1779.
Januar
1 die Posse mit den Neujahrs Wünschen volführt zu [*Frau v. Stein] essen. Bey Hofe. Mit den Leuten gut.
2. Aufgeräumt, und mancherley Alte Papiere überdacht. Plan für dies Jahr. Mit [*Herzog Carl August] ausreiten ums Webicht. Volgst. Uchtr. zu Hause gessen. Aufräumen. Abends um die Hügel. Felsen gerennt. Herrlicher Aufgang des Monds. Gezeichnet. Bis gegen Eilf spazieren. Erster Reiner Schnee und hoher Mond.
4 Auf dem Eis, Bergwercks Conferenz. auf dem Eis bis Monds aufgang mit Cr. nach Hause sehr müde.
5 Conseil die Kriegs Commission übertragen. Aufs Eis essen. Nach T. kam [*Herzogin Anna Amalia] nach den Aepfeln gelaufen um Preise. Abends zu [*Frau v. Stein] sehr lieb und viel geschwäzzt. War ich sehr heiter und ruhig im Gemüth die ganze Zeit her, bis auf weniges
Mit Militär Oekonomie beschäfftigt. wenig Baukunst. Viel auf dem Eis. War [*Frau v. Stein] sehr lieb. War ich sehr in mir.
9 Abends bey Seckend. Musick. Schweigen.
10 früh die Officiers und meine künftigen Subalternen. [76] Uber das Geschäfft mich in der Stille bearbeitet. Immer bild ich mir ein es sey besser wenn einer menschlichere Leidenschaften hätte. Ich bin zu abgezogen um die rechten Verhältnisse die meist Lumperey und Armuth Geists und Beutels sind zu finden und zu benuzzen doch muss es gehn. Da ich viel klärer bin und sehr vorsichtig, offt zu misstrauisch das aber nichts schadet.
d. 10 Abends nach dem Conzert eine radicale Erklärung mit [*Herzog Carl August]. über Cr. Meine Vermuthungen von bisher theils bestätigt theils vernichtet. Endets gut für uns alle, ihr die ihr uns am Gängelbande führt!
13. Die Kriegs Commiss. übernommen Erste Session. Fest und ruhig in meinen Sinnen, und scharf. Allein dies Geschäffte diese Tage her. Mich drinn gebadet. und gute Hoffnung, in Gewissheit des Ausharrens. Der Druck der Geschäffte ist sehr schön der Seele, wenn sie entladen ist spielt sie freyer und geniest des Lebens. Elender ist nichts als der behagliche Mensch ohne Arbeit, das schönste der Gaben wird ihm eckel. Schwierigkeit irdische Maschinen in Gang zu sezzen, auch zu erhalten. Lehrbuch und Geschichte sind gleich lächerlich dem Handelnden. Aber auch kein stolzer Gebet als um Weisheit, denn diese haben die Götter ein für allemal den Menschen versagt. Klugheit theilen sie aus, dem Stier nach seinen Hörnern und der Kazze nach ihren Klauen, sie haben alle Geschöpfe bewaffnet.
[77] Dass ich nur die Hälfte Wein trincke ist mir sehr nüzlich, seit ich den Caffee gelassen die heilsamste Diät.
Vom 14 bis 25. In Ackten gekramt, die unordentliche Repositur durchgestört, es fängt an drin heller zu werden. Das Geschäfft mir ganz allein angelegen. Wenig auf dem Eis! Beunruhigt das Amt Grosen Rudst durch die Preußen, Wiederkunft Reinbabens, fatale Propositionen. Zwischen zwey übeln im wehrlosen zustand. Wir haben noch einige Steine zu ziehen, dann sind wir matt. Den Courier an den König. in dessen Erwartung Frist. Meist mit der Kriegs Commission beschäfftigt, wenig auf dem Eis, geritten.
d. 30. auf dem Erfurt. Weeg gestürzt. Aerger über die Pferds Wirthschafft. Knebel kranck, mit Reisebeschreibungen sich labend. Clauer an Frizens Modell gearbeitet. Er findet doch endlich gott sey Danck an dem schönen Körper ein übergros Studium. Und da er erst die Figur aus dem Kopf machen wollteweil der Körper zu mager sey, kan er iezt nicht genug dessen Schönheit bewundern. Die Geschichte, wie es damit von Anfang gegangen ist muss ich nicht vergessen.
Februar
d. 1. Conseil. Dumme Lufft drinne Fataler Humor von Fr. [*Herzog Carl August] zu viel gesprochen. Das Thauwetter war mir in den Gliedern und die Stube warm. [78] mit [*Herzog Carl August] gessen nach Tisch einige Erklärung über: zu viel reden, fallen lassen, sich vergeben, seine Ausdrücke mässigen, Sachen in der Hizze zur sprache bringen die nicht geredt werden sollten. Auch über die Militärischen Makaronis. [*Herzog Carl August] steht noch immer an der Form stille. Falsche Anwendung auf seinen Zustand was man bey andern gut und gros findet. Verblendung am äusserlichen Ubertünchen. Ich habe eben die Fehler beym Bauwesen gemacht. Die Kr. Comm. werd ich gut versehn weil ich bey dem Geschäfft gar keine Immagination habe, gar nichts hervorbringen will, nur das was da ist recht kennen, und ordentlich haben will. So auch mit dem Weegbau.| So schweer ist der Punckt: wenn einem ein Dritter etwas räth oder einen Mangel entdeckt, und die Mittel anzeigt wie dieses gehoben werden könnte, weil so offt der Eigennuz der Menschen ins Spiel kommt die nur neue Etats machen wollen um bey der Gelegenheit sich und den ihrigen eine Zulage zuzuschieben, neue Einrichtungen um sich's bequemer zu machen, Leute in Versorgung zu schieben pp. Durch diese Wiederhohlten Erfahrungen wird man so misstrauisch dass man sich fast zulezt scheut den Staub abwischen zu lassen. In keine Lässigkeit und Untätigkeit zu fallen ist deswegen schweer.
