auf die Weide zu schicken, wozu die Gemeinde schöne Wiesen besitzt.
Ich fragte nach dem Bauwesen. Der Stadtrath hat es vor dem Krieg sehr zu befördern gesucht; besonders wird der Burgemeister gerühmt, der schöne Kenntnisse besessen und sich dieses Theils sehr angenommen. Vor dem Kriege hat man von Seiten der Stadt demjenigen, der nach Vorschrift von Stein baute, die Steine umsonst angefahren und ihm leicht verzinslichen Vorschuß gegeben. Was diese Vorsorge gefruchtet und warum sich die Baulust nicht mehr als es von Anfang den Fremden scheint, ausgebreitet, verdient einer nähern Untersuchung.
Die Obrigkeit besteht aus lauter Protestanten und Studirten. Sie scheint sehr gut zu haushalten, denn sie hat die bisherigen Kriegslasten ohne Aufborgung oder neue Auflagen bestritten. Einer Contribution der Franzosen ist sie glücklich entgangen. Sie war auf 140000 Gulden angesetzt, die auch schon parat lagen. Jetzt werden alle Vorspanne, welche die Österreicher verlangen, aus dem Ärario bezahlt und die Bürger verdienen dabey. Das beste Zeichen einer guten Wirthschaft ist, daß die Stadt fortfährt Grundstücke zu kaufen, besonders von fremden Besitzern in der Nachbarschaft. Hätten die Reichsstädte in früherer Zeit diesen großen Grundsatz von den Klöstern gelernt, [102] so hätten sie sich noch sehr erweitern und zum Theil manchen Verdruß ersparen können, wenn sie fremde Besitzer mitunter in ihr Territorium einkaufen ließen.
Die Stadt hat eine Schneidemühle mit dem Rechte, allein Bauholz und Breter zu verkaufen. Diese Befugnisse sind auf 30 Jahre verpachtet. Der Einwohner kann zwar von einem vorbeyfahrenden Flößer auch kaufen, muß aber den Monopolisten einen Batzen vom Gulden abgeben, so wie der Flößer ihm auch eine Abgabe zahlen muß. Da nun der Pachter, indem er Holz im Großen kauft und selbst stößt, das Holz so wohlfeil als der Flößer geben kann, so kann er sich einen guten Vortheil machen. Dagegen wird er, wenn er es zu hoch treiben wollte, wieder durch die Concurrenz des Flößers balancirt. Unter diesen Umständen scheint also nicht, wie ich anfangs glaubte, diese Art von bedingtem Alleinhandel dem Bauen hinderlich zu seyn.
Was die Abgaben betrifft, so sollen die Grundstücke sehr gering, das baare Vermögen hingegen und die Capitalien hoch belegt seyn. Es giebt hier große und wohlgebildete Mädchen. Die Mägde sehen größtentheils schmutzig aus, weil sie mit zur Feld- und Stallarbeit gebraucht werden.
Oben bey Erzählung von der Warte habe ich einer artigen alten Einrichtung zu erwähnen vergessen. Oben auf dem Thurm steht ein hohler, mit Kupferblech [103] beschlagner, großer Knopf, der zwölf bis sechzehn Personen zur Noth fassen könnte. Diesen konnte man ehemals mannshoch in die Höhe winden und eben so wieder unmittelbar auf das Dach herablassen. So lang der Knopf in der Höhe stand, mußten die Arbeiter ihr Tagewerk verrichten; sobald er niedergelassen ward, war Mittags Ruhe oder Feyerabend. Seiner Größe nach konnte man ihn überall erkennen, und dieses dauernde sichtbare Zeichen ist sichrer als das Zeichen der Glocke, das doch verhört werden kann. Schade daß dieses Denkmal alter Sinnlichkeit außer Gebrauch gekommen ist.
In dem Hinfahren sah ich auch Weinsberg liegen, nach dem man wohl, wie Bürger thut, fragen muß, da es sehr zwischen Hügel hineingedrückt ist, am Fuße des Berges, auf dem das, durch Frauentreue berühmte, jetzt zerstörte Schloß gelegen ist, dessen Ruinen ich denn auch, wie billig ist, begrüßt habe. Auch hier ist man mit der Erndte sehr zufrieden, sie kam, wie überall, sehr lebhaft hinter einander, so daß die Sommerfrüchte mit den Winterfrüchten zugleich reif wurden. Der Feldbau ist auch hier in 3 Jahresabtheilungen eingetheilt, obgleich kein Feld Brache liegt, sondern ihr drittes ist das Haferfeld; so wirds im Ganzen gebaut, ob gleich jeder noch außerdem, in so fern er es mit der Düngung zwingen kann, seinen Boden in der Zwischenzeit benutzt wie z.B. mit Sommerrüben.
[104] Ludwigsburg, den 29. Aug. 97.
Von Heilbronn gegen 5 Uhr, vor Sonnen Aufgang fort. Man kommt erst durch schöne Gärtnerey, verläßt dann die Allee und kommt auf die alte Ludwigsburger Straße. Nebel bezeichneten den Gang des Neckars. Bockingen lag rechts im Nebel des Neckarthals, links Feldbau auf der Fläche. Man kommt durch Sontheim, das deutschherrisch ist. Bis Ludwigsburg ist Ebene und eine immer abwechselnde Fruchtbarkeit, bald Wein bald Feldbau. Man fährt quer durch den obern Theil eines artigen Wiesenthals, in und an dem weiter unten Schloß und Dorf Thalen liegt. Man findet den horizontalen Kalkstein wieder.
Laufen. Eine artige Lage theils auf der Höhe theils am Wasser. Hier sind die Weinberge wieder häufig, man kommt über das Wasser, der Boden ist sehr gut, sie hatten nach der Erndte noch türkisch Korn gesäet, das grün abgehauen und verfüttert wird.
Man fährt durch eine schöne Allee von Obstbäumen. Man sieht den Neckar wieder, kommt durch Kirchheim, genannt am Neckar. Die Chaussee ist durchaus gut, der Feldbau fährt fort. Links im Rücken den Neckar. Der Fluß geht zwischen engern Hügeln durch, läßt aber hie und da schöne flache Rücken, an den ausspringenden Winkeln, zum Frucht- und Weinbau. Bey Wahlen Weinberge. Bey Besigheim fließen die Entz und der Neckar zusammen. Horizontale Kalkfelsen, [105] mit Mauerwerk artig zu Terrassen verbunden, und mit Wein bepflanzt. Ein runder hoher Thurm auch mit Rustica gebauet. Übelgebautes, schmutziges Landstädchen, Brücke über die Entz. Halb 7 Uhr daselbst rafrächirt. Bidigheim abermals Weinbau, Brücke über die Entz, man machte durchaus Grummet. Horizontale, mächtige Kalklager, schöne Allee von Fruchtbäumen, ferne und nahe Wäldchen durch Alleen verbunden. Man sieht den Asperg und bald Ludwigsburg.
Ludwigsburg.
Das bekannte geräumige Schloß sehr wohnbar, aber sowohl das alte als das neue in verhältnißmäßig bösem Geschmack ausgeziert und meublirt. Im neuen gefielen mir die äqualen Parketts von eichnem Holze, die sich sehr gut gehalten hatten. Wahrscheinlich waren sie nicht gerissen, weil die Etage an den Garten stößt und nur wenig über ihn erhoben ist; gegen den Hof aber ist sie um den ganzen Unterstock erhoben, diese Zimmer können also nicht so ganz vollkommen trocken seyn. Auf einer Galerie waren alte schlichte Gemählde von Venezianischen Lustbarkeiten, darunter war auch die berühmte Brückenschlacht von Pisa. Diese Bilder, besonders das eine, ob es gleich gar kein Kunstverdienst hat, ist auch sehr merkwürdig, weil man sieht, wie der unsinnigste Streich gleich einen.. andern Schiffe steht, zum Spaß der ganzen Welt gereicht, die alle Balkone füllt und mit [106] Zujauchzen, Schnupftuchwinken und sonstigem Antheil lebhaft ergötzt ist. Das Bild ist nicht übel, zwar nach Art der Dutzendbilder fabrikmäßig, aber doch charakteristisch gemahlt.
Das große Operntheater ist ein merkwürdiges Gebäude aus Holz und leichten Bretern zusammengeschlagen, Zeuge von dem Geiste des Erbauers, der viel und hohe Gäste würdig und bequem unterhalten wollte. Das Theater ist 18 Schritte breit, auch ungeheuer hoch, indem das Haus 4 Logen enthält. In seiner möglichen Länge hält es 76 Schritt. Das Proscenium ist sehr groß so wie auch das Orchester, so daß beyde zusammen sich gleichfalls in der Mitte des Saals befinden, das Parterre dagegen ist sehr klein, man konnte überall sehr gut sehen und höchst wahrscheinlich auch sehr gut hören. Gegenwärtig ist es seit der Anwesenheit des Großfürsten zu einem Tanzsaale eingerichtet. Der Tag war sehr heiß und ich verweilte bis gegen Abend.
Von Ludwigsburg um 5 Uhr abgefahren. Herrliche Allee, vom Schloßweg, an der langen Straße des Orts hin. Jede Seite der Allee vor dem Ort ist mit einer doppelten Reihe Bäume besetzt; links sieht man die Neckargebürge. Man kommt nach Kornwestheim; von da sind Fruchtbäume an die Chaussee gesetzt, sie liegt anfangs vertieft, und die Aussicht hat wenig Abwechslung. Man sieht die Solitüde in der Ferne. [107] Herrlicher Fruchtbau, man kommt über manche Hügel, man sieht einen Kalksteinbruch, zum Behuf der Chaussee, ganz nah dabey. Man fährt hinab nach Zuffenhausen, rechts liegt Feuerbach in einem schönen Wiesengrunde. Ein Bauer der eine Querpfeife auf dem Jahrmarkt gekauft hatte, spielte darauf im nach Hause gehen; fast das einzige Zeichen von Fröhlichkeit, das uns auf dem Wege begegnet war. Nach Sonnenuntergang sah man Stuttgard; seine Lage, in einem Kreise von sanften Gebirgen, machte in dieser Tageszeit einen ernsten Eindruck.
Stuttgard, d. 30. Aug. 1797.
Ich machte meine erste gewöhnliche Tour früh um 6 Uhr allein, und recognoscirte die Stadt mit ihren Umgebungen. Eine Seite hat eine Befestigung nach der Heilbronner Art, nur nicht so stattlich; die Gräben sind auch in Weinberge und Gartenpflanzungen verwandelt. Bald nachher findet man die schönsten Alleen von mehrern Baumreihen und ganze beschattete Plätze. Zwischen diesen und einer Art von Vorstadt liegt eine schöne Wiese. Durch die Vorstadt kommt man bald auf den Platz vor das Schloß vielmehr vor die Schlösser. Der Platz ist seit der Anwesenheit des Großfürsten schön planirt, und die theils auf Rasen, in großen regelmäßigen Parthien, theils als Alleen gepflanzten Kastanienbäume sind sehr gut gediehen. Das Schloß selbst ist von dem Geschmack der Hälfte dieses Jahrhunderts, das Ganze aber anständig frey[108] und breit. Das alte Schloß wäre jetzt kaum zu einer Theaterdecoration gut. Die alte Stadt gleicht Frankfurth in ihren alten Theilen, sie liegt in der Tiefe nach dem kleinen Wasser zu. Die neue Stadt ist in entschiedenen Richtungen meist geradlinigt und rechtwinklicht gebaut, nach einer allgemeinen Anlage ohne Ängstlichkeit in der Ausführung. Man sieht Häuser mit mehr oder weniger Überhängen, ganz perpendikulär, von verschiedner Art und Größe; man sieht, daß die Anlage nach einem allgemeinen Gesetz und doch nach einer gewissen bürgerlichen Willkühr gemacht wird.
Nachdem ich mich umgekleidet, besuchte ich nach 10 Uhr Herrn Handelsmann Rapp, und fand an ihm einen wohlunterrichteten verständigen Kunstfreund. Er zeigte mir eine schöne Landschaft von Both, er selbst zeichnet als Liebhaber landschaftliche Gegenstände recht glücklich.
Wir besuchten Professor Dannecker in seinem Studio im Schlosse. Eine kleine Figur auf einem Trauermonument von weißem Marmor ist sehr gut gestellt und zum Theil schon recht gut ausgeführt. Das Modell einer Büste des regierenden Herzogs, deren Ausführung in Marmor soll sehr gut gewesen seyn.
(Das weitere siehe im folgenden Brief.)
Den 31. Nachmittag war ich beym Mechanikus Tiedemann, einem schätzbaren Arbeiter, der sich selbst gebildet hat. Mehrere Gesellen arbeiten unter ihm, und er ist eigentlich nur beschäftigt seine Ferngläser [109] zusammenzusetzen. Eine Bemühung, die wegen der Zusammensetzung der Objectiv Gläser viel Zeit erfordert, indem diese, wie man weiß, wenn gleich das Verhältniß, wornach das Flint und Crownglas geschliffen werden muß, zwar wohl im Ganzen angeben, doch aber die Gläser, die eigentlich zusammen gehören, jedesmal durch die Erfahrung zusammensuchen muß. Ein Perspectiv, dessen erstes Rohr ohngefähr 18 Zoll lang ist und durch das man auf 600 Fuß eine Schrift, die ohngefähr einen Zoll hoch ist, sehr deutlich lesen, ja auf einer weißen Tafel kleine Puncte recht deutlich unterscheiden kann, verkauft er für 7 1/2 Carolin.
Wir besuchten Herrn Obrist Ltnant Wing, der recht gute Gemählde besitzt. Eins von Franz Floris, mehrere Frauen mit Säuglingen beschäftigt, ein, besonders in einzelnen Theilen, sehr gutes Bild. Von Hetsch Achill von dem man die Briseis wegführt. Es würde vorzüglicher seyn, wenn die Figur des Achills nicht in der Ecke zu sehr allein säße. Überhaupt haben die Hetschischen Bilder, so viel ich ihrer gesehen, bey ihren übrigen Verdiensten und bey glücklichen Apperçus, immer etwas, daß man sie noch einmal durchgearbeitet wünscht. Eine Landschaft mit Räubern, die für Rubens gegeben wird, die ich ihm aber, ob sie gleich in ihrer natürlichen Behandlungsart fürtrefflich ist, nicht zuschreiben würde. Einige andere mehr oder weniger kleine ausgeführte Bilder von Rubens.
[110] Gleichfalls besuchten wir Herrn Professor Harper, der ein gebohrner Landschaftsmahler ist. Die Begebenheiten und Bewegungen der Natur, indem sie Gegenden zusammensetzt, sind ihm sehr gegenwärtig, so daß er mit vielem Geschmack landschaftliche Gemählde hervorbringt. Freylich sind es alles nur imaginirte Bilder und seine Farbe ist hart und roh, allein er mahlt aus Grundsätzen auf diese Weise, indem er behauptet daß sie mit der Zeit Ton und Harmonie erhalten, wie denn auch einige 30 bis 40 jährige Bilder von ihm zu beweisen scheinen. Er ist ein gar guter, allgemein beliebter, wohlerhaltner Mann in den sechzigen und wird von hier bald nach Berlin abgehen.
Wir sahen die Aloe, die in einem herrschaftlichen Garten seit 3 Monaten der Blüthe sich nähert. Der Stengel ist jetzt 23 Fuß hoch, die Knospen sind noch geschlossen und brauchen allenfalls noch 14 Tage zur völligen Entwicklung. Sie ist auch zufällig, indem man sie in ein engeres Gefäß gesetzt, zu dieser Blüthe genöthigt worden.
Hierauf ein wenig spatzieren und dann in das Schauspiel. Ich habe nicht leicht ein Ganzes gesehen, das sich so sehr dem Marionettentheater nähert als dieses. Eine Steifheit, eine Kälte, eine Geschmacklosigkeit, ein Ungeschick die Meubles auf dem Theater zu stellen, ein Mangel an richtiger Sprache und Declamation in jeder Art Ausdruck irgend eines Gefühls oder höhern Gedankens, daß man sich eben [111] 20 Jahre und länger zurückversetzt fühlt. Und was am merkwürdigsten ist, kein einziger, der auch nur sich irgend zu seinem Vortheil auszeichnete; sie passen alle auf das beste zusammen. Ein paar junge wohlgewachsene Leute sind dabey, die weder übel sprechen noch agiren, und doch wüßte ich nicht zu sagen ob von einem irgend für die Zukunft was zu hoffen wäre. Es ward Don Karlos von Schiller gegeben. Der Entrepreneur Mihole wird abgehen und ein neuer antreten, der aber die Obliegenheit hat, sowohl Schauspieler und Tänzer, die sich von dem alten Theater des Herzogs Karl herschreiben und auf Zeitlebens pensionirt sind, beyzubehalten. Da er nun zugleich seinen Vortheil sucht und sich durch Abschaffung untauglicher Subjecte nicht Luft machen kann, so ist nicht zu denken, daß dieses Theater leicht verbessert werden könnte. Doch wird es besucht, getadelt, gelobt und ertragen.
Italiänisches Sprichwort: Geld ist das zweyte Blut des Menschen.
September (3. Reise in die Schweiz)
Den 1ten September war ich mit Herrn Professor Dannecker in Hohenheim. Gleich vor dem Thore begegneten wir Österreicher, die ins Lager zogen. Geiseburg liegt rechts der Straße in einem schön bebauten und waldigen Grunde. Wenn man höher kömmt, sieht man Stuttgard sehr zu seinem Vortheil in dem schönen Grunde liegen.