2 Feb. Brief von Krafften Frühlings Ahndung.
d. 14 früh Iphigenia anfangen dicktiren. Spaziert in dem Thal. Mit Friz u. Carl gebadet. Nachricht [79] vom dessertirten Husaren. Zu Hause gessen Nach Tisch im Garten Bäume und Sträuche durchstört.
Diese Zeit her habe ich meist gesucht mich in Geschäfften aufrecht zu erhalten und bey allen Vorfällen fest zu seyn und ruhig.
d. 24 sehr schön Wetter früh ging ich nach Belv., nach der Arbeit zu sehn. Im Rückweg begegnete mir Melber und ich hatte grose Freude ihn zu sehn. Wir schwazten viel von Franckfurt er as mit mir. Nach Tisch. Buchholz u. Sievers. Abends an Iph. geträumt.
d. 25 früh Kriegs Comm. nachher Conseil | war ein Werckeltag:| Mittag Melber. ihn nach Tische verabschiedet. Kam Crone wegen der 2 Edl. Veroneser. Neblich.
d 26 Erste Auslesung der iungen Mannschafft.
27 Zweite Auslesung alhier.
28 Eingepackt und nach Jena. schön Wetter. Die Strase mit Castr besehen. Im Schlosse eingekehrt.
März
1. Auslesung. mit H. Bentheim gessen. Nachher spazieren mit C. Abends für mich. Iph.
2. Nach Rothenstein die Strase beritten, den Durchstich bey Maue besehn. Zu Raschau essen. n. Tisch den Weeg nach Dornburg besehn. Abends 6 dort ankommen. bei Weteken gewohnt.
3. auslesung. nachher einsam im neuen schlosse an Iph. geschr. so auch d. 4.
d. 5. früh gearbeitet Abends Apolde. 1
d. 6. Die Auslesung mit Heumann gessen. Abends still.
7 früh mit Venus nach Buttstedt. Logis im [81] Gleitsh. genommen. Abends auf die Schäferey von Herren Gosserst.
d 8 Auslesung, kam Knebel. Beym Stadt Vogt gessen. Auf den Turn Abends Knebel ab.
d. 9. Mit Castrop über Rastenb nach Alstädt. mit Bachm gessen. den Weeg nach N. Röbling [82] besehen. zu Stubenvoll Abends allein. Die drey Ackte zusammen gearbeitet.
10 Auslesung. zu Stubenvoll essen. N. Tisch den Weeg nach den Hange Eichen besehn. Abends allein.
d. 11 Die Stuterey besehen. Mit Prizelius essen. Nach Kalbsrieth der Strase Wegen. Abends allein.
d. 12 von Alstädt ab. mit Castrop nach Weimar Steinbruch. unterweegs gedacht. endlich Castre Litaney von altem Saukram.
13. Alles durchgesehn. leidlich gefunden. Glauers Arb. Gut. Die Garten Wirth. hübsch. Abends vorgelesen die drey ersten Ackte Iph [*Herzog Carl August] und Knebel bleiben da essen.
14. Besorgung. Abschrifft der Rollen. Kirchgang der Herzoginn. Zu Hause gessen.
d. 16 nach Ilmenau. über Wölfershausen Arnstadt. Martinrode.
d 17 Auslesung beym Comm. Rath gessen. Auf die Porzellanfabr.
d. 18 nach Stüzzerbach. auf den Gickelhahn, Ascherofen, Schwalbenstein.
d. 19 Allein auf dem Schwalbenstein. d. 4. Ackt der Iph. geschrieben.
d. 20 früh nach Roda wegen des Weegs bey Staff essen mit Hollebens. Nach Tisch auf Wölfershausen geritten. Nachts daselbst.
d. 21. früh nach Weimar. Alles durchgesehn und besorgt.
[83] 22. Kriegs Commission und was sonst vorkam. mit [*Herzog Carl August] Gespräch. Abends allein. kam [*Herzog Carl August] noch spät.
23 früh Conseil. mit [*Herzog Carl August] allein gessen, er wird täglich reiner bestimmter.
d. 27 Abends der Herzog von Gotha im Garten
d. 28. früh Denstädt. Abends: Iphigenie geendigt.
d. 29 Ein toller Tag aus einem ins andre von früh fünfen. Lichtb. mit Kl. in Tief. Iph. vorgelesen pp. Aus dem kleinen ins grose und dem Grosen ins kleine.
War diese Zeit her wie das Wetter klar, rein, fröhlich.
[84] [81]Fußnote
1 Dornb. 79 Rentsekr. Original Händel in Jena Serganten erstochen in sächsischen Diensten. Schließt sich ein Nachts auch zu Tischzeit. kocht sich. Höchste Ordnung, nimmt keinem Bauer Zinsen ab die er nicht um die bestimmte Stunde bringt. Hat seine Rechnungen bis 81 fertig auch seine Holzzettel. Borgt auf Pfänder Geschichte mit dem Hut. Citirt Geister. Geht zu Fuse sein Aufzug. Die Affaire in der Tasche Cassier des Teufels. Vorschüsse den Unterth.