[112] Hohenheim selbst, der Garten sowohl als das Schloß, ist eine merkwürdige Erscheinung. Der ganze Garten ist mit kleinen und größern Gebäuden übersäet, die mehr oder weniger theils einen engen, theils einen Repräsentationsgeist verrathen. Die wenigsten von diesen Gebäuden sind auch nur für den kürzesten Aufenthalt angenehm oder brauchbar. Sie stecken in der Erde, indem man den allgemeinen Fehler derer die an Berge bauen durchaus begangen hat, indem man den vordern oder untern Sockel zuerst bestimmt, wobei dann das Gebäude hinten in den Berg zu stecken kommt, anstatt daß, wenn man nicht planiren will noch kann, man den hintern Sockel zuerst bestimmen muß, der vordere mag alsdenn so hoch werden als er will.
Da alle diese Anlagen theils im Gartenkalender, theils in einem eignen Werke beschrieben sind, so sind sie weiter nicht zu recensiren, doch wäre künftig bey einer Abhandlung über die Gärten überhaupt die ser in seiner Art als Beyspiel aufzustellen. Bey diesen vielen kleinen Parthien ist merkwürdig, daß fast keine darunter ist, die nicht ein jeder wohlhabende Particulier eben so gut und besser haben könnte, nur machen viele kleine Dinge zusammen leider kein großes.
Der Wassermangel, dem man durch gepflasterte schmale Bachbetten und durch kleine Bassins und Teiche abhelfen wollen, gibt dem Ganzen ein kümmerliches Ansehen, besonders da auch die Pappeln nur ärmlich [113] dastehen. Schöne gemahlte Fensterscheiben an einigen Orten, eine starke Sammlung Majolika ist für den Liebhaber dieser Art von Kunstwerken interessant. Ich erinnerte mich dabey verschiedner Bemerkungen, die ich über Glasmahlerey gemacht hatte, und nahm mir vor sie nunmehr zusammenzustellen und nach und nach zu completiren. Denn da wir alle Glasfritten so gut und besser als die Alten machen können, so käme es blos auf uns an, wenn wir nur genau den übrigen Mechanismen beobachteten, in Scherz und Ernst ähnliche Bilder hervorzubringen.
Außer einigen Bemerkungen in diesem Fache fand ich nichts wissens- noch nachahmungswerthes in diesem Garten. Eine einzige altgothisch gebaute aber auch kleine und in der Erde steckende Capelle wird jetzt von Thouret, der sich lange in Paris und Rom aufgehalten und die Decoration studirt hat, mit sehr vielem Geschmack ausgeführt; nur schade, daß alles bald wieder beschlagen und vermodern muß und der Aufenthalt, wie die übrigen, feucht und ungenießbar ist.
Das Schloß, das mit seinen Nebengebäuden ein ausgebreitetes Werk darstellt, gewährt den gleichgültigsten Anblick von der Welt, so wie auch sämmtliche Gebäude ganz weiß angestrichen sind. Man kann beym äußern Anblick der Gebäude sagen, daß sie in gar keinem Geschmack gebaut sind, indem sie nicht die geringste Empfindung weder der Neigung noch des Widerwillens im Ganzen erregen; eher ist das völlig [114] Charakterlose einer blosen beynah nur handwerksmäßigen Bauart auffallend.
Der Haupteingang ist zu breit gegen seine Höhe, wie überhaupt das ganze Stock zu niedrig ist. Die Treppen sind gut angelegt, die Stufen jedoch gegen ihre geringe Höhe zu schmal. Der Hauptsaal, leider mit Marmor decorirt, ist ein Beyspiel einer bis zum Unsinn ungeschickten Architectur. In den Zimmern sind mitunter angenehme Verzierungen, die aber doch einen unsichern und umherschweifenden Geschmack verrathen. Einige sind Nachzeichnungen, die aus Paris gesendet worden, in denen mehr Harmonie ist. Ein artiger Einfall von kleinen seidnen Vorhängen, die mit Franzen verbrämt und in ungleichen Wolken aufgezogen von den Gesimsen herunterhängen, ist artig und verdient mit Geschmack nachgeahmt zu werden. Die Stuckaturarbeit ist meistens höchst schlecht.
Da ein Theil des Schlosses noch nicht ausgebaut ist, so läßt sich hoffen, daß durch ein paar geschickte Leute, die gegenwärtig hier sind, die Decoration sehr gewinnen werde. Ein Saal, der auch schon wieder auf dem Wege war in schlechtem Geschmack verziert zu werden, ist wieder abgeschlagen worden und wird nach einer Zeichnung von Thouret durch Isopi ausgeführt.
Die Gipsarbeit des Isopi und seiner Untergebnen zu sehen, ist höchst merkwürdig. Besonders wie die freystehenden Blätter der Rosen und die Vertiefungen[115] der hohlen Kronen ausgearbeitet und aus Theilen zusammengesetzt werden, wodurch sehr schöne und durch Schatten wirksame Vertiefungen entstehen. Auch war mir sehr merkwürdig, wie er Dinge, die nicht gegossen werden können, zum Beyspiel die Verzierungen einer ovalen Einfassung, deren Linien alle nach einem Mittelpuncte gehen sollen, durch einen jungen Knaben sehr geschickt ausschneiden ließ. Die Leute arbeiten außer kleinen Federmessern, Flach-und Hohlmeiseln auch mit großen Nägeln, die sie sich selbst unten zuschleifen und oben mit einem Läppchen, um ihn bequemer anzufassen, umwickeln. Von den größern Rosen bringt ein geschickter Arbeiter nur eine den Tag zu Stande, sie arbeiten seit Isopis Direction mit großem Vergnügen, weil sie sehen, wie sehr sie in ihrer Arbeit zunehmen. Isopi macht, wie sichs versteht, die Modelle, die alsdann geformt und ausgegossen werden. Das charakteristische von Isopis Arbeit scheint mir zu seyn, daß er wie oben gedacht hauptsächlich auf die Vertiefungen denkt. So werden z.B. die Eier in dem bekannten architektonischen Zierrath besonders gegossen und in die Vertiefungen eingesetzt.
Ein Hauptfehler der alten Deckendecorationen ist, daß sie gleichsam für sich allein stehen und mit dem untern nicht rein correspondiren, weil alles so hastig und zufällig gearbeitet worden, das nun bey Thouret und Isopi nicht mehr vorkommen kann. Hier ward ich auch durch die Ausführung in einem Gedanken [116] bestärkt, daß man bey Säulendecorationen, die in Zimmern angebracht werden, nur den Architrav und nicht das ganze Gebälke anbringen dürfe. Die Ordnung wird dadurch höher und das Ganze leichter und ist dem Begriffe der Construction gemäß.
Isopi will niemals eine Corniche unmittelbar an der Decke haben, es soll immer noch eine leichte Wölbung ...... wie der Geschmack des Architecten nach der Länge und Breite des Zimmers, als das Verhältniß, in dem sie gesehen wird, bestimmen soll.
Die rothe Damastfarbe sah ich nirgends als in kleinen Cabinetten, wo sie nur in schmalen Panneaus oder sonst unterbrochen vorkam. Die größern Zimmer waren alle mit sanften Farben decorirt und zwar so, daß das Seidenzeug heller gefärbtes Laub als der Grund hatte. Die Parketts sind sämmtlich von Eichenholz, unabwechselnd wie die in Ludwigsburg, aber sehr gut gearbeitet.
Auf dem Hause steht eine Cuppel, die aber nur eine Treppe enthält, um auf den obern Altan zu kommen.
Im Garten ist ein Häuschen von den drey Cuppeln genannt auch merkwürdig, das inwendig ganz flache Decken hat, so daß die Cuppeln eigentlich nur Decorationen nach außen sind.
Ich fand die Amaryllis bella donna blühen, so wie in dem eisernen Hause manche schöne auswärtige Pflanze.
[117] Artig nahm sich zu Fußdecken kleiner Cabinette ein bunter Flanell aus.
In den untern Zimmern des Schlosses ist eine Gemähldesammlung, worunter sich manches gute befindet, ein Frauenbild von Holbein, besonders aber eine alte Mutter, die mit Einfädlung der Nadel beschäftigt ist, indeß die Tochter sehr emsig näht, ein Liebhaber, der bey ihr steht, scheint ihr im Augenblick seine Wünsche zu offenbaren. Halbe Figuren, fast Lebensgröße, ist fürtrefflich gedacht, componirt und gemahlt.
Den 2ten September besuchte ich die Bibliothek, die ein ungeheueres hölzernes Gebäude, das ehemals ein Kaufhaus war, einnimmt. Es steht am gewerbreichsten Theile der Stadt, zwar rings herum frey, läßt aber doch immer vor einem Unglück durch Feuer besorgt seyn. Die Sammlung zum Kunst-, Antiquitäten- und Naturfach ist besonders schön, so wie auch die Sammlung der Dichter und des statutarischen Rechtes von Deutschland. Bibliothekarien sind: Petersen und Hofrath Schott.
Vorher besuchten wir den Professor Thouret, bey dem ich verschiedne gute Sachen sah. Eine Allegorie auf die Wiedergenesung des Herzogs ist ihm besonders wohl gelungen. Diese sowohl als eine Allegorie auf die französische Republik, so wie Electra mit Orest und Pylades, zeugen von seiner Einsicht in die einfachen, symmetrischen und contrastirenden Compositionen, so [118] wie die Risse zu einem fürstlichen Grabe und zu einem Stadtthor sein solides Studium der Architectur. Ich werde nach diesem und nach der Zeichnung, die ich in Hohenheim von ihm gesehen, rathen, daß man bey Decorirung unseres Schlosses auch sein Gutachten einhole.
Nach Tische ging ich zu dem preußischen Gesandten von Madeweiß, der mich mit seiner Gemahlin sehr freundlich empfing. Ich sand daselbst die Gräfin Königseck, Herrn und Frau von Varchimont und einen Herrn von Wimpfen. Man zeigte mir ein paar fürtreffliche Gemählde, die dem Legationsrath Abel gehören. Eine Schlacht von Wouvermann. Die Cavallerie hat schon einen Theil der Infanterie überritten und ist im Begriff, ein zweytes Glied, das eben abfeuert, anzugreifen. Ein Trompeter, auf seinem hagern Schimmel, sprengt rückwärts, um Succurs herbey zu blasen.
Das andere Bild ist ein Claude von Mittelgröße und besonderer Schönheit, ein Sonnenuntergang, den er auch selbst radirt hat. Es ist fast keine Vegetation auf dem Bilde, sondern nur Architectur, Schiffe, Meer und Himmel.
Abends bey Herrn Capellmeister Zumsteeg, wo ich verschiedne gute Musik hörte. Er hat die Colma, nach meiner Übersetzung, als Cantate, doch nur mit Begleitung des Claviers gesetzt, sie thut sehr gute Wirkung und wird vielleicht auf das Theater zu arrangiren seyn, worüber ich nach meiner Rückkunft [119] denken muß. Wenn man Fingaln und seine Helden sich in der Halle versammeln ließe, Minona, die sänge, und Ossian, der sie auf der Harfe accompagnirte, vorstellte, und das Pianoforte auf dem Theater versteckte, so müßte die Aufführung nicht ohne Effect seyn.
Den 3ten Sept. fuhren wir ins kaiserliche Lager. Wir kamen durch Berg, worauf die Hauptattake von Moreau gerichtet war, dann auf Kanstadt, Münster sahen wir im Grunde liegen. Wir kamen durch Schmieden und fingen an das Lager zu übersehen. Der lincke Flügel lehnt sich an Mühlhausen, alsdenn zieht es sich über Altingen bis gegen Hohberg. In Neckar Rems wurden wir vom Hauptmann Jakardowsky vom General Stabe gut aufgenommen, der uns erst früh das Lager überhaupt von dem Berge bey Hohberg zeigte, und gegen Abend an der ganzen Fronte bis gegen Mühlhausen hinführte. Wir nahmen den Weg nach Kornwestheim, da wir denn auf die Ludwigsburger Chaussee kamen und so nach der Stadt zurückfuhren.
Abends bey Dannecker.
Im Lager mögen etwa 25000 Mann stehen, das Hauptquartier des Erzherzogs wird in Hohberg seyn.
Der Pfarrer in Neckar Rems heißt Zeller, der Oberamtmann von Kannstadt Seyfarth und ist ein Bruder des Professors in Göttingen.
[120] Stuttgard den 4. Sept. 97.
Nachdem ich früh verschiedenes zu Papiere gebracht und einige Briefe besorgt hatte, ging ich mit Herrn Professor Dannecker spatzieren und ich beredete hauptsächlich mit ihm meine Absichten, wie Isopi und Thouret auch für unsere weimarischen Verhältnisse zu nutzen seyn möchten. Zu Mittag speiste ich an der Table d'hote, wo sich ein junger Herr von Liven, der sich hier bey der russischen Gesandtschaft befindet, als ein Sohn eines alten academischen Freundes mir zu erkennen gab.
Hernach besuchte ich Herrn Beiling, dessen Frau sehr schön Clavier spielte, er ist ein sehr passionirter Liebhaber der Musik, besonders des Gesanges.
Aus den brillanten Zeiten des Herzog Karls, wo Jomelli die Oper dirigirte, hat sich der Eindruck und die Liebe zur italiänischen Musik bey ältern Personen hier noch lebhaft erhalten. Man sieht wie sehr sich etwas im Publiko erhält, das einmal solid gepflanzt ist. Leider dienen die Zeitumstände den Obern zu einer Art von Rechtfertigung, daß man die Künste, die mit wenigem hier zu erhalten und zu beleben wären, nach und nach, ganz sinken und verklingen läßt.
Von da zur Frau Legationsrath Abel, wo ich die beyden schönen Bilder, die ich bey Herrn von Madeweiß gesehen, nochmals wiederfand. Außer diesen war noch eine fürtreffliche und wohlerhaltene Landschaft von Nikolaus Poussin und noch ein andrer[121] Claude aus einer frühern Zeit, aber unendlich lieblich. Nach einem Spatziergang auf die Weinbergshöhen, wo man Stuttgard in seinem Umfange, und seinen verschiednen Theilen liegen sahe, gingen wir ins Theater.
Stuttgard hat eigentlich 3 Regionen und Charactere; unten sieht es einer Landstadt, in der Mitte einer Handelsstadt, und oben einer Hof- und wohlhabenden Particulierstadt ähnlich.
Den 4ten Sept. 97.
Man gab Ludwig den Springer.
Mad. Spalding, eine gute Figur, aber kalt und steif.
Pauli trocken und steif.
Vinzenz, eine gute rundliche Jugendfigur, braves Theaterbetragen, eine volle deutliche tiefe Stimme, im ganzen ein wenig roh, wird aber immer zu zweyten Rollen ein brauchbares und auf dem Theater leidliches Subject bleiben.
Gley. Nicht übel gewachsen aber, wie die meisten seiner Collegen, kalt und ohne eigentliche Energie, oder Anmuth.
Das Ballet, diesmal ein bloßes Divertissement, war aber ganz heiter und artig. Mad. Pauli, erst kurz verheirathet, eine sehr hübsche und anmuthige Tänzerinn.
Die Stuttgarder sind überhaupt mit ihrem Theater nicht übel zufrieden, ob man gleich auch hier und da darauf schilt.
[122] Merkwürdig war mirs, daß das Publikum, wenn es beysammen ist, es mag seyn wie es will, durch sein Schweigen und Beyfall ein richtiges Gefühl verräth. Sowohl im heutigen Stücke als neulich im Karlos, wurden die Schauspieler fast nie, einigemal aber das Stück applaudirt; kaum aber trat die Tänzerinn, mit ihren wirklich reizenden Bewegungen, auf, so war der Beyfall gleich da.
Den 5ten Sept.
Früh im großen Theater. Ich sah daselbst verschiedene Decorationen, welche sich noch von Colomba herschreiben. Sie müssen sich auf dem Theater sehr gut ausnehmen, denn es ist alles sehr faßlich und in großen Parthien ausgetheilt und gemahlt. Die Frankfurther Decorationen haben aber doch darinn den Vorzug, daß ihnen eine solidere Baukunst zum Grunde liegt und daß sie reicher sind, ohne überladen zu seyn, da hingegen die hießigen in einem gewissen Sinne leer genannt werden können, ob sie gleich wegen der Größe des Theaters und wegen ihrer eignen Grandiosität sehr guten Effect thun müssen.
Prof. Heidlof besorgt gegenwärtig die Theatermahlerey. Maschine um das Parterre in die Höhe zu heben.
Bey Herrn Meyer, der verschiedene gute Gemählde hat. Er zeigte mir Blumen und Fruchtstücke von einem gewissen Wolfermann, der erst mit natur-historischen [123] Arbeiten angefangen, sich aber darauf nach de Heem und Huysum gebildet und sowohl in Wasser-als Oelfarbe Früchte und Insecten außerordentlich gut macht. Da er arm ist und sich hier kaum erhält, so würde er leicht zu haben seyn und bey künftigen Decorationen fürtrefflich dienen, die Früchte, Insecten, Gefäße und was sonst noch der Art Vorkäme zu mahlen und andern den rechten Weg zu zeigen. Auch könnte man ihn zu der neuen Marmormahlerey brauchen, wenn ihn Professor Thouret darin unterrichten wollte.
Ich sah bey dem Hoftapezirer Stühle von Mahagoniholz gearbeitet, sie waren mit schwarzem gestrieften Seidenzeug überzogen, das Pekin satiné heißt und eine sehr gute Wirkung thut. Besonders artig nehmen sich daran hochrothe seidne Litzen aus, mit denen die Kanten der Kissen bezeichnet sind.