Klage über Mangel der Viehzucht und ausgedehnten Trifft der Pächter. Cuniz brave Bauern arbeitsam und einfach, Küttel ohne Knöpfe mit Riemgen. Schlechte Pfarrer seit vielen Jahren, einen Emeritum iezt einen Adiunctum halb toll. Erdengraben. Wurm zu Borstendorf. Händel mit den Husaren wegen der Prager. Handelsbücher im Amt in guter Ordnung nicht gebunden. Alter Amtmann in Camburg. Durchstich bey Maue. Raschau alte Historien. Maj. Schm. Dialog mit langen Perioden, der Mann taugt in den Geschäfften gar nichts. hist v. Ernst. A. vom Zubringen der Gesundh. Seiner Suada dem Geh. R. [81] der ein Flegel war. Univers. Ursache des Verfalls. Weinb. Ursache des Verfalls.
Apolda. Amtsrath. Strumpfw. liegen an 100 Stühlen still seit der neujahrs messe. Manuf. Coll. hilft nichts. – Armer Anfang solcher Leute leben aus der Hand in Mund der Verleger hängt ihnen erst den Stuhl auf, heurathen leicht. Sonst gaben die Verleger die gesponnene Wolle dem Fabrikanten iezt muss sie der Fabrikant spinnen oder Spinnen lassen und das Gewicht an Strümpfen liefern. Verlust dabey an Abgang Schmuz und Fett denn die Strümpfe werden gewaschen. Kann sie der Fabrikant nicht selbst durch die seinen spinnen lassen wird er noch obendrein bestohlen Sonst wog man die Strümpfe überhaupt und ein Paar übertrug das andre, iezzo werden sie einzeln gewogen und das schweerere Paar nicht vergütet vom leichtern Paar aber abgezogen.
Jezziger Stillstand Sie sagen der Krieg hindre nach Oesterreich Waaren zu schaffen Denn obgleich daselbst diese Waaren kontreband sind gehen sie doch in Friedenszeiten hinein.
April
1.) Eierfest denen Kindern im Wälschen Garten. Proben von Iphigenie und Besorgung des dazu gehörigen.
6.) Iph. gespielt. gar gute Würckung davon besonders auf reine Menschen.
7) Kriegs Comm. Sess.
8.) Bey H. Am. gessen. Nachklang des Stücks. Abends nach Tiefurt geritten nahm Frizzen aufs Pferd. Knebels Noten zum Genealog. Kalender, und über die Prinzen bey Gelegenheit des Koburger.
|: Man thut unrecht an dem Empfindens und Erkennens Vermögen der Menschen zu zweifeln, da kan [84] man ihnen viel zu trauen, nur auf ihre Handlungen muss man nicht hoffen :|
12 Iphigenie wiederhohlt.
15. kamen die Rekruten.
Das schönste Wetter Mit mancherley Besorgung, der Einrichtung der Einsiedeley pp. beschäfftigt.
d. 20. Nach Belw mit Kraus. Steiner von Winterthur. as die Herz. L. mit im Kloster. und die [*Frau v. Stein] und Wöllw. Nachm. war die Fahrt nach Belwed.
d. 21. Früh nach Kahle, gegessen daselbst Herzog Wedel u Herder, waren gutes Humor. Nach Tisch auf Jena.
d. 22. Früh das Cabinet besehen et reliqua. Zu Tafel die Akademie Nachmitt. Biblioth. Abends dumme Comödie. Zu Tisch allein.
d. 23 Früh über Cunis auf Dornburg dort gut und fröhlich gelebt. Abends nach Jena zurück.
d. 24 von Jena auf Weimar. zu [*Frau v. Stein] essen.
Mai
8 früh Conseil. ging [*Frau v. Stein] nach Gotha Anfang am neuen Theater und Redouten Saale.
viel schönes Wetter Eridon in Ettersburg gespielt Nähe zu [*Frau v. Stein]. Herzog nicht wohl. Mit dem Gedancken über Land und Leute Steuer Erlass pp. war ich die Zeit sehr beschäfftigt
29 Nach Erfurt Abends kam
d. 30. Merck an, wir waren beym Stadthalter. Viel geschwäzzt.
31 früh auf die Hottelstädter Ecke Wurden empfangen [*Herzogin Anna Amalia] [*Herzog Carl August] Wieland Einsiedl pp. Tags in Ettersburg. Abends zurück.
Juni
3 d. Jahrm. v. Plundersweil in Ettersburg gegeben. stille für mich und viel Ackten Kramerey, auch Gedancken über wichtige Verändrungen. Mercks Würckung auf mich dass er das alles frisch sah was ich lang in Rechnungs Ausgaben verschrieben habe.
10. d. Medecin malgre lui und Proserpina in Ettersburg.
war ich nicht ganz wohl plagte mich ein verdorbner Magen doch hielt ich mich in dem was zu thun war aufrecht. [*Herzog Carl August] ist bald über die große Crise weg und giebt mir schöne Hoffnung dass er auch auf diesen Fels herauf kommen und eine Weile in der Ebne wandeln wird viel Hoffnung auf Batty. Dunckler Plan der Red des Mil. und Hoffnung den gew bald los zu werden. Vorahndung vom 30 Jahr.
15 früh Conseil. Uber das neue Tuchmanuf. Regl. unterbrach den Ref. und trug gleich meine Dubia gegen das ganze vor. Vor Tisch noch viel mit [*Herzog Carl August] über sein Wachsen in der Vorstellung der Dinge seines Intr. an den Sachen und wahrer Erkänt. Briefe von [86] Ernst Aug. gelesen. Nach M. allein. im Regen gebadet auf dem Altan. an Egmont geschrieben. Abends kam Batty von Neumarck zurück.