Nachmittags war ich bey Regierungsrath Frommann, der mir einige schöne eigne, so wie andere Leg. R. Abel gehörige Gemählde vorzeigte. Unter den letzten zeichnete sich besonders ein Faun aus, der eine am Baum gebundne Nymphe peitscht. Dieselbe Idee ist in den Scherzi d'amore von Carracci vorgestellt, und mag dieses Bild, das fürtrefflich gemahlt ist, wohl von Ludwig seyn. Auch dieser Liebhaber hat manches aus den französischen Auctionen für einen sehr billigen Preis erhalten. Abends bey Rapp. Vorlesung des Herrmann.
[124] Den 6ten Sept.
Früh besuchte mich Herr Professor Thouret mit dem ich über die architectonischen Decorationen sprach, Dazu kam Professor Heidlof, der leider sehr an den Augen leidet, ferner ein Oberlieutenant von Koudelka, von den Oesterreichern, ein wohlgebildeter junger Mann, ein großer Liebhaber der Musik. Darauf ging ich mit Thouret, sein Modell zum Ovalsaal in Stuttgard zu sehen, das im ganzen gut gedacht ist, nur wär die Frage: ob man den Uebergang von den langen perpendikularen Banden, der mir zu arm scheint, nicht reicher und anmuthiger machen könnte. Ich ging alsdann mit ihm, Scheffhauer und einem würtenbergischen Officier, der ganz artig mahlt, das Schloß zu besehen, wo ich nichts nachahmungswerthes fand, vielmehr unzählige Beyspiele dessen was man vermeiden soll. Die Marmore, besonders aber die Alabaster (Kalkspäthe) des Landes nehmen sich sehr gut aus, sind aber nicht zur glücklichsten Decoration verwendet. Übrigens sind die Zimmer, man möchte sagen, gemein vornehm; So z.B. auf einem gemein angestrichnen weißen Gypsgrunde viele vergoldete Architectur, so auch die Thüren bey ihren schnörkelhaften Vergoldungen mit Leimfarbe angestrichen, die Guibalischen Plafonds nach der bekannten Art. Übrigens in den Wohnzimmern des jetzigen Herzogs eine halbe Figur, die auf Guercin hindeutet. Einige Landschaften aus Birmanns früherer Zeit, ein gutes Bild von Hetsch, die [125] Mutter der Gracchen, im Gegensatz mit der eitlen Römerinn, vorstellend. In den Wohnzimmern bleiben die Fußdecken das ganze Jahr liegen, nur daß sie von Zeit zu Zeit ausgestaubt werden. Darauf an die Table d'hote, alsdann mit Dannecker zu Rapp, wo ich das merkwürdige osteologische Präparat fand. Abends in die Comödie, wo die due Litiganti von Sarti gegeben wurden.
Aufführung der Due Litiganti.
Äußerst schwach und unbedeutend. Brand gar nichts. Mams. Bambus unangenehme Nullität. Mad. Kaufmann, kleine hagre Figur, steife Bewegung, angenehme, gebildete aber schwache Stimme. Dem. Färber nichts. Krebs angenehmer Tenor, ohne Ausdruck und Action. Reuter unbedeutend. Weberling, eine gewisse Art von drolligem Humor, den man leiden mag, aber auch weiter nichts.
Ich habe mehrere, die das Theater öfters sehen, darüber sprechen hören, und da kommt es denn meist auf eine gewisse Toleranz hinaus, die aus der Nothwendigkeit entspringt diese Leute zu sehen, da denn doch jeder in einer gewissen Rolle sich die Gunst des Publikums zu verschaffen weiß.
Übrigens hat das Theater so eine seltsame Constitution, daß eine Verbesserung desselben unmöglich wird.
[126] Tübingen den 7. Sept. 97.
Früh 5 1/2 von Stuttgard. Stieg nach Hohenheim. Weinbau fährt fort. Sandstein. Auf der Höhe schöne Allee von Obstbäumen. Weite Aussicht nach den Neckarbergen. Fruchtbau. Auf und ab durch Fruchtbau und Wald in der Nähe. Echterdingen, ein wohlgebaut heiter Dorf. Pappelallee. Wald, Wiesen, Trift. Der Weg geht auf und ab, quer durch die Thäler, welche das Wasser nach dem Neckar zu schicken. Über Waldenbuch, das im Thale liegt, eine schöne Aussicht, aus eine fruchtbare, doch hügliche und rauhere Gegend, mit mehrern Dörfern, Feldbau, Wiesen und Wald. Waldenbuch artig, zwischen Hügeln gelegner Ort, sehr gemischte Cultur, Wiesen, Feld, Weinberge, Wald. Ein herrschaftlich Schloß, Wohnung des Oberforstmeisters. Wir kamen um 8 1/2 an. Ähnliche Cultur bis Dettenhausen, doch rauher und ohne Weinberg. Weiber und Kinder brachen in Gesellschaften Flachs in der Gegend. Weiter hin wird es etwas flächer. Trift, einzelne Eichbäume. Schöne Ansicht der nunmehr nähern Neckarberge; Blick ins mannichfaltige Neckarthal. Lustenau, gemischte Cultur, Wiese, Wald, Trift, Garten, Weinberg. Man sieht das Tübinger Schloß und Tübingen, eine anmuthige Aue führt bis hinein. Bey Herrn Cotta eingekehrt, Bekanntschaft mit Herrn Apotheker Dr. Gmelin. Gegen Abend mit[127] beyden ausspatziert die Gegend zu sehen. Erst das Ammerthal, dann aus dem Garten des letzten auch zugleich das Neckarthal. Ein Rücken eines Sandsteinge bürges, das aber schön bebaut ist, trennt beyde Thäler, auf einem kleinen Einschnitt dieses Rückens liegt Tübingen wie auf einem Sattel und macht Face gegen beyde Thäler. Oberhalb liegt das Schloß, unterhalb ist der Berg durchgraben, um die Ammer auf die Mühlen und durch einen Theil der Stadt zu leiten, der größte Theil des Wassers ist zu diesem Behuf weit über der Stadt in einen Graben gefaßt. Das übrige Wasser im ordentlichen Bette, so wie die Gewitterwasser laufen noch eine weite Strecke, bis sie sich mit dem Neckar vereinigen. Die Existenz der Stadt gründet sich auf die Academie und die großen Stiftungen, der Boden umher liefert den geringsten Theil ihrer Bedürfnisse. Die Stadt an sich selbst hat 3 verschiedne Charactere, der Abhang nach der Morgenseite, gegen den Neckar zu zeigt die großen Schul-, Kloster- und Seminariengebäude, die mittlere Stadt sieht einer alten zufällig zusammengebauten Gewerbstadt ähnlich, der Abhang gegen Abend, nach der Ammer zu, so wie der untere flache Theil der Stadt wird von Gärtnern und Feldleuten bewohnt, und ist äußerst schlecht und blos nothdürftig gebauet, und die Straßen sind von dem vielen Mist äußerst unsauber.
[128] Den 8ten Sept.
Mittags lernte ich die Herrn Plouquet, die beyden Gmelin und Schott kennen. In dem Plouquetischen Garten, der auf der unter der Stadt wieder aufsteigenden Berghöhe liegt, ist die Aussicht sehr angenehm, man sieht in beyde Thäler, indem man die Stadt vor sich hat. An der Gegenseite des Neckarthals zeigen sich die höhern Berge nach der Donau zu in einer ernsthaften Reihe.
Den 9ten Sept.
Früh dictirt. Zu Tische waren gegenwärtig: Kielmeyer, Professor. Zahn, Hr. Cottas Associe. Zahn, Pfarrer zu Schaffhausen, zwischen Stuttgard und Calw. Hasenmeyer, Bankier. Weber, Secretair.
Gegen Abend mit Herrn Cotta auf dem Schlosse, welches eine sehr schöne Aussicht hat. In den Zimmern finden sich sowohl an Decken als an Wänden und Fenstern artige Beyspiele der alten Verzierungsmanier, oder vielmehr jener Art die Theile des innern Ausbaus nach gewissen Bedürfnissen oder Begriffen zu bestimmen. Da man denn doch bey einem Baumeister manchmal solche Angaben fordert, so wird er hier verschiedne Studien, die mit Geschmack gebraucht, gute Wirkung thun würden, machen können.
Abends die kleine Kantische Schrift gegen Schlosser, so wie den Gartenkalender und die wirtenbergische kleine Geographie durchgelesen und angesehen.
[129] Den 10ten Sept.
Früh mit Professor Kielmeyer, der mich besuchte, verschiednes über Anatomie und Physiologie organischer Naturen. Sein Programm zum Behuf seiner Vorlesungen wird ehestens gedruckt werden. Er trug mir verschiedene Gedanken vor, wie er die Gesetze der organischen Natur an allgemeine physische Gesetze anzuknüpfen geneigt ist, z.B. der Polarität, der wechselseitigen Stimmung und Correlation der Extreme, der Ausdehnungskraft expansibler Flüssigkeiten.
Er zeigte mir meisterhafte naturhistorische und anatomische Zeichnungen, die nur, des leichtern Verständnisses halber, in Briefe eingezeichnet waren, von George Cuvier, von Mümpelgard, der gegenwärtig Professor der comparirten Anatomie, am National Institut, in Paris ist. Wir sprachen verschiednes über seine Studien, Lebensweise und Arbeiten. Er scheint durch seine Gemüthsart und seine Lage nicht der völligen Freyheit zu genießen, die einem Mann von seinen Talenten zu wünschen wäre.
NB. Banks zoologische Bibliothek.
Über die Idee, daß die höhern organischen Naturen, in ihrer Entwicklung einige Stufen vorwärts machen, auf denen die andern hinter ihnen zurückbleiben. Über die wichtige Betrachtung der Häutung, der Anastomosen, des Systems der blinden Därme, der simultanen und successiven Entwicklung.
[130]Den 11ten.
Dictirt an verschiedenen Aufsätzen nach Weimar bestimmt. In der Kirche, Besichtigung der farbigen Fenster im Chor. Aufsatz darüber. Mittags Professor Schnurrer, nach Tische Visiten, bey den Herren die ich hier im Hause hatte kennen lernen, so wie bey Professor Meyer. Abends die Nachricht von der erklärten Fehde des Directoriums mit dem Rathe der 500. Regnichter Tag.
Den 12ten.
Früh Expedition nach Weimar. Machten mir Prof. Plouquet und Meyer den Besuch. Mittags Prof. Abel. Regnichter Tag. Nach Tische auf der Bibliothek, fand den Antonius de Dominis, sodann zu Prof. Schnurrer. Abends bei Prof. Meyer, wo gegenwärtig waren:
Herr u. Fr. Geh. Leg. R. Kaufmann, wegen des Erzherzogs hier
Hr. Kammerherr von der Lühe, wegen des Hofgerichts
Hr. von Reuschach. wegen des Hofgerichts
Hr. Oberlieutenant ...... blessirt.
War eine bestimmtere Nachricht von den Veränderungen in Paris vom 4ten Sept. angekommen.
Den 13. Sept.
Früh die Souvenirs de Mon voyage a Paris von Meister hinausgelesen. Auszug aus dem Antonius de Dominis, dann mit Prof. Schnurrer im Seminario. Zu Mittag Hr. Zahn. Nach Tische kamen Hofrath [131] Gmelin und Prof. Tafinger, auch Dr. Gmelin. Ich ging den Erzherzog ankommen zu sehen, der im Collegio Illustri abstieg. Graf Belle Garde war bey ihm. Mit Herrn Cotta nachher spatzieren an dem Mühlbache im Ammerthale hinauf, dann über die Weinbergshöhen und wieder zurück.
Den 14ten Sept.
Früh den Auszug des de Dominis geendigt. Ordnung gemacht. Zu Geheime Rath von Seckendorf. Prof. Kielmeyer traf ich nicht an. Mittag speiste Secret. Weber mit. Nach Tische kamen Prof. Maier und Gmelin. Sodann ging ich mit Herrn Cotta zu Prof. Storr, der uns sein Naturalienkabinet, welches im Institute steht, sehen ließ. Er hat durch den Ankauf des Pasquaytischen Kabinets in Frankfurth vor ohngefähr 16 Jahren eine große Acquisition gemacht und ist besonders an Madreporen, Milleporen, Muscheln und andern Seeproducten reich. Auf seiner Schweizerreise hat er schöne Mineralien gesammelt und durch seine Connexionen in Norden, besonders mit Spengler in Coppenhagen, der auch Pasquay viel geschafft hatte, wichtig vermehrt. Das Mineralienkabinet steht in einem Thürmchen des Gebäudes und nicht so gut als der übrige zoologische Theil.
Den 15ten Sept. 97.
Früh Absendung nach Weimar. Überlegung ob nicht die Lieder von der Müllerinn zu einer Operette[132] Anlaß geben könnten. Promenade ins Neckarthal. Mittags Prof. Maier. Verschiednes über die Thüringischen, Kielischen, Würtenbergischen Verhältnisse. Nach Tische Spittlers Nebeninstruction gelesen, dann auf den Thurm die Gegend noch einmal zu übersehen.
Gelegentlich durchzudenken und aufzusetzen.
1. Schema von einer vollständigen doch im Personal eingeschränkten Kunstacademie.
2. Schema von Kunst und Handwerk, bezüglich auf die innere Decoration eines Schlosses.
3. Über das Darzustellende oder über die Gegenstände, welche die verschiednen Künste bearbeiten können und sollen.
4. Über die Behandlung der verschiednen Gegenstände durch die verschiednen Künste, je nachdem die Mittel und Zwecke dieser letzten verschieden sind.
5. Von der sinnlichen Stellung oder Zusammenstellung der Theile.
6. Von den verschiednen Darstellungen bezüglich auf ihren tiefern Gehalt und Wirkung.
Nackte Darstellungen.
Repräsentative.
Symbolische.
Allegorische.
[133]Reise von Tübingen nach Stäfe.
Den 16. Sept.
Früh 4 Uhr aus Tübingen. Im Grunde der Steinlach, welche rechts blieb. Tulfingen im Grunde, auf den Höhen Feldbau. Durch ein Ende von Tulfingen geht die Chaussee, links Nehren, rechts Ofterdingen, in einiger Entfernung links höhere, mit Wald bewachsne Berge, mehr Wiesewachs. Links ein altes Schloß, Wiesen und Weide. Sobald man aus dem Wirtenbergischen kommt schlechter Weg, links auf dem ganzen Wege hat man Berge, an deren Fuß sich ein Thal bildet, in welchem die Steinlach hinfließt. Hechingen zum Theil im Grunde, ein Theil der Stadt mit dem Schlosse auf der Anhöhe. Links weiter unten zwischen Wiesen und Feldern ein Kloster, hinter dem Zwischenraume Hohenzollern auf dem Berge, die Ansicht bey der Einfahrt in Hechingen sehr schön. Auf der Brücke seit langer Zeit der erste heilige Nepomuck, war aber auch wegen der schlechten Wege nöthig. Ich kam um 7 1/2 Uhr an. Sehr schöne Kirche. Betrachtung über die Klarheit der Pfaffen in ihren eignen Angelegenheiten und die Dumpfheit, die sie verbreiten. Beynahe könnte mans von Philosophen umgekehrt sagen, die einzige richtige Wirkung des Verbreitungsgewerbes.
[134] Von Hechingen hinaus schöne Garten und Baumstücke, schöne Pappelanlagen, abhängige Wiesen und freundliches Thal. Nach dem Schloß Hohenzollern zu schöne weite Aussicht. Die Berge links gehen immer fort so wie das Thal zu ihren Füßen. Wessingen. Auf der Chaussee, wie auch schon eine Weile vorher, sehr dichter inwendig blauer Kalkstein mit splittrig muschlichem Bruche, fast wie der Feuerstein. Steinhofen. Eine hübsche Kirche auf der Höhe. Hier und in einigen Dörfern vorher war bey den Dorfbrunnen eine Art von Heerd eingerichtet, auf dem das Wasser zum Waschen auf der Stelle heiß gemacht wird. Der Feldbau ist überhaupt der einer rauheren Gegend, man sah noch viel Kartoffeln, Hanf, Wiesen und Triften. Engstlatt zwischen angenehmen Hügeln im Grunde, seitwärts Berge.
Bahlingen. Gleichfalls eine schöne Gegend, links in einiger Entfernung hohe waldige Berge, bis an deren steilern Fuß sich fruchtbare Hügel hinauf erstrecken. Angekommen um 10 Uhr. Der Ort liegt zwischen fruchtbaren, mehr oder weniger steilen, zum Theil mit Holz bewachsnen Hügeln und hat in einiger Entfernung gegen Süd-Ost hohe holzbewachsne Berge. Die Eyach fließt durch schöne Wiesen. Diese erst beschriebne Gegend sah ich auf einem Spatziergange hinter Bahlingen. Hohenzollern ist rückwärts noch sichtbar. Die Eyach läuft über Kalkfelsen, unter denen große Bänke von Versteinerungen sind. Der[135] Ort selbst wäre nicht übel, er ist fast nur eine lange und breite Straße, das Wasser läuft durch und stehen hin und wieder gute Brunnen, aber die Nachbarn haben ihre Misthaufen in der Mitte der Straße am Bach, in den alle Jauche läuft und woraus doch gewaschen und zu manchen Bedürfnissen unmittelbar geschöpft wird. An beyden Seiten an den Häusern bleibt ein nothdürftiger Platz zum Fahren und Gehen. Beym Regenwetter muß es abscheulich seyn. Überdies legen die Leute, wegen Mangel an Raum hinter den Häusern, ihren Vorrath von Brennholz gleichfalls auf die Straße, und das Schlimmste ist, daß nach Beschaffenheit der Umstände fast durch keine Anstalt dem Übel zu helfen wäre. Endingen. Man behält die Berge noch immer links. Erzingen. Feldbau. Dotternhausen. Bis dahin schöne schwarze Felder, scheinen aber feucht und quellig. Hinter dem Ort kommt man dem Berge näher. Schömberg. Starker Stieg, den vor einigen Jahren ein Postwagen hinunterrutschte. Der Ort ist schmutzig und voller Mist, er ist wie Balingen als Städtchen enge gebaut und in Mauern gezwengt und wird von Güterbesitzern bewohnt, die nun keine Höfe haben. Man findet auf der Höhe wieder eine ziemliche Fläche, wo Acker und Weide ist, man schaffte den Hafer hier erst hinein. Man kommt immer höher, es zeigen sich Fichten, große flache Weidplätze, dazwischen Feldbau. Man kommt an einen einzelnen Hof. Das Terrain fällt [136] gegen Mittag, die Wasser fließen aber noch immer nach dem Neckar zu, es kommen mehr Fichtenwäldchen. Wellendingen, wir hielten um 3 Uhr an. Muschelkalkbänke mit Versteinerungen, starker Stieg gegen Frittlingen. Boden und Cultur wird etwas besser, eine fruchtbare mehr oder weniger sanfte Tiefe. Links liegt Aldingen. Rother Thon, darunter Sandstein von dem weißen mit der Porzellanerde. Cultur auch der undankbarsten Felder, Bergrücken und ehemaligen Triften. Man kommt auf eine schöne Fläche und fühlt, daß man hoch ist. Man wendet sich durch Aldingen, es ist ein heitrer weitläufig gebauter Ort, links Gebürg-Höhen worauf ein Schlößchen liegt. Hofen, Spaichingen, Balgheim, man hat die höchste Höhe erreicht.