Die Steuersachen vorzüglich durch gedacht.
d. 27. nach Buttstädt geritten mit Rath Reus über die Steuer Einnahme zu sprechen.
Juli
Juli.
Mercks Gegenwart. Verdruss mit Knebeln dessen Tour nach Pöllniz. Kraffts Nachrichten von Ilmenau, Battys Nachr vom Zustand der Kammergüter, Arbeit im Steuerwesen pp. traffen ziemlich zusammen um viele Ideen bey mir aufzuklären. [*Herzog Carl August] machte es ein Vergnügen die Rolle des Pylades zu lernen. Er nimmt sich auserordentlich zusammen, und an innrer Krafft, Fassung, Ausdauern, Begriff, Resolution fast täglich zu.
12 Iphigenie in Ettersburg gespielt.
13 Ging Merck früh fort. [*Herzog Carl August] und ich ritten herein. erzählte mir [*Herzog Carl August] seine Unterred mit Knebeln. as bey [*Frau v. Stein]. nach Tisch schrieb die Aphorismen an K. und ein Zettelgen an den Prinzen.
Gute Würckung auf mich von Mercks Gegenwart, sie hat mir nichts verschoben, nur wenige dürre Schaalen abgestreifft und im alten Guten mich befestigt. Durch Erinnerung des Vergangnen und seine Vorstellungs Art, mir meine Handlungen in einem wunderbaaren Spiegel gezeigt. Da er der einzige Mensch ist der ganz erkennt was ich thu und wie ich's thu, und es [87] doch wieder anders sieht wie ich, von anderm Standort, so giebt das schöne Gewissheit.
Auch dünckt mich sey mein Stand mit Cronen fester und besser. Aber auch ausser dem Herzog ist niemand im Werden, die andern sind fertig wie Dresselpuppen, wo höchstens noch der Anstrich fehlt.
14) Machte früh meine Sachen zusammen. Dann Conseil. Mit [*Herzog Carl August] und d. Prinzen gessen. leidliche Erklärung zwischen den Brüdern. Nach Tisch wenig in den neuen Weegen, alsdann auf die Kr. Casse und Ackten geordnet dann nach Hause Abendsession und gute Unterredung mit Batty über seine lezte Exkursion. Wills Gott dass mir Acker und Wiese noch werden und ich für dies simpleste Erwerb der Menschen Sinn kriege.
Gedancken über den Instinckt zu irgend einer Sache. Jedes Werck was der Mensch treibt, hat möcht ich sagen einen Geruch. Wie im groben Sinn der Reuter nach Pferden riecht, der Buchladen nach leichtem Moder und um den Jäger nach Hunden. So ists auch im Feinern. Die Materie woraus einer formt, die Werckzeuge die einer braucht, die Glieder die er dazu anstrengt das alles zusammen giebt eine gewisse Häuslichkeit und Ehstand dem Künstler mit seinem Instrument. Diese Nähe zu allen Saiten der Harfe, die Gewissheit und Sicherheit wo mit er sie rührt mag den Meister anzeigen in ieder Art. Er geht wenn er bemercken soll grad auf das los, wie [88] Batty auf einem Landgut, er träumt nicht im allgemeinen wie unser einer ehmals um Bildende Kunst. Wenn er handeln soll greift er grad das an was iezt nötig ist. Gar schön ist der Feldbau weil alles so rein antwortet wenn ich was dumm oder was gut mache, und Glück und Unglück die primas vias der Menschheit trifft. Aber ich spüre zum voraus, es ist auch nicht für mich. Ich darf nicht von dem mir vorgeschriebnen Weeg abgehn, mein Daseyn ist einmal nicht einfach, nur wünsch ich dass nach und nach alles anmasliche versiege, mir aber schöne Krafft übrig bleïbe die wahren Röhren neben einander in gleicher Höhe aufzuplumpen. Man beneidet ieden Menschen den man auf seine Töpferscheibe gebannt sieht, wenn vor einem unter seinen Händen bald ein Krug bald eine Schaale, nach seinem Willen hervorkommt. Den Punckt der Vereinigung des manigfaltigen zu finden bleibt immer ein Geheimniss, weil die Individualitet eines ieden darinn besonders zu Rathe gehn muss und niemanden anhören darf.
18) Wollt ich nach Bercka. Hinter Legefeld kam mir der Bote entgegen dass der Amtmann abwesend sey. Ritt auf Tiefurt. As mit dem Prinzen fand Knebeln weich und gut. Versprach Mayen mich für die Herzogin von Würtenb. mahlen zu lassen. Alsdenn nach Dennstädt. Abends herein.
20. Früh zum Herzog. Dann Conseil. Zu [*Frau v. Stein] essen blieb da nach Tische sizzen und las. Abends Crone die L. und P. Waren die Affen sehr närrisch.
21. War ich still in mir mancherley Gedancken Plane, Eintheilung der Zeit auf die nächste Woche, mit Battys Relationen beschäfftigt. Wollte Sonntags
d. 25 aus Bercka. in der Nacht ward ein gewaltsam Feuer zu Apolda, ich früh da ich's erst erfuhr hin, und ward den ganzen Tag gebraten und gesotten. d. Herzog war auswärts in Bendeleben und Erfurt. Verbrannten mir auch meine Plane, Gedancken, Eintheilung der Zeit zum theil mit. So geht das Leben durch bis ans Ende, so werdens andre nach uns leben. Ich dancke nur Gott dass ich im Feuer und Wasser den Kopf oben habe, doch erwart ich sittsam noch starcke Prüfungen, vielleicht binnen vier Wochen. Meine Ideen über Feuerordnung wieder bestätigt. Uber hiesige besonders wo man doch nur das Spiel, wie in allem, mit denen Karten spielt, die man in diesem Moment auf hebt. Der Herzog wird endlich glauben. Die Augen brennen mich von der Glut und dem Rauch und die Fussolen schmerzen mich.