Rieden. Die Wasser fallen der Donau zu. Horningen. Man fährt durch ein enges Thal hinabwärts. Es ward Nacht. 8 1/2 in Tuttlingen.
Den 17. Sept. 97.
Von Tuttlingen um 7 Uhr. Der Nebel war sehr stark; ich ging noch vorher die Donau zu sehen. Sie scheint schon breit, weil sie durch ein großes Wehr gedämmt ist. Die Brücke ist von Holz und ohne bedeckt zu seyn mit Verstand auf die Dauer construirt, die Tragewerke liegen in den Lehnen und die Lehnen sind mit Brettern verschlagen und mit Schindeln gedeckt. Hinter Tuttlingen geht es gleich anhaltend[137] bergauf. Kalkstein mit Versteinerungen. Gute und wohlfeile Art einer Lehne am Wege: viereckt längliche Löcher in starke Hölzer eingeschnitten, lange dünne Stämme getrennt und durchgeschoben; wo sich zwey einander mit dem obern und untern Ende berühren, werden sie verkeilt.
Der Nebel sank in das Donauthal, das wie ein großer See, wie eine überschneite Fläche aussah, indem die Masse ganz horizontal und mit fast unmerklichen Erhöhungen niedersank. Oben war der Himmel völlig rein.
Überhaupt muß man alle Wirtenbergische Anstalten von Chausseen und Brücken durchaus loben.
Man steigt so hoch, daß man mit dem Rücken der sämmtlichen Kalkgebürge, zwischen denen man bisher durchfuhr, beynah gleich zu seyn scheint. Die Donau kommt von Abend der geflossen, man sieht weit in ihr Thal hinauf, und wie es von beyden Seiten eingeschlossen ist, so begreift man, wie ihr Wasser weder südwärts nach dem Rhein, noch nordwärts nach dem Neckar fallen könne. Man sieht auch ganz hinten im Grunde des Donauthals die Berge quer vor liegen, die sich an der rechten Seite des Rheins bey Freyburg hinziehen und den Fall der Wasser nach Abend gegen den Rhein zu verhindern.
Die neue Saat des Dinkels stand schon sehr schön; man säet hier früh, weil es auf den Höhen zeitig einwintert.
[138] Es thut sich die Aussicht auf, links nach dem Bodensee und nach den Bergen von Graubünden, vorwärts nach Hohentwiel, Thängen und dem Fürstenbergischen. Man hat das Donauthal nunmehr rechts und sieht jenseits desselben die Schlucht, durch die man herunter gekommen; man erkennt sie leicht an dem Schlößchen das über Aldingen liegt.
Die Straße wendet sich gegen Abend. Nachdem man lange kein Dorf gesehen, sieht man in einem breiten fruchtbaren Thal, dessen Wasser nach dem kleinern Bodensee zufallen, Hattingen liegen, einen Ort zu dem man sich denn auch südwärts wieder hinunter wendet. Die Ansicht ist sehr interessant und vorschweizerisch. Hinten charakteristische mit Wald bewachsne Berge, an deren sanftern Abhängen Fruchtbau sich zeigt; dann im Mittelgrunde lange über Hügel und Thäler sich erstreckende Waldungen, zunächst wieder wohlgebautes Feld.
Hier, so wie schon drüben über der Donau, viele abgerundete Geschiebe, aber alles Kalk wie die Felsen selbst. Man denkt sich, wie durch die ehemaligen Brandungen, Meerströme und Strudel die losgewordnen Theile der Gebürge an ihrem Fuße abgerundet worden.
Hinter Hattingen guter Boden, anfangs stark mit Steinen gemischt, nachher weniger und dann meist rein. Einiges schien Neubruch und war es auch, denn die Äcker bleiben 9 Jahre als Wiese liegen und [139] werden dann wieder andere 9 Jahre benutzt. Einige Steinbrüche zum Behuf der Chaussee zeigen, daß der Kalkfels nicht tief unter der fruchtbaren Erde liegt.
Man kommt durch gemischte Waldungen über Hügel und Thäler, es geht einen starken Stieg hinunter und angenehme Waldthäler setzen fort.
Wir fanden eine Pflanze ...... bey der, außer ihrer Gestalt, merkwürdig ist, daß viele Insecten aller Art sich in ihren Saamenkapseln nähren. Attig mit reifen Früchten zeigte sich auch. Ein Holzschlag, Kohlenmeiler. Gentianen. Das waldige Thal geht neben einem Wiesengrunde angenehm fort, Schneidemühlen, einiger Fruchtbau. Astrantia. Epilobium. Gentianen in ganzen Massen. Campaneln dazwischen. Antirrhinum. Frage, ob die Gentianen und andern Blumen nicht auch schon im Frühjahr geblüht haben.
Kleines ziemlich steiles ehemaliges Waldamphitheater, auf dem die Stöcke der abgehauenen Bäume noch stehen, zum Kartoffelfelde mühsam umgearbeitet. Das Thal verbreitert sich, und alle Leden sind wo möglich zum Feldbau umgearbeitet.
Man nähert sich Engen. Ein charakteristischer, obgleich ganz bewachsner Berg mit einem alten Schlosse zeigt sich rechts; ein kleiner Ort, der unmittelbar vor Engen liegt, ist den 8ten October 1796 von den Franzosen zum Theil abgebrannt worden. Das Städtchen selbst liegt auf einem Hügel, gedachtem [140] Berg gegenüber. Wir kamen um 11 Uhr an und rasteten.
Von Morgen her gesehen giebt Engen ein artig topographisches Bild, wie es unter dem bedeutenden Berge auf einem Hügel sich ins Thal verliert. Die Bürger des Orts thaten auf dem Rückzuge in Verbindung mit den Kaiserlichen den Franzosen Abbruch; diese letztern, als sie doch die Oberhand behielten, verbrannten mehrere Häuser vor der Stadt und bedrohten die Stadt selbst mit einem gleichen Schicksal. Ich sah daselbst eine sehr gut gekleidete kaiserliche Garnison, in der Nähe ein starkes aufgefahrnes Proviantfuhrwesen und erbärmlich gekleidete Kranke.
Um 12 Uhr fuhren wir ab. Vor der Stadt erschien wieder Weinbau. Schon oben bey dem Städtchen hatte ich die ersten Geschiebe des Gesteins von Quarz und Hornblende gefunden. Nußbäume zeigen sich wieder, schöne Wiesen und Baumstücke. Links ein artig Dorf an einer Höhe hinter einer flachen Wiese. Es öffnet sich eine schöne fruchtbare Fläche im Thal, die höheren Felsen scheinen nunmehr eine andere Steinart zu seyn, um die sich der Kalkstein herumlegt. Viel weiße Rüben werden gebaut. Man kommt nach Welschingen, einem leidlichen Ort. Man steigt wieder stark bis gegen Weiterdingen. Es finden sich hier viel Geschiebe von farbigem Quarz mit weißen Adern, rother Jaspis, Hornblende in Quarz.
[141] Man übersieht nunmehr von Engen das schöne Thal rückwärts. In den fruchtbaren Feldern liegen weitläufige Dörfer, und jener steile Berg zeigt sich nun in seiner Würde an der linken Seite.
Vorwärts liegt Hohentwiel, hinten die Graubünder Berge im Dunste am Horizonte kaum bemerklich.
Man kommt durch Weiterdingen. Links ein sehr schönes Wiesenthal, über demselben Weinbau. Auf eben der Seite liegt Hohentwiel, man ist nunmehr mit dieser Festung in gleicher Linie und sieht die große Kette der Schweizer Gebürge vor sich.
Hilzingen liegt in einem weiten Thale zwischen fruchtbaren Hügeln, Feldbau, Wiesewachs und Weinberg umher.
Die Pässe wurden daselbst von einem österreichischen Wachmeister unterzeichnet, und der Amtschreiber stellte einen Cautionsschein aus, daß die Pferde wiederkommen würden.
Man steigt lange und sieht immer das Thal von Hilzingen hinter und neben sich, so wie Hohentwiel.
Sie nennen hier zu Lande einen Hemmschuh nicht ungeschickt einen Schleiftrog.
Ebringen. Nun geht es weiter über verschiedne fruchtbare Hügel; die höhern Berge sind mit Wald und Büschen besetzt. Viel Weinbau am Fuße eines Kalkfelsens. Meist blaue Trauben, hingen sehr voll. Thayingen, der erste schweizerische Ort, guter Wein. Müller, Gastwirth zum Adler.
[142] Herblingen, starker Weinbau. Fruchtfeld. Wald links.
Kalkstein, mit einem muschlichen Bruche, fast feuersteinartig.
Vor Schaffhausen alles umzäunt, die Besitzungen immer abgetheilt und gesichert, alles scheint Gartenrecht zu haben und hat es auch. Die Stadt selbst liegt in der Tiefe, ein schmaler angenehmer Wiesengrund zieht sich hinab, man fährt rechts und hat auf derselben Hand Gartenhäuser und Weinberge neben sich. Links ist der Abhang mehr oder weniger steil. Bey einem großen Hause, das unten steht, geht man durch eine Brücke zum Dach hinein. Höchst anmuthige Abwechslung von großen und kleinen Gärten und Höfen. Man sieht das Schloß vor sich. Die Gartenhäuser vermehren sich und werden ansehnlicher. Nach der Stadt zu steigen die Weinberge weit hinauf, links wird der Abhang nach dem kleinen Thale zu sanfter.
Schaffhausen, den 17ten Sept. Abends.
Im Gasthof zur Krone gutes Zimmer. Kupfer, Geschichte der traurigen Epoche Ludwigs XVI. Betrachtung dabey weiter auszuführen.
An der Table d'hote Emigranten, Dame, Gräfin, Condéische Officiere, Pfaffen, Oberst Landolt.
Bemerkung eines gewissen stieren Blicks der Schweizer, besonders der Zürcher.
[143] Den 18ten früh.
Um 6 1/2 Uhr ausgefahren. Grüne Wasserfarbe, Ursache derselben.
Nebel, der die Höhen einnahm. Die Tiefe war klar, man sah das Schloß Laufen halb im Nebel. Der Dampf des Rheinfalls, den man recht gut unterscheiden konnte, vermischte sich mit dem Nebel und stieg mit ihm auf.
Gedanke an Ossian. Liebe zum Nebel bey heftig innern Empfindungen.
Uhwiesen, ein Dorf. Weinberge, unten Feld.
Oben klärte sich der Himmel langsam auf, die Nebel lagen noch auf den Höhen.
Laufen. Man steigt hinab und steht auf Kalkfelsen.
Theile der sinnlichen Erscheinung des Rheinfalls, vom hölzernen Vorbau gesehen. Felsen, in der Mitte stehende, von dem höhern Wasser ausgeschliffne, gegen die das Wasser herabschießt.
Ihr Widerstand; einer oben, und der andere unten, werden völlig überströmt. Schnelle Wellen. Locken Gischt im Sturz, Gischt unten im Kessel, siedende Strudel im Kessel.
Der Vers legitimirt sich:
Es wallet und siedet und brauset und zischt pp.
Wenn die strömenden Stellen grün aussehen, so erscheint der nächste Gischt leise purpurgefärbt.
[144] Unten strömen die Wellen schäumend ab, schlagen hüben und drüben ans Ufer, die Bewegung verklingt weiter hinab, und das Wasser zeigt im Fortfließen seine grüne Farbe wieder.
Erregte Ideen.
Gewalt der Sturzes. Unerschöpfbarkeit als wie ein Unnachlassen der Kraft. Zerstörung, Bleiben, Dauern, Bewegung, unmittelbare Ruhe nach dem Fall.
Beschränkung durch Mühlen drüben, durch einen Vorbau hüben; ja es war möglich, die schönste Ansicht dieses herrlichen Natur-Phänomens wirklich zu verschließen.
Umgebung. Weinberge, Feld, Wäldchen.
Bisher war Nebel, zu besonderm Glücke und Bemerkung des Details; die Sonne trat hervor und beleuchtete auf das schönste schief von der Hinterseite das Ganze. Das Sonnenlicht theilte nun die Massen ab, bezeichnete alles vor- und zurückstehende, verkörperte die ungeheure Bewegung. Das Streben der Ströme gegen einander schien gewaltsam zu werden, weil man ihre Richtung und Abtheilungen deutlicher sah. Stark spritzende Massen aus der Tiefe zeichneten sich beleuchtet nun vor dem feinern Dunst aus, ein halber Regenbogen erschien im Dunste.
Bey längerer Betrachtung scheint die Bewegung zuzunehmen. Das dauernde Ungeheuer muß uns immer wachsend erscheinen; das vollkommne muß uns erst [145] stimmen und uns nach und nach zu sich hinaufheben. So erscheinen uns schöne Personen immer schöner, verständige verständiger.
Das Meer gebietet dem Meer. Wenn man sich die Quellen des Oceans dichten wollte, so müßte man sie so darstellen.
Nach einiger Beruhigung verfolgt man den Strom in Gedanken bis zu seinem Ursprung und begleitet ihn wieder hinab.
Beym Hinabsteigen nach dem flächern Ufer Gedanken an die neumodische Parksucht.
Der Natur nachzuhelfen, wenn man schöne Motive hat, ist in jeder Gegend lobenswürdig; aber wie bedenklich es sey, gewisse Imaginationen realisiren zu wollen, da die größten Phänomene der Natur selbst hinter der Idee zurückbleiben.
Ich fuhr über. Der Rheinfall von vorn, wo er faßlich ist, bleibt noch herrlich, man kann ihn auch schon schön nennen. Man sieht schon mehr den stufenweisen Fall und die Mannigfaltigkeit in seiner Breite; man kann die verschiednen Wirkungen vergleichen, vom unbändigsten rechts bis zum nützlich verwendeten links.
Über dem Sturz die schöne Felsenwand, an der man das Hergleiten des Stromes ahnden kann; rechts das Schloß Laufen. Ich stand so, daß das Schlößchen Wörth und der Damm, der von ausgeht, den linken Vordergrund machten. Auch auf dieser Seite [146] sind Kalkfelsen, und wahrscheinlich sind auch die Felsen in der Mitte des Sturzes Kalk.
Schlößchen Wörth.
Ich ging hinein, um ein Glas Wein zu trinken.
Alter Eindruck bey Erblickung des Mannes.
Ich sah Trippels Bild an der Wand und fragte, ob er etwa zur Verwandtschaft gehörte. Der Hausherr, der Geltzer heißt, war mit Trippel durch Mütter Geschwisterkind. Er hat das Schlößchen mit dem Lachsfang, Zoll, Weinberg, Holz u.s.w. von seinen Voreltern her im Besitz, doch als Schupf-Lehn, wie sie es heißen. Er muß nämlich dem Kloster oder dessen jetzigen Successoren die Zolleinkünfte berechnen, 2/3 des gefangenen Lachses einliefern, auf die Waldung Aufsicht führen und daraus nur zu seiner Nothdurft schlagen und nehmen; die Nutzung des Weinberges und der Felder gehört ihm zu, und er giebt jährlich überhaupt nur 30 Thaler ab. Und so ist er eine Art von Lehenmann und zugleich Verwalter. Das Lehn heißt Schupf-Lehn deswegen, weil man ihn, wenn er seine Pflichten nicht erfüllt, aus dem Lehn herausschieben oder schuppen kann. Er zeigte mir seinen Lehnbrief von Anno 62, der alle Bedingungen mit großer Einfalt und Klarheit enthält. Ein solches Lehn geht auf die Söhne über, wie der gegenwärtige Besitzer die ältern Briefe auch noch aufbewahrt. Allein im Briefe selbst steht nichts davon, obwohl von einem[147] Regreß an die Erben darinn die Rede ist. Um 10 Uhr fuhr ich bey schönem Sonnenschein wieder hinüber. Der Rheinfall war noch immer seitwärts von hinten erleuchtet, schöne Licht- und Schattenmassen zeigten sich sowohl von dem Laufenschen Felsen als von den Felsen der Mitte.