Das Elend wird mir nach und nach so prosaisch wie ein Kaminfeuer. Aber ich lasse doch nicht ab von meinen gedancken und ringe mit dem unerkannten Engel sollt ich mir die Hüfte ausrencken. Es weis kein Mensch was ich thue und mit wieviel Feinden [90] ich kämpfe um das wenige hervorzubringen. Bey meinem Streben und Streiten und Bemühen bitt ich euch nicht zu lachen, zuschauende Götter. Allenfalls lächlen mögt ihr, und mir beystehen.
d. 26. lies mich versprochner Massen von Mayen mahlen. Und bat Wielanden mir dabey seinen Oberon zu lesen er thats zur Hälfte. Es ist ein schäzbaar Werck für Kinder und Kenner, so was macht ihm niemand nach. Es ist grose Kunst in dem Ganzen soweit ichs gehört habe und im einzelnen. Es sezt eine unsägliche Ubung voraus, und ist mit einem grosen Dichter Verstand, Wahrheit der Characktere, der Empfindungen, der Beschreibungen, der Folge der Dinge, und Lüge der Formen, Begebenheiten, Mährgen Frazzen, und Plattheiten zusammen gewoben, dass es an ihm nicht liegt wenn es nicht unterhält und vergnügt. Nur wehe dem Stück wenns einer ausser Laune und Lage, ober einer der für dies Wesen taub ist hört, so einer der fragt a quoi bon.
d. 29 Untered mit [*Herzog Carl August] über Fr..
d. 30 Dessen Brief an Schnaus wegen Burgsdorf und seine Entlassung. Auch dies hat uns das Schicksaal schön eingeleitet durch seine lezte Abwesenheit[91] sind wir geprüft und er fällt ab wie ein überreifer Apfel.
Neue Conduite fürs künftige. Vorsicht mit dem Herzog. Von einem gewissen Gang nicht abzuweichen, und im Anfang nichts zu rühren.
War wieder Streit mit [*Herzog Carl August] und f. Fr. die leidige Undanckbarkeit drückt ihn sehr, und dass man ihn so scheuslich verkennt.
D. [*Herzog Carl August] abzuhalten dass er nur nichts für sich thut, denn er ist noch sehr unerfahren besonders mit Fremden, und hat wenig Gefühl zu anfangs wie neue Menschen mit ihm stehen.
Projeckt zur Reise nach Frf. überlegt.
d. 31. Verthan. Früh noch Mayen gesessen. Mittag bey Hofe Abends in Ettersburg, wo sie die Gouvernante aufführten von Boden imitirt.
August
1) den ganzen Tag allein, ausser mit [*Herzog Carl August] und umgeworfen den künftigen Zustand, die Reise nach F. und wie Merck herbeizuziehn. Abends nach Belvedere zu Fus.
2. Merckwürdig! früh rein aufgestanden. [*Herzog Carl August] hatte versprochen um 8 zukommen. Da er ausblieb sezt ich meine Gedancken von gestern weiter fort, machte mein Absteigquartiergen richtig. Schickte 10 in die weite Welt. kam um 10 [*Herzog Carl August]. Sprachen wir unaussprechliche Dinge durch, er hatte gestern schon angefangen, [92] über unser inner Regiments Verhältniss das äussere, meine Ideen einer Reise die ich vornehmen muss wie die Weinhändler auf ihre Art. Von dem Hof, der Frau, den andern Leuten, von Menschen kennen. Erklärt ihm warum ihm dies und das so schweer würde, warum er nicht so sehr im Kleinen umgreifen solle. Er erklärte sich dagegen und es ward eine grose interessante Umredung. zu [*Frau v. Stein] zu Tische nach Tisch zu Schn. der über die Resolution erschüttert war. Ich schlug in dem Modo eine Auskunft vor. dann mit [*Herzog Carl August] lange Unterred über eben das. Nachher allein. Propria qui curat neminis arma timet
Vom 3ten zum 6. anhaltend in stiller innrer Arbeit, und schöne reine Blicke. Auf der Kriegs Comm der lezten Ordnung der Repos. näher.
In Tiefurt gros Soupee den 5ten.
den 6ten Abends nach Apolda.
d. 7. Zu Hause aufgeräumt, meine Papiere durchgesehen und alle alten Schaalen verbrannt. Andre Zeiten andre Sorgen. Stiller Rückblick aufs Leben, auf die Verworrenheit, Betriebsamkeit Wissbegierde der Jugend, wie sie überall herumschweift um etwas befriedigendes zu finden. Wie ich besonders in Geheimnissen, dunklen Imaginativen Verhältnissen eine Wollust gefunden habe. Wie ich alles Wissenschafftliche nur halb angegriffen und bald wieder habe fahren lassen, wie eine Art von demütiger Selbstgefälligkeit durch [93] alles geht was ich damals schrieb. Wie kurzsinnig in Menschlichen und göttlichen Dingen ich mich umgedreht habe. Wie des Thuns, auch des Zweckmäsigen Denckens und Dichtens so wenig, wie in zeitverderbender Empfindung und Schatten Leidenschafft gar viel Tage verthan, wie wenig mir davon zu Nuz kommen und da die Hälfte nun des Lebens vorüber ist, wie nun kein Weeg zurückgelegt sondern vielmehr ich nur dastehe wie einer der sich aus dem Wasser rettet und den die Sonne anfängt wohlthätig abzutrocknen. Die Zeit dass ich im Treiben der Welt bin seit 75 Oktbr. getrau ich noch nicht zu übersehen. Gott helfe weiter. und gebe Lichter, dass wir uns nicht selbst so viel im Weege stehn. Lasse uns von Morgen zum Abend das gehörige thun und gebe uns klare Begriffe von den Folgen der Dinge. Dass man nicht sey wie Menschen die den ganzen Tag über Kopfweh klagen und gegen Kopfweh brauchen und alle Abend zu viel Wein zu sich nehmen. Möge die Idee des reinen die sich bis auf den Bissen erstreckt den ich in Mund nehme, immer lichter in mir werden.
d. 11 früh ging [*Frau v. Stein] nach Kochberg. Abends ich nach Ettersb. blieb das.
d. 12. hatte eine starcke Erklärung mit [*Herzogin Anna Amalia] die auf das alte hinauslief. bey Verhältnissen die nicht zu ändern sind müssen gewisse Schärfigkeiten sich sammeln, und zulezt irgendwo ausbrechen. Von Zeit zu Zeit wiederhohlt sich das. Ubrigens gings [94] gut. Bode war lustig, bis auf die Ehrlichkeit die ihn manchmal Ausfälle thun lässt die Gräfin war von unsrem Diskurs in Confusion ihrer Ideen gebracht.
d. 13 ging ich zeitig weg. Abends kam Fritsch. [*Herzog Carl August] kam Mittags von Gotha wieder, wohin er d. 12ten gegangen war.
d. 14 Conseil. Mittags mit [*Herzog Carl August] und Wedel in dem Kloster gessen. Die paar lezten Tage waren nicht rein gleich den Vorigen.
Vom 15. bis zum 21. die ganze Woche mehr gewatet als geschwommen. Freytags fatalen Druck dass Batty mir die mancherley Sauereyen denen nicht gleich abzuhelfen ist lebendig machte. Sonst mit Cr. gut gelebt und einiges mit Liebe gezeichnet, wenns nur anhielte. Auf dem Troistädter Jagen d. 18ten einen vergnügten Tag mit Wedeln.
d. 22 Nachmitt nach Kochberg. Rein und gut da gelebt. Das erste mahl dass mirs da wohl war, doch kann ich mich noch nicht mit dem Ort noch der Gegend Befreunden. Was es ist weis ich nicht ob die fatale Erinnerung p. Zeichnete frisch, hoffte auf ein wenig Talent.
d. 25. kam ein Husar mit der Nachricht Grothausen wolle mich zu sehen heraus kommen, ich wählte nach Weim. zu gehn um mancher Ursachen willen. Kam Abends 9 Uhr an, fandt d Herzog Knebeln Herdern Groth. auf der Wiese. es ist ein schöner braver edler Mensch und es thut einem wohl ihn zu [95] sehen, sein Landstreicherisch Wesen hat einen guten Schnitt. eigentlich ist er so eine seltsame Erscheinung dass man Wohlthut sich nicht Rechenschafft über den Eindruck zu fordern den er auf einen macht.
d. 26. Früh dejeune d. Hofdamen. Getanzt in Kalbs Saal, mit Wedeln lustige Projeckte zur nächsten Reise. Mittags mit [*Herzog Carl August] Prinz. Knebel. Grothaus, Wedel, Wieland unter den Aschen gegessen Er erzählte sein Corsisches Abentheuer aber obenhin. Nach Tische ging er weg nach Jena. Ich blieb mit Knebeln. Ward mir eine Erscheinung über die Conduiteder Picks womit ich gleich d. Anfang zu machen beschloss – Abends kam H. Louise mit d. Fräulein Wöllwarth auf die Wiese und Knebel und ich gingen mit, es ward gut geschwäzzt. – und auch
d. 27. gleich that. Es Geht, nur muss frisch gewirthschafftet werden. Die Pesanteur der Leute druckt einen gleich nieder. Ich wills auf dem Weeg eine Weile fort treiben. Früh alles abgethan, Mittags zu Cronen. Dann zu Herdern dem Vorgestern Nacht ein Knabe gebohren war dann zur kl. Schardt. Dann mit Boden auf die Tobacks Acker.
d. 28 zum Geburtstage frey und froh. Nachmittag sagte mir d. Herz seine Gedancken über Schn. und meinen Tittel.
30. Mittags Cr. Abends gingen wir nach Belv. War ein überschöner Abend und Nacht.
31 Früh sechs spazieren nach Tiefurt viel Gedancken[96] über die bevorstehende Reise und Veränderung. sonst muthig und gut. Bewegung ist mir ewig nötig.
September (2. Reise in die Schweiz)
2.) Wie durch ein Wunder seit meinem Geburtstag in eine frische Gegenwart der Dinge versezt, und nur den Wunsch dass es halten möge. Eine offne Fröhlichkeit und das Lumpige ohne Einfluss auf meinen Humor. auch war das Wetter besonders herrlich
d. 3 Dejeune. dann Aufgestellt die Versuche unsrer Zeichenschule. Es wird gut weils angefangen ist als wärs gar nichts. Mittags mit [*Herzog Carl August] d. Prinzen Wedeln unter den Aschen gessen. Nach Tisch zum Vogelschiesen. Bald wieder weg. Blieb ich still im Garten, Abends halb 7 holt ich [*Herzog Carl August] ab gingen nach Ettersburg, Knebel begleitet uns eine Strecke. Fanden sie oben leidlich vergnügt. Und trieben unter uns nachdem die Damen retirirt waren viel Thorheiten. Einsiedel sprach vernünftig über Boden.
d. 4. früh 7 weggeritten nach Weimar. fand im Garten manches Sonnabends Geschäft auf die Kr. Comm. zu Cr. essen. Nachm. allein Abends ums Webich gelaufen. Dann halb 9 zu Schnaus über die nächsten Politica. |: Der Besuch der schönen Götter dauert noch immer fort :| auch das reine Wetter
d. 6. kriegt ich das Dekret als Geheimderath. Der Wirbel der irrdischen Dinge auch allerley anstosen de Persönliche Gefühle griffen mich an.