Ich trat wieder auf die Bühne an den Sturz heran, und ich fühlte, daß der vorige Eindruck schon verwischt war; es schien gewaltsamer als vorher zu stürmen. Wie schnell sich doch die Nerve wieder in ihren alten Zustand herstellt. Der Regenbogen erschien in seiner größten Schönheit; er stand mit seinem ruhigen Fuß in dem ungeheuern Gischt und Schaum, der, indem er ihn gewaltsam zu zerstören droht, ihn jeden Augenblick neu hervorbringen muß.
Beobachtungen und Betrachtungen.
Sicherheit neben der entsetzlichen Gewalt.
Durch das Rücken der Sonne noch größere Massen von Licht und Schatten.
Da nun kein Nebel ist, scheint der Gischt gewaltiger, wenn er über den reinen Himmel und die reine Erde hinauffährt.
Die dunkle grüne Farbe des abströmenden Flusses ist auch auffallender.
Wir fuhren zurück.
Wenn man nun den Fluß nach dem Falle hinabgleiten sieht, so ist er ruhig, seicht und unbedeutend. [148] Alle Kräfte, die sich gelassen successiv einer ungeheuern Wirkung nähern, sind ebenso anzusehen. Mir fielen die Colonnen ein, wenn sie auf dem Marsche sind. Man sieht nun links über die bebaute Gegend und Weinhügel mit Dörfern und Höfen belebt und mit Häusern wie besäet. Ein wenig vorwärts Hohentwiel und, wenn ich nicht irre, die vorstehenden Felsen bey Engen und weiter herwärts. Rechts die hohen Gebürge der Schweiz in weiter Ferne hinter den mannigfaltigsten Mittelgründen. Auch bemerkt man hinterwärts gar wohl an der Gestalt der Berge den Weg, den der Rhein nimmt.
In dem Dorf Uhwiesen fand ich in der Zimmerarbeit Nachahmung der Mauerarbeit. Was sollen wir zu dieser Erscheinung sagen, da das Gegentheil der Grund aller Schönheit unsrer Baukunst ist.
Auch sah ich wieder Mangold, nahm mir vor, Saamen davon mitzunehmen und künftigen Sommer unsern Wieland zu tractiren.
Ich wurde abermals dran erinnert, wie das Sentimentale das Ideale auf einen einzelnen Fall anwendet und deswegen meistens schief ist.
Schafhausen lag mit seiner Dächermasse links im Thale.
Schafhauser Brücke schön gezimmert, höchste Reinlichkeit. In der Mitte einige Sitze, hinter denen die Öffnungen mit Glasfenstern zugeschlossen sind, damit man nicht im Zuge sitze.
[149] Unterm Thore des Wirthshauses fand ich ein paar Franzosen wieder, die ich auch am Rheinfall gesehen hatte. Der eine war wohl damit zufrieden, der andere aber sagte: C'est asses joli, mais pas si joli que l'on me l'avait dit. Ich möchte die Ideen des Mannes und seinen Maasstab kennen.
Bey Tische saß ich neben einem Manne, der aus Italien kam und ein Mädchen von ohngefähr 14 Jahren, eine Engländerin, Namens Dillon, deren Mutter, eine geborne D'Alston, in Padua gestorben war, nach England zurückführte. Er konnte von der Theurung in Italien nicht genug sagen. Ein Pfund Brot kostet 20 französische Sous und ein paar Tauben einen kleinen Thaler.
Makaronische Uniform französischer edlen Cavalleristen. Fürchterliches Zeichen der drey schwarzen Lilien auf der weißen Binde am Arm.
eodem.
Um 3 Uhr fuhr ich wieder nach dem Rheinfall. Mir fiel die Art wieder auf, an den Häusern Erker und Fensterchen zu haben. Sogar haben sie ein besonderes Geschick, solche Guckscharten durch die Mauern zu bohren und sich eine Aussicht, die niemand erwartet, zu verschaffen.
Wie nun dieses die Lust anzeigt, unbemerkt zu sehen und zu beobachten, so zeigen dagegen die vielen Bänke an den Häusern, welche an den vornehmern [150] geschnitzt, aufgeschlagen und zugeschlossen sind, von einer zutraulichen Art nachbarlichen Zusammenseyns, wenigstens voriger Zeit.
Viele Häuser haben bezeichnende Inschriften, auch wohl manche selbst ein Zeichen, ohne grade ein Wirthshaus zu seyn.
Ich fuhr am rechten Rheinufer hin; rechts sind schöne Weinberge und Gärten, der Fluß strömt über Felsbänke mit mehr oder weniger Rauschen.
Man fährt weiter hinauf. Schafhausen liegt nun in der Tiefe; man sieht die Mühlen, die vor der Stadt den Fluß herabwärts liegen. Die Stadt selbst liegt wie eine Brücke zwischen Deutschland und der Schweiz. Sie ist wahrscheinlich durch die Hemmung der Schiffahrt durch den Rheinfall in dieser Gegend entstanden.
Ich habe in derselben nichts geschmackvolles und nichts abgeschmacktes bemerkt, weder an Häusern, Gärten, Menschen und Betragen.
Der Kalkstein, an dem man vorbey fährt, ist sehr klüftig, so wie auch der drüben bey Laufen. Das wunderbarste Phänomen beym Rheinfall ist mir daher die Felsen, welche sich in dessen Mitte so lange erhalten, da sie doch wahrscheinlich von derselben Gebirgsart sind.
Da sich der Fluß wendet, so kommen nun die Weinberge an das entgegengesetzte Ufer, und man fährt diesseits zwischen Wiesen und Baumstücken durch. [151] Dann erscheinen drüben steile Felsen und hüben die schönste Cultur.
Bey der Abendsonne sah ich noch den Rheinfall von oben und hinten, die Mühlen rechts, unter mir das Schloß Laufen, im Angesicht eine große herrliche, aber faßliche, in allen Theilen interessante, aber begreifliche Naturscene: man sieht den Fluß heranströmen und rauschen, und sieht wie er fällt.
Man geht durch die Mühlen durch in der kleinen Bucht. Bey den in der Höhe hervorstehenden mancherley Gebäuden wird selbst der kleine Abfall eines Mühlwassers interessant, und die letzten diesseitigen Ströme des Rheinfalls schießen aus grünen Büschen hervor. Wir gingen weiter, um das Schlößchen Wörth herum. Der Sturz war zu seinem Vortheil und Nachtheil von der Abendsonne grade beleuchtet; das Grün der tieferen Strömungen war lebhaft, wie heute früh, der Purpur aber des Schaumes und Staubes viel lebhafter.
Wir fuhren näher an ihn hinan; es ist ein herrlicher Anblick, aber man fühlt wohl, daß man keinen Kampf mit diesem Ungeheuer bestehen kann.
Wir bestiegen wieder das kleine Gerüste, und es war eben wieder als wenn man das Schauspiel zum erstenmal sähe. In dem ungeheuern Gewühle war das Farbenspiel herrlich. Von dem großen überströmten Felsen schien sich der Regenbogen immerfort herabzuwälzen, indem er in dem Dunst des herunterstürzenden [152] Schaumes entstand. Die untergehende Sonne färbt einen Theil der beweglichen Massen gelb, in tiefen Strömungen erschienen grün, und aller Schaum und Dunst war licht purpurgefärbt; auf allen Tiefen und Höhen erwartete man die Entwicklung eines neuen Regenbogens. Herrlicher war das Farbenspiel in dem Augenblick der sinkenden Sonne, aber auch alle Bewegung schien schneller, wilder und sprühender zu werden. Leichte Windstöße kräuseln lebhafter die Säume des stürzenden Schaums, Dunst schien mit Dunst gewaltsamer zu kämpfen, und indem die ungeheure Erscheinung immer sich selbst gleich blieb, fürchtete der Zuschauer dem Übermaß zu unterliegen und erwartete als Mensch jeden Augenblick eine Katastrophe.
Im Zurückgehen legitimirte sich bei mir Denfeld, ein Schwede, durch einen Brief von Kosegarten. Er ist auf einer so genannten genialischen Fußreise begriffen.
Den 19. Sept.
Früh 6 1/2 Uhr aus Schafhausen. Berg und Thäler klar, der Morgenhimmel leicht gewölkt, im Abend dichtere Wolken.
Wir fuhren einen Theil des gestrigen Wegs. Der Baum und der Epheu Anlaß zur Elegie.
Man sah die ganze Bergreihe der Schweiz mit ihren Schneegebürgen: schönes Fruchtfeld, bewachsne[153] Berge rechts und links. Jestetten mit fruchtbarer Umgebung. Hanf und Klee, Erdäpfel, Rüben, Bohnen, Möhren, Weinbau machten das Feld noch lebendig. Das frisch umgerißne Erdreich sah sehr sauber aus. Nußbäume. Nach verschiednen Hügeln und Thälern schöne fruchtbare Fläche gegen den Rhein zu, hinten mit herrlichen Vorbergen.
Rafz. Brot den Pferden, viel Hanf, zum ersten Mal seit langer Zeit Flachs.
Hinab nach Eglisau über die Brücke. Reinlichkeit und Zierlichkeit derfelben. Ein paar Mädchen von 12 bis 14 Jahren faßen am Zoll in einem artigen Cabinette und nahmen das Wegegeld ein. Die jüngere nahm das Geld und überreichte den Zettel, indeß die ältere Buch hielt. Schöne fruchtbare Fläche zwischen waldbewachsnen Bergen. Vorwärts Pläne, Eichenwald, gerade Straße hindurch.
Bülach um 11 Uhr. Glasfenster. Nichts neues, als das schon Bekannte. Das Ausschleifen auch bey andern Farben als der Purpur. Eine sehr lichte eigentliche Purpurfarbe, die ins Violettliche fällt. Ich habe nämlich ein Stück Glas zu Hause. Auf die farbige Scheibe hinten eine andere Farbe zur Mischung gebracht, als Gelb und Blau, wodurch ein Grün entsteht; besonders nimmt sich das Gelbe auf dem erstgedachten lichten Purpur sehr schön aus. Übrigens haben sie oft auf eine sehr wunderbare und unnöthig scheinende Weise zusammengesetzt; doch findet man bey [154] näherer Betrachtung die Ursache. Auch sind sie oft und schlimm genug reparirt. Sie sind sämmtlich von 1570, aber an der starken Stellung der gerüsteten Männer, an der Gewalt der heraldischen Thiere, an den tüchtigen Körpern der Zierrathen, an der Lebhaftigkeit der Farben sieht man den Kerngeist ihrer Zeiten, wie wacker jene Künstler waren, und wie derbständig und bürgerlich vornehm sie sich ihre Zeitgenossen und die Welt dachten. Eine Scheibe mit dem doppelten Wappen der Stadt Schafhausen, über dem der kaiserliche Adler in einem Schild steht, ist fürtrefflich gemacht, und an der Krone ist der herrlichen Zierrathen kein Ende.
Von Bülach, wo es kühl und anmuthig gewesen, um halb zwey ab.
Die Flachs- und Hanfbrechen sind hier wieder anders als in Schwaben und bey uns.
Betrachtung, daß der Mensch die Rede eigentlich für die höchste Handlung hält, so wie man vieles thun darf, was man nicht sagen soll. Die Gegend hat im Ganzen nichts sonderlich Charakteristisches: links fruchtbare Pläne, vorwärts die Gebirge. Der Boden ist fruchtbar und gut gearbeitet, war an verschiednen Orten sehr kießig und mit unzähligen Geschieben übersäet. Kloten.
Gegen 6 Uhr nach Zürch bey sehr schönem Wetter. Brief an Herrn Meyer abgeschickt. Zu Frau [155] Schultheß. Bey Hrn. Ott im Schwert eingekehrt. Abends bey der Table d'hote Herr Landvoigt Im-Thurn von Schafhausen, der vom Syndicate aus Lavis zurückkehrte, und einen andern Zürcher Herrn, der gleichfalls aus Italien kam. Beyde erzählten wenig Gutes von den gegenwärtigen Umständen daselbst.
Den 20. Sept.
Ging ich bey schönem Wetter oberhalb der Stadt an den See. Auf dem Rückweg sah ich die Geistlichen von und zu dem Verbrecher hinüber und herüber fahren. Dann brachte ich den Morgen unter den hohen Linden auf dem ehemaligen Burgplatze zu.
Wenn nach gehaltnem Blutgerichte die gewöhnliche 11 Uhr Glocke geläutet wird, so ist es ein Zeichen, daß der Verbrecher begnadigt ist; hält aber die Glocke inne, so ist das Todesurtheil gesprochen, und sie giebt um halb zwölfe das Zeichen zu seiner Hinausführung. Diesmal ward er begnadigt. Es war ein falscher Münzer, der schon vorher wegen Diebstählen gebrandmarkt worden war.
Mittags bey Tische lernte ich Herrn Hauptmann Bürkli kennen. Das Wetter war sehr trüb, dem ohngeachtet ging ich nach Tische ein wenig über die neuen Anlagen nach dem Schonehof spatzieren. Auf dem Rückweg begegnete ich den Kranich. Gegen 4 Uhr kam Herr Meyer; es fiel ein starker Regen. Abends bey Tische fand ich Herrn Hofrath Müller von Wien.
[156] Den 21. Sept.
Fuhren wir gegen 8 Uhr ab. Der Tag war heiter. Wir kehrten bey Herrn Escher auf seinem Gute bey Herrliberg zu Mittage ein und kamen Abends nach Stäfe.
Den 22. Sept.
Einen trüben Tag brachten wir mit Betrachtung der von Herrn Meyer verfertigten und angeschafften Kunstwerke zu, so wie wir auch einander verschiedne Ideen und Aufsätze mittheilten. Abends machten wir noch einen großen Spatziergang den Ort hinaufwärts.
Sonnabend den 23ten.
Früh Herrn Meyers mitgebrachte Arbeiten nochmals durchgesehen. Bekanntschaft mit Mahler Diogg und mit Bannerherr Zwicki von Glarus. Abends auf den Berg zu dem sogenannten Philosophen, die Anlagen seiner Cultivation zu sehen.
Sonntags den 24ten.
Gespräch über die vorhabende rhetorische Reisebeschreibung. Wechselseitige Theilnahme. Über die Nothwendigkeit, die Terminologie zuerst festzusetzen, wornach man Kunstwerke beschreiben und beurtheilen will. Zu Mittag kamen Herr Horner und Escher der Sohn von Zürch. Abends fuhren wir auf die Uffenau und kamen mit einbrechender Nacht zurück.
[157] Montags den 25ten.
Früh Briefe nach Hause.
Donnerstag den 28ten Septembr. 97.
Um 8 Uhr von Stäfe, zu Schiffe. Glanz der Wolken über dem Ende des Sees, Sonnenblick auf Richtersschwyl und den nächsten Höhen. Nebel und Wolken über dem untern Theil nach Zürch zu. In der Mitte des Sees ist die Aussicht hinaufwärts sehr schön, man sieht Stäfe, Rappersschwyl, die Berge von Glarus, die übereinander greifenden Vorgebürge, hinter und zwischen denen der Wallenstädter See liegt, die Uffenau auf der Wasserfläche, dann den Theil des Ufers mit seinen Bergen zum Kanton Schwitz gehörig (der Buchberg) und so weiter herab bis Richtersschwyl. Dieser Ort liegt sehr artig, gleich hinter ihm steigen fruchtbare Höhen auf. Ehe man landet, sieht der obere Theil des Sees sehr weit und groß aus; Hintergrund und Seiten, wie sie schon beschrieben sind, machen sich sehr mannigfaltig. In 3/4 Stunden fuhren wir hinüber.
Der Ort ist hübsch gebauet, sehr große Wirthshäuser, ein neues mit Bädern. Eine freundliche Rhede, die Schifffahrt ist lebhaft, die Producte aus dem Canton Schwitz werden hierher geschafft und weitertransportirt, indem Schwitz selbst keinen Hafen hat und einen anzulegen von Zürch verhindert wird.
[158] Auch hat der Ort durch die Pilger, die nach Einsiedeln wallfahrten, viel Zugang. Diesen Sommer war eine große Anzahl durchgegangen, sehr viel aus Schwaben, wahrscheinlich wegen Gelübde in der Kriegsgefahr.
Wir gingen Richtersschwyl hinaus und fanden mehrere neue Häuser. Am Wege fanden wir die grauen und rothen Platten und andere entschiedene Breccien zum Gebrauche hingeschafft. Die grauen Platten haben in ihren Abwechslungen viel Ähnlichkeit mit der Harzer grauen Wacke, indem sie bald porphyr, bald breccienartig erscheinen.
Wir stiegen höher. Schöne Seeansicht; Feld- und Obstbau fährt fort, mehr Wiesen treten ein. Auf der Höhe, in einer flachen Vertiefung, die ehemals voll Wasser gestanden haben mag, guter Torf. Immerschöne reinliche Häuser zwischen den Besitzungen. Man sieht nun mittagwärts in ein hinteres, gleichfalls fruchtbares Thal. Hohe Nußbäume.
Windstürme, die an dieser Seite anschlagen und wieder gegen Stäfe zurückprallen. Wir verließen die gepflasterte Fahrstraße, der Fußpfad führt an einer Reihe von 10 Eichen vorbey, Triftplatz, herrliche Aussicht nach dem See und ringsum in die fruchtbaren Thäler, in Süden ein hoher mit Wald bewachsner Berg.
Nun wird es schon etwas rauher, Trift, Binsen, Farrnkraut, doch schöne Kirschbäume. Die graue Wacke [159] scheint die Hügel zu bilden. Ausgestochne Torfflächen. Man sieht wie durch Binsen, Haide und dergleichen sie wieder nach und nach sich ausfüllen und anwachsen können. Der Weg, den man in der Mitte gelassen, zeigt von der Güte des ehemaligen Torfes. Wir fanden einen schönen Mandelstein als Stufe. Wiesen, Frucht- und Kartoffelbau. Man wechselt so mit Benutzung des Bodens um. Hüttner See, nicht groß, er hat gute Fische und Krebse, liegt rechter Hand. Steht man darüber, so sieht das Gebirge, das man überstiegen hat, wie eine Erdenge zwischen diesem und dem Zürcher See aus.