[97] Es ziemt sich nicht diese innern Bewegungen aufzuschreiben. – Bemerckung eines Politischen Fehlers den ich an mir habe, der auch schweer zu tilgen ist –
d. 9 Conseil. Nachm nach Ettersb. und droben sehr lustig.
d. 10 früh wieder herein.
Abreise.
d. 12. Sept. Sonntags früh Halbsechse von Ettersburg. Schön Wetter 1/4 auf 9 in Erfurt, nach Eilfen in Gotha. Ahndung der freyen Lufft und Projeckte künftiger Wandrungen. Gottern zu Tische, Nach Tisch Mrs. du bois und seine Tante die sich präsentirten. Nach Eisenach gefahren, um halb 7 daselbst angekommen, unsere Pferde kamen um 1/2 9. hattens satt. Wir gingen zum Kanzler: Präs. Vize Kanzl. W. as bey Herdas. G. war bis 10 bey Vicktorgen. Nachts Krause geschwäzt bis 1/2 12 über W.th.rs.
d. 13 früh 6 nach Creuzburg, dort gezeichnet die ausgebrannte Kirche, gegen 10 kam [*Herzog Carl August] erst dahin, nach Bischhausen geritten. Gegessen, gezeichnet. Gefahren über Hüls, Nachts 1 Uhr in Cassell.
d. 14 früh die Parade, Orangerie, Auggarten, Menagerie, Modelhaus pp. Nachm. die Galerie Abends zu Forstern, ihn zu Tische mitgenommen. Viel gefragt, und geschwazzt.
15. Auf Weissenstein, den Winterkasten erstiegen, die übrigen Anlagen besehen. Abends zurück.
16. früh das Kunstkabinet, die Antiken, die Statue des Landgrafen unter Nahls Händen. Gegessen. Weggefahren um 12 Uhr. nach Wabern von da geritten auf Insberg. angek. um 8 Uhr.
October (2. Reise in die Schweiz)
d. 8ten bis Thun.
d. 9. nach sieben von Thun abgefahren.
Gegen 12 kamen wir hier an. Das Jungfrau horn war mit Wolcken angezogen. Das Eisthal in Sonnenblicken auserordentl. schön. Der Steinberg im Rücken an ihn schliesst sich der Tschingel Gletscher und so ist man im Ende des Thals wie gestern.
d. 10. Uber Radschocken, sahen im Thal grad ab die Bleyhütten und Sichellauinen oben den Breitlauinen Gletscher der bis ins Thal fällt und sein Wasser unter dem grau beschaffnen Eis hervor jagt. hinter uns links der Mönch. Wir stiegen über den Schwendi 23 Minuten auf 10. Halb 10 erschien das Jungfr. Horn. Rückwärts sahen wir Myrren und den M. B. und Bach. auch das ganze Lbr. Thal. neben M.Br. Gimmel Wald und links das Brundli horn wohinter Sewene liegt. Die Sonne ging über Br. L. Gl. auf, eine Weile stieg der Weeg über Matten, dann wand er sich rauher an Berg hinauf. Man geht einen Fussteig über eine hängende Matte [99] die Steeg genannt. wir kamen über verschiedene Bächli und Wasserfälle. gegen halb 11 ward das Breithorn sichtbar. wir gingen an hoher Alp und dem Tschingel Gletscher vorbey.
Um 1/2 12 stiegen wir immer an dem Gletscher gegenüber auf, sahen den Schwatri Bach in starckem Fall aus dem Gletscher kommen.
Wir assen auf Steinbergs Alp. Der Schaaf bach kommt ganz hinten aus dem Tschingel Gletscher und macht mit dem Schwatri bach die Lütschine.
Amerten war unter uns wir sahens nicht. Es ward kühl die Wolcken wechselten. wir assen und trancken und feyerten sehr lustig saturnalien mit den Knechten und Führern. Philip wurde vexirt daß er heut früh sehr viel Käs suppe gessen habe. Es war ein närrsches Original von Thun mit den wir herauf geschl. hatten.
Wir waren um 1/2 2 auf dem Tschingel – Gl. und machten Thorheiten Steine abzuwälzen es war schön und höher als sich denckt. Der Herzog wollte es auch noch immer toller, ich sagt ihm das wäre das und mehr fänden wir nicht. wir gingen am Tschingel her. Das Tschingel horn mit Wolcken stand vor der sonne, es war von da herab der Gletscherstock bis unten wo er in Hölen schmilzt.
3/4 Auf 3 kamen wir auf dem Ober horn an zwischen Felsen und Gletschern. die Sonne schien. D [*Herzog Carl August] hatte den Spas gespürt. zwischen den Gesteinen [100] macht das Eis Wasser ein Seelein. Die hohen Felslagen sind mit Eis bedeckt. Das Seelein liegt mehr vorm Tschingelhorn, es war oberhalb leicht bewölckt. Grau die Decke der absinckenden Eise, blau die Klüfte die Felsen, d. Stein alles Granit. Um 3 Uhr gingen wir ab.