Um 10 1/2 kamen wir in Hütten an. Landrichter Bär, Medicus und Chirurgus.
Man sprach von der jährlichen Ausführung der Kühe nach Italien, man kann etwa 3000 rechnen, höchstens fünfjährige, das Stück von 10 zu 16 Louisd'or. Gegenwärtig fürchtet man ein Verbot, da in Italien eine Seuche sich zeigen soll. Es ward auch von der Weinausfuhre gesprochen, die gegenwärtig sehr stark nach Schwaben ist; es haben sich schon Käufer zu dem diesjährigen Wein am Stock gemeldet.
Um 2 Uhr ab.
Es war ein schöner Moment. Von der Höhe den Hüttner und Zürchsee, mit dem jenseitigen Ufer des letztern, zunächst die mannigfaltigen, mit Wäldern, Frucht-, Obstbau und Wiesen geschmückten Höhen und Thäler zu sehen. Bis nach der Stadt zu war alles[160] klar, so wie hinaufwärts gegen Stäfe, Rapperschwyl, bis in die Gebirge von Toggenburg.
Herr Pfarrer Beyel von Hütten begleitete uns. Als wir schöne Stechpalmen bemerkten, sagte er: daß er auf dem Berge rechts einen starken Stamm, wie ein Mannsschenkel, etwa 12 Fuß hoch, gefunden habe.
Wir kamen an den Grenzstein zwischen Schwitz und Zürch. Man sagt, die Schwitzer haben den Aberglauben, wenn sie mit dem Stocke an die Seite des Zürcher Wappens schlagen, daß es der ganze Canton Zürch übel fühle.
Man sieht rückwärts die ganze Reihe des Albis, so wie, nach den freyen Ämtern zu, die niedern Gebirgsreihen, an denen die Reus hinfließt; der Anblick ist jenen Gegenden sehr günstig.
Auf dem Weg scheint das Gebirg grobe Breccie zu seyn und die Kalkfelsen, die hie und da aus dem Grase heraussehen, herabgestürzt. Man sieht Utznach liegen, und die Aussicht nach dem obern Theil des Sees wird immer schöner. Rechts des Fußsteiges ist eine Art von natürlichem Wall, hinter dem die Sihl herfließt. Dem ersten Anblicke nach sollte es an einigen Stellen nicht große Mühe und Kosten erfordern, den Hügel mit einem Stollen zu durchfahren und so viel Wasser als man wollte, zu Wässerung und Werken, in die unterhalb liegende Gegend zu leiten, ein Unternehmen, [161] das freylich in einem demokratischen Cantone und bey der Complikation der Grundstücke, die es betreffen würde, nicht denkbar ist.
Man wendet sich nach Schindellegi hinein, die Aussicht verbirgt sich, man kommt über die Sihl, über eine hölzerne Brücke. Man kommt in ein wildes Thal, dessen Seiten mit Fichten bewachsen sind, der reißende steinige Sihlfluß bleibt links.
Die Felsen sind ein feinerer Sandstein, der in gröbere Breccie übergeht. Man ist gleich in einer andern Welt. Man erhebt sich rechts auf kahlen Triften über das Sihlthal. Man kommt an einem Brunnen vorbey, der wegen seiner Frische berühmt ist. Triften, ferne Alpenhütten, auf ziemlich sanften Höhen.
Man kommt auf die Chaussee, die von Wollerau heraufgeht, auf welcher die Waaren von Schwitz über Steinen und zum Thurn nach Richterschwyl gebracht werden; sie ist hier flach und gut.
Man naht sich wieder der Sihl. Rechts über dem Wege zeigen sich Flußgeschiebe in großer Höhe, links fand sich ein schwarzes Quarzgestein, von der größten Festigkeit, mit Schwefelkies durchsetzt, in großen Wacken. Man verläßt die Straße und wendet sich links, Brücke über die Biber. Starker Stieg, die Gegend bleibt sich ähnlich. Um 5 Uhr sahen wir Einsiedeln, kamen gegen 6 Uhr an und logirten zum Pfauen gegen der Kirche über.
[162]Freitag, den 29. Sept. als am Michaels-Tage.
Wir besahen des Morgens die Kirche. Unsinnige Verzierung des Chors. Der Schatz wird nur zum Theil gezeigt, unter dem Vorwande, daß man, nach einem Diebstahle, die besten Sachen bey Seite gebracht habe.
In der Bibliothek stehen schöne bunte Glasscheiben, in Rahmen, an den Fenstern herum.
Im Naturalienkabinet ist ein kleiner wilder Schweinskopf, und einige andere Theile des Thiers in Sandstein, bei Utznach gefunden, merkwürdig. Ingleichen schöne Adularien, ein Granat mit natürlichen Facetten von Mittelgröße.
In dem Kupferstichkabinett, unter der Bibliothek, hängen einige der besten Kupferstiche von Martin schön.
Der Bibliothekarius führte uns nicht selbst herum; sein Klostername war Michael, und er hatte also das Recht, am Tage seines Patrons ein feyerliches Hochamt zu lesen. Wir wohnten einem Theil desselben bey, nicht sehr erbaut von der Musik.
Um 11 Uhr von Einsiedeln ab. Ein Nebel überzog den Himmel und die Gipfel der Berge, nur ein wenig blauer Himmel sah durch. Da wir kein Kyanometer bey uns hatten, schätzten wir die Erscheinung nach Ultramarin, die gegenwärtige ward nur für [163] die ultra marinische gehalten. Wir gingen das Dorf und moorige Thal hinauf; ein Fußpfad von Kieseln ist streckenweise nicht übel, ja in der Nachbarschaft von Sägemühlen mit Sägespänen bestreut. Nonnenkloster rechts, sieht wie ein Gut aus, das Gebäude ist ohne Mauer. Wir erinnerten uns der Murate in Florenz. So gingen wir im Thale der Alp, am rechten Ufer derselben, auf einem leiblichen Fußwege hin, kamen über das Bette des Flusses. Sie bringt meist Kalk, wenig Sandstein, einige Stücke sehr fest und serpentinartigen Gesteines. Bet- und Bettelzölle. Empfundne Reisen. Schiefriger Quarz. Das Alpthal erschien auch darum traurig, weil kein Vieh zu sehen war, das noch auf den höhern Alpen weidet. Schneidemühle mit schönem Breter- und Bohlenvorrath. Eine Kirche und Wirthshaus scheinen sich daran crystallisirt zu haben. Diese kleine Gruppe von Gebäuden heißt selbst Alpthal.
Nun steigt man rechts, auf einem steilen Weg in die Höhe, über Kalkfelstrümmern, Platten und Fichtenstämmen. Erster Gießbach, über demselben rauher Stieg. Schlucht nennen sie hier Tobel. Holzverschwendung, alte, stehende, ganz kahle Stämme. Knüppelstieg, rauhester Stieg. Ruheplatz beym Capellchen. Böses Augurium, daß uns noch ein starker Stieg bevorstehe. Wir kamen nun wirklich in den Nebel. Wüste Schlucht und Gießbach, darneben einige Trist und leidlicher Pfad. Röthliches Thongestein.[164] Graues schiefriges Thongestein mit ganz feinen Pflanzenabdrücken.
Wir hatten nun die Höhe des Schwitzerhakens erstiegen, allein alle Aussicht war durch nahe und ferne Nebel gehindert. Sie zogen auf die seltsamste Weise in der Tiefe und an den Höhen hin; unten über dem Thale von Schwitz schwebte ein weißer wolkenartiger, ein graulicher ließ den gegenüberstehenden Berg halb durchsehen, ein anderer drang zu unserer linken Seite von den Mythen herunter und bedeckte sie völlig.
Wir kehrten in einem einzelnen Hause ein. Als wir nach der Weite des Weges fragten, sagte man uns, daß wir wohl anderthalb Stunden brauchen würden. »Wir aber, fuhr der Mann fort, knebeln ihn wohl in einer Stunde hinunter.« Wir hatten Ursache uns dieses Ausdrucks zu erinnern, denn der Stieg war abscheulich, über schlüpfrige feuchte Matten. Man kommt über eine Brücke und findet einen bedeckten Ruheplatz. Dann ist der Weg gepflastert, aber nicht unterhalten.
Wir traten nun wieder aus der Nebelregion heraus, sahen den Lauerzer See, die Berge, die ihn einschließen, den schönen Raum, in welchem die Häuser von Schwitz liegen, und das angenehme Thal nach Brunnen hin.
Die Berggipfel waren alle mit vielfachen Wolken und Nebeln bedeckt, so daß ihre Massen selten durchblickten [165] und meist nur geahndet werden konnten. Ein seltsamer Schein in den Wolken und Nebeln zeigte den Untergang der Sonne an. Diese Hüllen lagen so gehäuft übereinander, daß man bey einbrechender Nacht nicht glaubte, daß es wieder Tag werden könne.
Sonnabend, den 30. Sept.
Schwitz, schöner Anblick des völlig grünen, mit hohen zerstreuten Fruchtbäumen und weißen Häusern übersäten Landes, die steilen dunkeln Felsen dahinter, an denen die Wolken sinkend hinstrichen. Die Mythen und übrigen Berge waren klar, der Himmel blickte an verschiedenen Orten blau durch, einige Wolken waren von der Sonne erleuchtet. Man sieht einen Streif des Vierwaldstädter Sees, beschneite Gebürge jenseits; der Eingang ins Mottenthal aus dem Thal von Schwitz erscheint links. Die Heiterkeit der Nebel war ein Vorbote der Sonne. Unaussprechliche Anmuth, sobald nur einzelne Sonnenblicke hier- und dahin streifen. Kein Besitzthum ist mit einer Mauer eingeschlossen, man übersieht alle Wiesen und Baumstücke. Die Nußbäume sind besonders mächtig.
Betrachtung über die Lage des ganzen Cantons, bezüglich auf politische Verhältnisse.
Sie rechnen hier nach Münzgulden, die Karolin zu dreyzehn Gulden.
Um ein Viertel auf Neun gingen wir bey heiterm Sonnenschein ab, herrlicher Rückblick auf die ernsten [166] Mythen. Von unten lagen sie im leichten Nebel und Rauchdunste des Ortes, am Gipfel zogen leichte Wolken hin.
Erst gepflasterter Weg, dann ein schöner gleicher Fußpfad. Hölzerne Brücke über die Motte, flache große Weide mit Nußbäumen, rechts Kartoffel- und Kohlbau. Hübsche Mädchen mit der Mutter auf den Knien, Kartoffeln ausmachend. Granitblöcke in den Mauern. Schöne fortdauernde eingeschlossne Fläche, kleiner vorliegender Hügel schließt das Thal nach dem See zu, von beyden Seiten fruchtbarer Abhang nach der Motte zu. Kirche von Brunnen auf Kalk und schiefrigem Thon. Das Thal verbreitet sich rechts, die Wiesen sind wegen der Tiefe schon saurer. Wir sahen Kühe, zu ihrer Reise über den Gotthardt, beschlagen. Bey einer Sägemühle ist ein schöner Rückblick.
Wir kamen nach Brunnen und an den See in einem schönen Moment; wir schifften uns ein. Nackte Kalkflöze, die nach Mittag und nach Mitternacht einfallen und sich gleichsam über einen Kern, auf dem sie ruhen, hinlegen. Die großen Flötze theilen sich wieder in kleinere, die sehr zerklüftet sind, so daß der Felsen an einigen Orten wie aufgemauert erscheint. Der Theil des Sees nach Stanz zu verschwindet. Freyheits-Grütli. Grüne des Sees, steile Ufer, Kleinheit der Schiffe gegen die Ungeheuern Felsmassen. Schwer mit Käse beladnes Schiff. Waldbewachsne [167] Abhänge, wenige Matten, wolkenumhüllte Gipfel, Sonnenblicke, gestaltlose Großheit der Natur. Abermals nord- und südwärts fallende Flötze, gegen Grütli über. Links steile Felsen. Confusion der Flötze hüben und drüben, die selbst in ihren Abweichungen correspondiren. Kleine Kirche, links Sisikon. Thal hineinwärts, erst gelinde ansteigende, dann steile Matten. Angenehmer Anblick der Nutzbarkeit zwischen dem Rauhsten. Die Seelinie macht das Ganze so ruhig. Schwanken der Bergbilder im See. Gegen Platten ist eine schöne Stelle, erst kahler Fels und Steinrutsche, dann anmuthige, nicht allzusteile Matten mit schönen Bäumen und Büschen umgeben, Felsen bis auf ihre höchsten Gipfel bewachsen.
Es begegneten uns Schiffe, welche Vieh transportirt hatten; wir fliegen aus in Tells Capelle. Wenn man die gegenüberstehenden Felsen, aus der Capelle, gleichsam als ein geschlossnes Bild sieht, so geben sie gleich einen andern Anblick. Freytag nach Himmelfahrt wird da gepredigt, die Zuhörer flitzen in Schiffen. Man fährt abermals an einer Felsenecke vorbey, und blickt nun ins Urner Thal. Nach einem ungeheuern steilen Felsen folgen niedere Matten. Man sieht Flüelen, schönste Alpe herwärts von demselben; hinterwärts sieht man ins flache Thal von steilen Gebirgen umgeben.
Wir gingen gegen Altorf. Hinter Flüelen schöne Wiesen, rastende Kühe, Plattenweg, Kieselbreccie mit [168] Löchern, ingleichen eine feinere; man findet eine in die andere übergehend. Schwalbenversammlung auf den Weiden.
Altorf. Wir logirten in dem schwarzen Löwen.
Artige Thürschlösser, die man von außen aufstößt und von innen aufzieht.
Kastagnetten-Rhythmus der Kinder mit Holzschuhen.
Der Ort selbst mit seinen Umgebungen erscheint im Gegensatz von Schwitz, er ist schon stadtmäßiger, und alle Gärten sind mit Mauern umgeben. Ein italiänisches Wesen scheint durch, auch in der Bauart, so sind auch die untern Fenster vergittert; die starke Passage scheint solche Vorsicht nothwendig zu machen. Hübsche Art das kurze Grummet in Netzen einzufassen.
Ton der großen Glocke der läutenden Kühe. Schellen der Maulthiere.
October (3. Reise in die Schweiz)
Sonntag, den 1ten October.
Altorf. Regen Wolken, Nebel, Schnee auf den nächsten Gipfeln. Kühe wurden durchgetrieben. Die Leute tragen kleine hölzerne Gefäße, die Thiere einige Melkstühle; denn die Leute nähren sich unterweges von der Milch.
Der Wirth zum Schwarzen Löwen heißt Franz Maria Arnold.
[169] Höflicher Abschied, Schein wechselseitiger Zufriedenheit, Weltgleichniß.
Halb neune gingen wir ab. Schöne Matten rechts und links. Nebelwesen; man weiß nicht ob sie steigen, sinken, sich erzeugen oder verzehren, wegziehen oder sich herabstürzen. Herrliche Felswände, Kalk.
Breite klare Quelle, Sonne, blauer Himmel durchblickend, an den Bergen Wolkengebilde. Kindergeschrey aus der Höhle. Steile Kalkfelsen links bis auf die Wiese herab, wie vorher bis auf die Oberfläche des Sees. Rückwärts und niedrig erschien ein fast horizontales Stück eines sehr breiten Regenbogens. Das Zickzack der Felslager erscheint wieder. An die Reus. Granitgeschiebe. Artig bemahlte saubere Kirche mit einem Jagdwunder, ohngefähr wie des heiligen Hubertus.
Rastende Kühe auf der Weide. 16 Stück kosten ohngefähr einen Louisd'or des Tags.
Zusammengestürzte Massen Gneis. Man geht von der Straße ab und kommt auf einen meist angenehmen bequemen Fußpfad bis zum Steg.
Bisher hatte das Thal meist gleiche Weite; nun schließt ein Felsstock die eine Hälfte ab, er besteht aus einem sehr quarzhaften Glimmerschiefer.
Nachmittag war das Wetter völlig schön. Gleich hinter dem Orte kommt das Wasser aus dem Maderaner Thal; man sieht einen Pilger- und Mineralogen-Weg den Berg hinauf gehen.
Wir traten unsern Weg nach dem Gotthardt an.
[170] Schiefricht Talkgestein. Etwas höher schöner Rückblick nach dem Steg. Eigenthümlicher Charakter der Gegend. Der Einblick hinaufwärts verkündigt das Ungeheure. Um halb Viere war die Sonne schon hinter dem Berge. Erster Wasserfall, zweyter schönerer. Grünlich Gestein mit viel Glimmer, Granit, schöner Wasserfall, etwas Baumtrockniß. Herrlicher Blick auf die Reus, an einer alten Fichte und einem großen Felsen vorbey. Immer Granit, mit Talk gemischtes Quarzgestein. Prächtiger Rückblick in die hinabstürzende Reus. Die Felsmassen werden immer ganzer, ungeheurer. Echo, sehr schlechter Weg, flacheres Bette der Reus. Brücke. Zweyte Brücke. Nacht. Von der Höhe Rückblick in die Tiefe; die Lichter in den Häusern und Sägemühlen nahmen sich, in der ungeheuern nächtlichen Schlucht, gar vertraulich aus. Die Herrlichkeit des Herrn nach der neusten Exegese. Wasen.
Alte Wirthin, ihre Familiengeschichten, so wie ihre Geduldslehre.
Montag, den 2ten October.
Wasen. Früh 6 Uhr, war es klar in der Nähe, Nebel an den Höhen, bald Anzeichen des blauen Himmels, und der durchdringenden Sonne.
Um 7 Uhr ab, die Nebel zertheilten sich, Schatten der Berggipfel in den Wolken. Karge Vegetation, horizontale Wolkensoffitten, unter Wasen, grüne [171] Matten mit Granitblöcken und geringen Fichtengruppen. Schöner mannigfaltiger Wasserfall, erst kleine Absätze, dann ein großer, dann theilt sich das Wasser in die Breite, sammelt sich wieder in der Mitte, und trennt sich wieder, bis es endlich zusammen in die Reus stürzt. Brücke; Wasserfall über Felsen, die noch ganz scharfkantig sind; schöne Austheilung des Wassers darüber. Man ist eigentlich in der Region der Wasserfälle. Betrachtung, daß der Vierwaldstädtersee auch darum einen sehr ruhigen Eindruck macht, weil kein Wasser in denselben hineinstürzt.
Alles sieht fast grau umher aus, von zerstreutem Granit, verwittertem Holz und graugewordnen Häusern; man sieht noch etwas Kartoffelbau und kleine Gärtchen. Granitwände unzerstörlich scheinend. Verwitterter Granit. Brücke. Die Steine derselben, die Felsen, besonders die, welche das Wasser bey hohem Strome bespült, hellgrau; Nebel, gleichsam als Gehänge über das Thal hin, Sonne an den Gipfeln, rechts die Berge durch die leichten Nebel, die sich an ihnen hinziehen, noch erleuchtend. Pflanzen werden immer dürftiger, man kommt noch vor einem ansehnlichen Wasserfall vorbey, an den Höhen sieht man durch den Nebel lange Wasserstreifen sich herunterbewegen. Granitfelsen wie aufgebaute Pyramiden, ganz glatte Wände der losen Felsstücke, Obeliskenform. Vorwärts steiles Amphitheater der Schneeberge im Sonnenlichte.
[172] Nach 8 Uhr waren wir in Göschenen. Starker Stieg. Maulthierzug. Man hatte kaum den Weg, der durch einen großen Sturz von Granitblöcken versperrt gewesen war, wieder aufgeräumt, durch Sprengen und Wegschaffen derselben. Die Holz schleppenden Weiber begegneten uns: sie erhalten im Urseler Thal 6 gr. für die Last, das Holz kostet sie 3 gr. bey Göschenen, die andere Hälfte ist ihr Tragelohn. Sturz der Reus in großen Parthien. Brücke. Inschrift in Granit dabey,Schricker; wahrscheinlich der Vorgesetzte beym Brückenbau. Das Thal Urseren baut den Weg fast bis Göschenen. Sonderbare Aussicht in die Tiefe rückwärts: Kühe und Holzträgerinnen stiegen herauf, Nebel zugleich mit. Granitwände, die trocknen Stellen sehen grau, die feuchten violett aus. Zum erstenmal beschien heut die Sonne unsern Weg und die durch ungeheure Granitblöcke schäumende Reus. Aufgeräumte, vor kurzem verschüttete Straße. Die Nebel zogen schnell die Schlucht herauf und verhüllten die Sonne. Harter Stieg. Vogelbeerbaum, mit den schönsten Früchten. Wir ließen die Kühe an uns vorbey. Fichten verschwinden ganz, Teufelsbrücke, rechts ungeheure Wand, Sturz des Wassers, Stieg, Sonne, Nebel, starker Stieg, Wandsteile der ungeheuern Felsen, Enge der Schlucht, drey große Raben kamen geflogen, die Nebel schlugen sich nieder, die Sonne war hell. Urner Loch, Urner Thal, ganz heiter, die [173] flache grüne Wiese, die Urserer Kirche, Hospital mit seinem alten Thurme, völlig wie vor Alters, der Schnee ging nicht ganz bis an die Wiese herab. Weidendes Vieh, die Berge hinter Realp waren völlig beschneyt, unten vom grünen vorstehenden Abhang, oben vom blauen Himmel begränzt. Schon war alle Mühe vergessen, der Appetit stellte sich ein. Glimmerschiefer zeigte sich an allen Seiten, Jade in einer Mauer. Schlitten mit Käsen durch den Schmutz fahrend, Bächlein zur Wässerung, übermäßige Düngung der Matten. Granit mit viel Feldspath, aber noch immer sich zum blättrigen neigend. Brücke über die Reus. Hospital, zum goldnen Löwen oder der Post eingekehrt.
Dienstag, den 3. October.
Um halb neune von Hospital aufwärts. Glimmerschiefer mit vielem und schönen Quarz, den ersten Schnee neben uns, schöner breiter gleichförmiger Wasserfall, Glimmerschieferplatten stürzen gegen den Berg ein, über die denn das Wasser hinüberströmen muß, schöne Sonne. Kahles leeres Thal, abhängige abgewitterte Seiten. Ultramarin zu 30 Scudi. Ungeheuere ganz glatte Wände des blättrigen Granites, große Massen, Platten und Blöcke desselben Gesteines, Wasserfall, ganz heiterer Himmel. Wir nahten uns nun nach und nach dem Gipfel. Moor, Glimmersand, Schnee, alles quillt um einen herum. Seen.
[174] Ich fand den Pater Lorenz noch so munter und gutes Muthes, als vor zwanzig Jahren. Seine verständigen und mäßigen Urtheile über die gegenwärtigen Verhältnisse in Mailand. Stammbuch eingeführt seit einigen Jahren. Jost Has, ein junger Mensch von Luzern, künftig zum Postboten bestimmt, 8 Monate beym Pater wohnhaft. Mineralienhandel der Köchin, große Menge Adularien. Erzählung, wo sie solche hernimmt. Mineralogische Moden: erst fragte man nach Quarzkrystallen, dann nach Feldspäthen, darauf nach Adularien und jetzt nach rothen Schörlen (Titanit).
Nach Tische gingen wir wieder herunter und waren so leicht und bald in Hospital, daß wir uns verwunderten und der Bergluft diese Wirkung zuschrieben.
Nach der Observation eines gewissen Johnston, die in des Capuziners Buch eingeschrieben ist, soll das Kloster 46'33"45''' nördlicher Breite liegen.
Im Heruntergehen bemerkten wir eigens zackige Gipfel hinter Realp, die daher entstehen, wenn die obersten Ende einiger Granitwände verwittern, die andern aber stehen bleiben. Das Wetter war ganz klar. Aus der Reusschlucht, von der Teufelsbrücke herauf, quollen starke Nebel, die sich aber gleich an den Berg anlegten.
Mittwoch, den 4ten October.
Um halb neun von Hospital ab. Völlig klarer Himmel ohne eine Spur von Wolken, es war frisch, [175] ein wenig Reif war gefallen; über Urseren, wo die Sonne hinschien, zog ein horizontaler leichter Duft. In Urseren besuchten wir die Cabinette des Landammann Nagers und Dr. Halters. Von ihren Cabinetten siehe ein mehreres Fol... Auch ist ein Specereyhändler, Carl Andreas Christen daselbst, der mit Mineralien handelt; wollte man an sie schreiben, so müßte man nicht versäumen Urselen an der Matt auf die Adresse zu setzen. Wir kehrten in den 3 Königen ein, aßen zu Mittag, der Wirth heißt Meyer. Als wir wieder gegen die Teufelsbrücke kamen, stiegen feuchte Nebel uns entgegen, vermischten sich mit dem Wasserstaub, so daß man nicht wußte, woher sie kamen und wohin sie gingen. Gleichheit der Steinart. Das Ungeheuere läßt keine Mannigfaltigkeit zu. Schnee, der die Vögel in die Schlingen jagt. Maulthierzug. Ton des Kühhornes. Mist für ein Rittergut auf dem Wege zerstreut und verderbt. Bey Göschenen ein schöner Sonnenblick, das Seitenthal herein. Nebel und Wolken vermehrten sich an den Gipfeln, unter Wasen hingen sie schon soffittenmäßig. Wir kehrten wieder am Zoll ein. 5 Franzosen des Nachts.
Donnerstag, den 5ten October.
Früh um 7 Uhr von Wasen ab. Oben war der Nebel schon vertheilt, wir kamen wieder in denselben hinab. Sonderbarer Anblick der Gebirge in Nebel [176] als ganz flacher Massen. Resoluter Wasserfall. Allgemeine Klage, daß die Bauern so geldgierig wären. Ähnlichkeit der Weiber. Reise als Halbroman zu Schreiben. Scherz über so viele halbe Genres. Wir kamen wieder in die Region der Nußbäume, und nahmen im Gasthof zum Stern am Steg wieder etwas zu uns, und gingen nachher den Fußweg gegen Altorf. Wasser- und Brodgelübde der geizigen Wirthin. Grüne Farbe des Wassers mit dem Grünen des durchscheinenden Talkes verglichen, Orangenfarbe des abgehauenen Erlenstocks. Schwaches Bret am Stieg, das gebrochen war, inzwischen wir abwesend gewesen. Anmuthige Gegend an der Reus. Naiver Ausspruch: es ist gut, aber es gefällt mir nicht. Gneis, Zickzack des Kalkes, nur im Großen. Es ist ein Fehler bei Fußreisen, daß man nicht oft genug rückwärts sieht, wodurch man die schönsten Aussichten verliert.
Wir kamen wieder zur Kirche an der Jagd-Matt, Jäger und Hunde knien vor dem Hirsch, der eine Veronika zwischen dem Geweihe hat. Die Kirche war offen und geputzt, niemand weit und breit, der darauf Acht gehabt hätte. Begriff von geistlicher und Weltlicher Polizey. Der Glimmerschiefer geht noch weit ins Thal hinunter auf beyden Seiten. Der Charakter des Gebirge zeigt zugleich an, wo der Kalk anfängt. Beschneyte höhere Gebirge in der Nähe. Frage, ob das Schnee-Niveau mit dem [177] Urseler dasselbe sey. Über Verkürzung des Wegs und Verbreiterung der Plätze in Gedanken. Geschichte des Jägers, der einen Mann Statt der Gemse erschoß: zur Strafe war ihm verboten, 10 Jahre kein Gewehr zu führen. Gemsen kommen noch öfters vor, es ward eben eine ausgehauen. Murmelthier-Felle hatten wir in Hospital gesehen. Kleine Vögel werden unzählig in Schlingen gefangen. In Altorf verzehrten wir ein gutes und wohlbereitetes Berghuhn.
Freytag, d. 6. October.
Wolken auf den Bergen in Klippenform. Unter verschiedenen theoretischen Gesprächen gingen wir von Altorf zeitig ab und kamen zum See. Um 9 Uhr ab. Leichtes Gebäude der Schiffe, es hält eins nur drey Jahr. Die größten Stürme erregt der Föhnwind, der im Frühjahr, besonders aber im Herbst über die Berge von Mittag kommt; es entstehen große Wellen und Wirbel. Die Bagage der Reisenden wird auf das Vordertheil der Schiffe gelegt, so wie man sich überhaupt mehr vorwärts setzt. Kleiner Fußtritt des Steuermanns. Es ward von Gemsen und Lauinen gesprochen. Wir kamen der Axe Flue näher; ungeheuere Felswand und Halbbucht, dann folgt eine zweyte etwas tiefere, dann die Platten. Das Steuerruder ist, wie die andern, nur mit einem leichten Ringe von Schlingholz befestigt. Die Beleuchtung war schön, die Capelle lag im Schatten, die Kronalp [178] im Lichten; sie wird wegen der Krone von Flötzen auf ihrer Höhe so genannt. Matten, Wald, Abhang und Steile. Alles Menschenwerk, wie auch alle Vegetation, erscheint klein gegen die ungeheuren Felsmassen und Höhen.
Wir fuhren nun quer über den See nach der linken Landspitze zu. Die Schweyzer Mythenberge erscheinen wieder. Ein Reiger flog auf. Wir kamen am Rütli vorbey. Kurz vor der Ecke sind Flötze wie Mauerwerk und Thürme. Den See hinauf wars trübe und die Sonne stach. Gegen Brunnen über die Ecke anmuthig überhangende Bäume. Man sah die Mythen in völliger Breite, Brunnen, einen Theil der Landbucht von Schwitz, die schönen nicht allzusteilen Matten der Schwitzer rechts am See. Wir hielten uns an der linken Seite. Ein Wirthshaus steht in Fels und Waldgebüsch, am See. Wir nahmen Piemonteser Soldaten und Lucerner Frauen ein. Man sah Beckerieth von weiten, Pilatusberg in Wolken. Es entstand ein Gegenwind, wir kamen an der Grenze von Uri und Unterwalden vorbey, die sehr leicht gezeichnet ist.
Hier ist der Anblick vorwärts mannichfaltig, groß und interessant: das linke Ufer ist waldig und schön bewachsen, man sieht Beckerrieth an einem fruchtbaren Abhange eines Berges liegen, dessen steiler Gipfel nach und nach sanft bis in die Mitte des Bildes abläuft; hinter diesen schönbewachsnen Strichen ahndet man [179] die Fläche von Stanz. Der Wolkenbedeckte Pilatus blickt hervor; alsdann sieht man den Bergrücken, der, theils fruchtbar, theils mit Holz bewachsen, Unterwalden nordwärts, gegen den Lucerner See begrenzt. Rechts liegt Gersau, und bald sieht man die Enge, durch die der See seine Wendung nordwestwärts nimmt.
Eine beliebte Äpfelsorte wird in dieser GegendBreitacher genannt; die Italiäner nennen sie Melaruzzi.
Näher Beckerrieth sahen wir die Seiten des Rigi in den Wolken, der Gipfel war klar. In der Entfernung vom See sahen wir Weggis, einen Ort, der durch einen langsam vorschiebenden Kiesboden, nicht etwa durch einen Felsensturz, vor kurzer Zeit von der Stelle geschoben wurde. Das Schieben des Erdreichs, wobey alles zu Grunde ging, was sich auf der Oberfläche befand, dauerte 14 Tage, so daß die Leute ihre Häuser abtragen und das Holz wegschaffen konnten. Ein Haus wurde dergestalt herumgedreht, daß es jetzt nach einer andern Seite hinsieht. Man fängt wieder an zu bauen. Man sieht nun Beckerrieth näher. Die Gegend bleibt ohngefähr, wie sie oben beschrieben worden, nur daß die Proportionen und Distanzen sich verändern.
Wir langten um halb ein Uhr an, und gingen den Fußpfad nach Stanz. Es ist der angenehmste Weg, den man sich denken kann. Er geht unmittelbar am See hin, und steigt sanft in die Höhe durch grüne[180] Matten, hohe Nuß- und andere Fruchtbäume und reinliche Häuser, die an dem sanften Abhang liegen, dessen oben gedacht ist. Wir kamen über eine breite Steinrütsche, die durch einen Giesbach heruntergeschoben worden; es hat diese Naturwirkung schon viel gutes Terrain weggenommen, und wird noch mehr wegnehmen. Die Landleute haben ein fremdes Ansehen, sie sind wohlgebildet aber blaß; der feuchte Boden setzt sie Scrophel- und Hautkrankheiten aus. Der See macht nun hier einen Busen gegen ein niedriges Land zu, dieses ist, nordwärts, durch die Mittagsseite eines sanft abhängenden Berges begrenzt, welcher sehr gut bebaut ist. Die Bäume hingen voll Obst, die Nüsse wurden abgeschlagen. Die Bucht endigt sich mit flachen Sumpfigen Wiesen. Wir kamen durch Buochs, wobey ein Landungsplatz für diese Seite ist. Landleute mit Hanf beschäftigt. Schön gepflasterter Weg über eine Höhe, zwischen Matten, auf welchen Kühe schwelgten. Dergleichen Matten werden im Frühjahr abgeätzt und, wenn das Heu gemacht ist, wachsen sie abermals stark genug, daß die Kühe bis auf den Winter hinreichende Nahrung finden. Man kommt durch ein schmales Thal, zwischen eingezäunten Matten, und endlich auf die schöne, völlig ebene Fläche, worauf Stanz, nicht zu nahe von hohen Bergen umgeben, liegt. Wir traten im Gasthof zur Krone ein, welcher der Kirche gegenüber auf einem hübschen Platze liegt. In der Mitte steht ein Brunnen, [181] aus dem der alte Winkelried mit den Speeren im Arm gestellt ist. Nikolaus von der Flüe hing in der Stube. Auf gemahlten Fensterscheiben waren über verschiedenen Wappen die Hauptmomente der Schweizer Chronik aufgezeichnet. Wir lasen in einem Buche: Kleiner Versuch einer besondern Geschichte des Freystaats Unterwalden. Lucern 1789. In der Dedikation der sonderbare Titel: Helvetisch großmächtige.
Heilige, Helden, Staatsleute und Frauen aus der Geschichte des Landes.
Sonnabend, den 7ten October.
Stanz. Früh Nebel; doch der Schein der Morgensonne hie und da auf den Berggipfeln. Gegen 8 Uhr ab; flache Matten zwischen Bergen, man glaubt zu sehen, wie der ehemals höhere See hier hereingewirkt und das Erdreich zubereitet; gegen Stanz Stade wird es sumpfiger. Am Landungsplatze selbst ist rings herum die Ansicht gar angenehm. Wegen den mannichfaltigen Bergen, Buchten und Armen des Sees, die man sieht oder ahndet. Schöne Sand- oder graue Wackenplatten lagen am See, hierher aus dem Lucernischen transportirt. Die Mädchen haben auf den kleinen Strohhüten vier Schleifen, wechselsweise roth und grün. Wir fuhren ab, es war etwas neblich. In der Mitte des Kreuzes, das der See bildet, ist der Anblick höchst interessant, der Charakter [182] der Ufer variirt nach allen Seiten. Lucern liegt in seiner Bucht, umgeben von sanften fruchtbaren Höhen, welche sich rechts an dem Ufer des Arms, der nach Küßnacht hineinreicht, erstrecken. Blickt man nordwärts nach Küßnacht, so liegt rechts ein artiges Vorgebürge, von mannichfaltiger Gestalt, das gut bewachsen und bebaut ist. Ostwärts ist das Wasser zwischen steilen und dunkelbewachsnen Wänden eingefaßt, und die Spitze von Gersau scheint nur einen geringen Durchgang in den obern Theil des Sees zu lassen. Südwärts sieht man nun den berühmten Wartthurm von Stanz Stade, den kleinen Ort auf seiner Fläche, umgeben von den mannichfaltigsten Gebürgen und Vorgebürgen, hinter denen südwestwärts der Pilatus hervorsieht.
Wir sahen uns überall nach dem Raynaldischen Monument um, aber vergebens; man wies uns den Felsen wo es gestanden hatte. Durch die Zuleitung des goldnen Knopfs auf der Spitze, ward es vom Gewitter getroffen, beschädigt und abgetragen.
Wir fuhren an dem artigen Vorgebürge vorbey; es besteht aus sehr neuen Kalk und Thonflözen. In Stanz, so wie in Uri, ziehen sie Birn an den Häusern; wir hatten einige vom erstern Ort mitgenommen, die von einem unglaublichen Trieb des Saftes aufgeschwollen waren, so daß die Epiderm in Höckern ausgetrieben ist, ja sogar der Stiel saftige Exantheme an sich hatte.
[183] Küßnacht, Gasthof zum Engel. Nach Tische gingen wir ab und fanden einen sanften, in die Höhe steigenden angenehmen Weg; gesprengte Granitblöcke lagen an der Seite, man hatte sie von einer Matte, die man reinigte, herüber an die Straße geschafft, wahrscheinlich liegen sie dort als ungeheure Geschiebe. Die Steinart ist die des Gotthardts, nur weniger blättrig. Man erreicht die Höhe der kleinen Erdzunge, welche den Vierwaldtstädter und den Zuger See trennt. Capelle zum Andenken von Geßlers Tod. Man sieht nun rückwärts von oben herunter eine anmuthig gebaute, aufsteigende Bucht vom Lucerner See herauf. Wir fanden einige Kastanienbäume, sehr schönbestandne Matten und Baumstücke, deren hohes Graf und Kraut von den Kühen mehr zertreten als gefressen ward. Wir erblickten den Zug-See, eigner Character desselben, sanft abhängende Berge. Art liegt rechts im Winkel. Besondere Bauart der kleinen Schiffe, sie sind nur aus zwey Stücken zusammengesetzt und gleichen also völlig einem großen ausgehöhlten Baumstamm; die Bänke stehen durchaus quer und passen sauber in die Fugen; an den Seiten sind noch Bretter ausgesetzt, an denen die Ruder angebracht sind; man fährt sehr schnell damit. Die Ruder sind klein und der Tact viel geschwinder. Links wird ein Sandstein gebrochen. Man fährt nun um die Ecke; der See nimmt nordwärts einen sehr heitern Charakter an, indem er, nur von Hügeln umgeben, [184] die Berge des untern Landes in der Ferne zeigt. Im Grunde beym Ausfluß sieht man Cham, über den ein ferner, flacher Berg hervorragt. Rechts besteht das Ufer aus Thonflötzen, über denen sich ein mit artigen Gruppen bewachsner Berg hervorhebt. Dann erscheint eine angenehme Fläche am See, mit fruchtbaren Höhen begrenzt, ein weitläufiges Dorf Oberwiel darin erbaut. Man sieht wieder etwas Weinbau. Man kommt nach Zug. Eingekehrt im Ochsen. Der Ort ist reinlich und alt, aber gut gebauet, liegt an einer Anhöhe, ist der Stapelort von den Gütern, die nach Zürch gehen und daher kommen. Er liefert den kleinen Kantonen Töpferwaare, weil diesen aller Thon zu dem Endzweck mangelt. Es sind auch verschiedene Feuerhandwerke daselbst in guter Nahrung.
Schöne gemahlte Scheiben im Wirthshaus.
Sonntag, den 8ten October.
Um 8 Uhr aus Zug, angenehmes fruchtbares Thal hinaufwärts, etwas Fruchtbau hie und da, in den Tiefen und Flächen Moorland. Halbbedeckter Tag.
Baar. Fläche umher, Mannigfaltigkeit. Gute Wiesen, Baumstücke, nasse Wiesen, Weiden, Erlen, auf den besten Wiesen wächst viel Leontodon. Der Ort ist artig gebaut, eine geräumige Gasse und dann zerstreute Häuser, zwischen Wiesen und Gärten. Man findet[185] dahinter eine große Gemeinweide, mit Obstbäumen. Man kommt an einen Bach und Steigt aufwärts. Ilex aquifolium, das wir auf den Mittelbergen gefunden. Artiges Buschholz, Knüppelstieg dadurch. Auf der Höhe Fruchtbau, etwas magrer, doch gemischter Boden. Man sieht rückwärts einen Theil des Zuger Sees. Weiter hin wird der Boden sumpfig, man findet keine Häuser mehr. Der Fahrweg ist abscheulich. Saures Graf und niedres Röhrich wird zum Streuen gehauen.
Man kommt über die Sihlbrücke. Der Aufstieg gegenüber im Zürcher Gebiet ist Steil, aber der Weg gut. Endlich gelangt man wieder zur Aussicht des Zürcher Sees, den man rechts hat, links das nördliche Ende des Zugsees. Man steigt hinab, große Mannichfaltigkeit nach dem See zu, schöner Torf. Claußen, ein kleiner Ort, der letzte Theil des Weges ist ein abscheulich unterhaltenes Pflaster. Horgen, dieser Stapelort der Waaren, die von Zürch und Zug kommen. Wir aßen im Löwen, schöne Aussicht des Gasthauses. Wir fuhren bey einem warmen Abend in zwey Stunden nach Stäfe.
Montag, den 9ten October.
Stäfe. Früh am Tagebuch dictirt. Die Schweitzerchronik wegen der Tellischen Geschichte. Mit Meyer über die Behandlung derselben, über Behandlung überhaupt bey Gelegenheit der Schillerschen Briefe.
[186] Dienstag, den 10ten.
Abschrift des Tagebuchs. Verzeichniß der Mineralien und Einpacken derselben. Tschudis Chronik. Zeichnung Tells mit dem Knaben. Niobe Vorlesung.
Mittwoch, den 11ten.
Abschrift des Tagebuchs fortgesetzt. Friese des Julius Roman. Andrea del Sarto Vorlesung. Einpacken der Steine.
Donnerstag, den 12ten.
Abschrift des Tagebuchs fortgesetzt. Ferneres Einpacken und Vorlesung der florentinischen Kunstgeschichte.
Freytag, den 13ten.
Dictirt den Entwurf zu einer Abhandlung über die Gegenstände der bildenden Kunst. Vorlesung wie gestern.
Sonnabend, den 14ten.
Brief an Schiller. Vorlesung wie gestern.
Sonntag, den 15ten.
Über die Motive und die übrigen Theile der bildenden Kunst. Vorlesung wie gestern. Abends Friese des Julius Roman detaillirt. (Wir kamen diese Tage wegen des Regenwetters nicht aus dem Hause.)
Montag, den 16ten October.
Sehr schönes Wetter. Früh einiges dictirt, bey Zeiten gegessen. Nach Tische nach Herrliberg zu Hrn. Escher.
[187]Dienstag, den 17ten October
Früh Briefe dictirt, kam die Aldobrandinische Hochzeit an.
Mittwoch, den 18ten October.
Eingepackt, kam zu Mittag der junge Escher. Wir gingen spatzieren und beschauten uns noch die Cultur des Ortes. Abends den Anfang von Tschudis Chronik gelesen.
Donnerstag, den 19ten.
Mit Einpacken beschäftigt. Verschiedene Spatziergänge.
Freytag, den 20ten.
Absicht zu verreisen durch Gegenwind gehindert.
Sonnabend, den 21ten.
Früh 10 Uhr von Stäfe ab. Mittags zu Herrliberg bey Herrn Hauptmann Escher.
Sonntag, den 22ten.
Früh Herrn Eschers Cabinett, das sehr schöne Suiten des Schweizergebirges enthält.
Montag, den 23ten.
Bey Professor Fäsi und Hauptmann Bürkli; dann zu Chorherr Rahn, dessen Cabinett kostbare Stücke der Schweizer Mineralien enthält. Nach Tische zu Chorherr Hottinger und Dr. Lavater. Abends bey Frau Schultheß.
[188] Dienstag, den 24ten.
Früh Briefe, dann das Bild von Füßli im Rathhause; darauf in die Kunsthandlung. Nach Tische zu Mako, sodann zu Herrn Antiftes Heß.
Mittwoch, am 25ten October.
Meist mit Vorbereitungen zur Abreise von Zürch beschäftigt.
Donnerstag, den 26ten.
Früh 8 Uhr aus Zürch. Um 11 Uhr in Bulach, wir fanden den Weinstock in dieser Gegend niedergelegt, welches am Zürcher See nicht geschieht. Um 12 Uhr in Eglisau. Gasthof zum Hirsch. Aussicht auf den Rhein, ab um halb zwey. Dunkler Streif zwischen den Regenbogen sehr sichtbar. Mistsotte auf die Saat gegossen. Vom Wege herab nach dem Rheinfall gegangen. Dämmerung, böser Fußweg nach Schafhausen.
Freytag, den 27ten.
Die drey Basaltfelsen Hohentwiel, Hohenkrähen und der dritte bey Engen. Gegen Mittag in Engen. Geschichte des Bauers, der sein schlechtes Häuschen anmahlen ließ und darüber immer Einquartirung bekam. Abends in Tuttlingen.
Sonnabend, den 28ten.
Bis Bahlingen.
[189] Sonntag, den 29ten.
Bis Tübingen.
Montag, den 30ten.
Dienstag, den 31ten.
Blieb man daselbst.
November (3. Reise in die Schweiz)
Mittwoch, den 1ten November.
Des Morgens 6 Uhr von Tübingen über Echterdingen, aßen daselbst zu Mittag im Hirsch und kamen nach Stuttgardt Abends. Logirten im Schwarzen Adler.
Donnerstag, den 2ten. Früh 5 Uhr von Stuttgart nach Canstadt über den Neckar. Nach Feldbach und Waiblingen. Bei Canstadt große Anzahl Mehlfässer und Wägen, desgleichen auch bei Waiblingen. Allee von Fruchtbäumen, schöner Feldbau, durch Endersbach und Heppach. Die Rems fließt durch. Frucht und Weinbau. Geradstetten, Hebsack, Winterbach, Schorndorf. Feldbau auf schöner Fläche. Wiesen und Weinbau. Saat und Brachfelder Wechseln sehr mannigfaltig. Plüdershausen. Feldbau geht fort bis Lorch. Nahe dabei liegt ein Kloster auf einem sanft aufsteigenden kleinen Berge. Man kommt über die Gränze des Wirtenbergischen Landes. Gmünd, eine freie Reichsstadt an der Rems, mit grünen Matten und Gärten umgeben. Die Stadt hat zwei Wälle, in der Vorstadt Mist. Sehr altgebaute Häuser. Logirten in der Post.
[190] Freytag, den 3ten November.
Früh 6 Uhr aus Gmünd, große Wagenburg und Geschütz vor der Stadt. Hussenhofen, Thal, auf beiden Seiten mit Wald eingeschlossen. Das Thal wird flächer; man kommt nach Böbingen, über Mögglingen nach Aalen. Schöne Mädchen. Uhr mit einem Tobaksraucher. Chaussee mit Schlacken. Hoher Ofen. Wasseralfingen links. Stieg. Fruchtbar Land auf beiden Seiten. Leidensgeschichte. Ort in der Tiefe, gelber weicher Kalkstein an der Chaussee. Fruchtbare Höhen fahren fort, einzelne Eichen, Fichtenwald; man kommt nach Buch über eine Höhe nach Schwabsberg; man sieht Ellwangen vor sich auf der Höhe. Die Jaxt fließt unten im Thal.
Den 4ten Nov. Sonnabend.
Von Ellwangen. der Weg geht nach dem Schloß hinauf, dann auf der fruchtbaren Höhe fort. Gegenüber sieht man die Wallfahrt den schönen Berg liegen. So lange die Höhe dauert, fruchtbarer Boden von rothem Thon mit Sand vermischt. Böser Knippelstieg; man kommt nach Ellenberg. Der Weg führt in eine Tiefe durch Tannenwald; der Boden ist meist rother Sand, einige Fischteiche mit Wald umgeben. Saatfelder, zerstreute Häuser. Dinkelsbühl. Fruchtbare Lage. Die Stadt hat zwei Wälle, ist alt aber reinlich; man sieht wenig Gärten, guter Fruchtbau. Sandiger Weg, rechts in einiger Entfernung OberCömmet. [191] Durch Fichtenwald nach Matzmannsdorf und Burk, Königshofen, Rechhofen, Großenrieth.
Sonntag, den 5ten.
Von Großenrieth des Morgens um 6. Feldbau, kleine Waldparthien. Durch Leidendorf, gutes Feld. Wald mit einer Mauer umgeben. Durch Breitenbrunn, rechts Merkendorf, hinter einem Tannenwäldchen. Eschenbach. In einem Thale herunter. Viel Hopfenbau. Einige Mühlen, durch Ismannsdorf zu einem Stieg herauf, durch Tannenwald, Kiesel und Tendriten, nach Windsbach. Der Ort hat reinliche Häuser und ist leidlich gepflastert; über Mosbach, Rudersdorf, die Aurach fließt dran vorbei. Feldstücke mit Taback bepflanzt, durch Hoch nach Schwabach. Die Stadt liegt in einem ganz flachen fruchtbaren Thale, die innere Stadt ist alt, hat aber hie und da schöne neue Häuser, besonders sind vor den Thoren viel und meist von Stein bis unters Dach aufgeführt. Logirten im Lamm.
Montag, den 6ten.
Von Schwabach guter Weg über Reichelsdorf, durch Eubach und Schweinau. Nach Nürnberg des Morgens 10 Uhr. Logie rothe Hahn.
Den 11. Nov. speisten im rothen Hahn zu Nürnberg; Herr Hofjuwelier Reich von Fürth, Herr Tanzwohl, Mahler aus Wien, Herr Doctor Osterhausen, Herr v. Seyfahrt, Kaiserl. Commisair, Herr Jacobi,[192] Kaufmann. Reist vor ein englisches Haus; Herr Sturbi, reist vor ein französisches Haus; Herr Kiesling, Kaufmann aus der Stadt. 3 Unbekannte.
Herr v. Oberkam, Bambergischer Gesandte, Herr von Hepp, Zweyter Gesandte, Herr von Heß, Würzburgischer Gesandte, Herr von Zwanziger, Werthheimischer, Herr von Türkheim, Hessen-Cassel. Herr von Kleidigen, Deutsch Ordens- Gesandter; Herr von Danner, Eichstädtischer. Herr von Braun, Werthheimischer, Herr von Harstörfer, Kreisdeputirter, Herr Carl Kreis-Consulent, Herr Doctor Deinzer Jur. Prud., Herr von Imhoff, Patrizier, Herr General von Eckardt, Herr von Datreus, Bairischer Gesandte, Herr Graf Castell, Herr Graf Löwenstein Werthheim.
Mittwoch am 15. Nov. Nachmittag 4 Uhr aus Nürnberg Strase mitunter schlecht durch Tannenwald kamen 8 Uhr in Erlangen an, Logie Toussaint. Die Stadt sehr regelmäsig gebaut schöne breite Strasen des Nachts gut erleuchtet, das Schloss steht auf einen freien Plaz um die Stadt mehrere schöne Gartenanlagen und Alleen.
Donnerstag, d. 16. Früh 6 Uhr aus Erlangen die Wege von Erlangen bis Baiersdorf sind wegen des sandigen Bodens sehr schlecht, durch Baiersdorf und Burgheim mit einem Wall umgeben die Strasen der Stadt sind schmuzig. Man komt von hier aus auf Chaussee das Feld wird fruchtbarer. Thon mischt [193] sich unter den Sand. Zwetschchenbäume auf Saatfeldern man komt nach Sasselfort gehört zu Anspach
Strulndorf von den Franzosen verbrent jetz wieder erbaut, durch Tannenwald nach Bamberg im Lamm Mittag die Stadt liegt sehr angenehm und heiter gegen Mittag ist sie mit einem Wald eingeschlossen – gen Norden hat man eine der schönsten Plänen vor sich auf welcher theils freundliche Dörfer theils fruchtbare Felder abwechseln. durch Hallstadt. Rechts sieht man auf etwas entfernten Bergen 2 Schlösser. Man komt dem Mainufer nah in Giesbach übernachtet.
Freit: den 17. Nov. Früh von hier 5 1/2 weg: durch Zapfendorf und Staffelstein vor Reichen vorbey man findet Belemiten. durch Lichtenfels, schöne Saat 15 Nebel, der Main komt auf der linken Seite herunter. man steigt berg auf, Fichtenwald bergab, Fischteiche Kloster rund gebaut links Seilen Hohstadt, über den Main Schöne Steinerne Brücke über den Main komt bey Seilen mit der Rodach zusammen. durch Zedlitz gutes Feld bey Unterlangstadt komt die Rodach herunter man fährt durch guten fruchtbaren Boden durch Oberlangenstadt angenehmes Thal Schneidemühlen, an der rechten Seite der Rodach hinauf nach Kronach. Vestung
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- TextGrid Repository (2012). Goethe: Tagebücher. 1797. 1797. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-5DF9-7