NB den Wasserfall aus den holen Gletschern durch die Uberbogen und Schrunden.
Es ward wolckig regnete brav wir hörten offt Gletscher Prall sahen auch einen.
d. 11ten von Lauterbr ab den untern Weeg gegen 2 Uhr im Grindelw angekommen, sahn den ausfluss des untern Glätschers. früh morgens regnet es, dan war es das schönste wetter.
d. 12ten früh vom Wirtsh. im Grindelwald, es war das der erste gang an dem Morgen, seit wir in dem Schnee sind.
Des Morgens nach 7. Verirrte mich kamen am ob. Gl. zusammen gingen im Schatten des Wetterhorns den Scheideg hinauf. es war wie wir hinauf gingen alles scharf gefroren. um 11 Uhr waren wir oben. Abend auf die Scheidegg alp fanden noch Leute. um 12 rasteten wir an einer Hütte, unter dem Wellhorn und Engelhorn das in spizzen Thürmen und Zacken gar verwunderlich ist. es war liebl. kühl die Sonne schien hoch. gegen 1 brachen wir auf.
[101]November (2. Reise in die Schweiz)
d. 8 vor Tag aus Martinach die Haupt Straße gangen. Sonnenschein Morgen. Sehr lustiger Weg. eine abgebrochne Brücke drei Stunden von Martinach über die Rhone. an der lincken Seite weg herrliche Aussicht von einem alten Schloss nach Sion und dem ganzen Thal. Aufsteigen der Dämpfe von den schnee bergen. NB Nacht und erst nach Sion etwas gegessen und zu Fus nach Syders alias Sierre gekom. Schöner Weeg an den Wenden am schönsten Tourbillon vorbey. NB schöner Anblick ehe man nach S kommt. Viele Formen von Hochpflanzungen bis zum abgesteckten Weeg
d. 9. Bey Zeiten aus Siders mit [*Herzog Carl August] allein. nach dem Leucker Bad. schöne Aussicht ins Wallis, beschweerlicher Weeg. schrieb eine Scene am Egm. Besonders trefflicher Anblick nach Inden hinein. bösen Felsgang. Ruhige Laage. das Baad – Gang gegen die Gemmi. Zurück gute Wirthsleute Essen Gespräch geschrieben pp.
d. 10. Erster Schnee. NB Das Brauen der Wolcken Abends vorher. mit Tags Anbruch ab. über Inden nach Leuck Wasserleitung. Schöne Lage vor Inden, einige andre Dörfer auf den Höhen. In Leuck Wedels Vorschlag die Pferde zurückzuschicken. Wedel mit den Pf. ab. [*Herzog Carl August] und ich auf Brieg mit 1 Maulth. und Wagen. Abendwind hinter uns Zug der Wolcken, Seitenzug der Thäler Schneewände Herrliche Wolcken im Abend. Brieg. Gute Stube und Camin.
[102] 11 Von Brieg mit Pferden. enger das Thal, aufwärts. Ängstl Stimmung Verfl. Gefühl des Entenfangs. es hatte die Nacht auf den Bergen geschneit. nach und nach in die Region des Schnees. Nachm. Ostwind starcke Kälte und Hoffnung geblieben der Furcka. in Münster.
Fatale Ahndungen Erinnerung Enge böses Gefühl dass man im Sack stickt Hoffnung und Vertraun
d. 12 Wacht ich Nachts auf und ging sogleich ans Fenster. es war hell und kalt ich sah den Orion, es hatte nicht geschneit. Früh Trieben die Wolcken vom Abend aus gegen die Furca. wir um 7 Uhr ab nach Oberwald. tiefrer Schnee ein scharfer Morgenwind riss den Vorhang über uns auf wir fassten Muth. In Oberwald fragten wir ob man über die Furcka kommen und ob sich Leute verbinden wollten uns hinüber zu bringen. Es melden sich 2 Bursche wie Rosse, um 10 ab. Sonnenschein. Wilder stieg das erste Thal hinauf grosser Anblick des Rhone Glätschers. Zweite Stunde leidlicher Stieg viel Schnee, dritte Stunde aufwärts beschweerlicher. am Kreuz Wechselnde Wolcken, Sonne wie Mond, Stöber Wetter Lappländische Ansichten, Grauen der unfruchtbaren Thäler. Abwärts weit tiefrer Schnee Sonnenblick in dem Thal von fern. Oede Gegend. abends 5 in Realp. Capuziner gute Aufnahme gut durchgewärmt. Gessen Geschwazt schöne Geschichten und Gesinnungen unsrer Führer. pp.
[103]d. 13 früh gegen 10 wohl ausgestattet ab. Der klarste Himmel durchs Urseler thal. Sonne an den Bergen. Einsamkeit abnehmend. im Hospital ein Zug Maulthiere. Hohe Sonne. Leben. Eingekehrt. Dann aufwärts. heisse Sonne. alles Schnee! schöner Anblick nach Ursern hinein weiter aufwärts herrlicher Wasserfall. wie über schwarzen Marmor. Die Maulth. eingehohlt. 63. es fielen ihrer auf dem Eis. Scharfer Wind im Rücken beym hohen Sonnensch. gegen 2 angekom. Gute Aufn. Essen gespräch p. p.
[104]- Rechtsinhaber*in
- TextGrid
- Zitationsvorschlag für dieses Objekt
- TextGrid Repository (2012). Goethe: Tagebücher. 1779. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-5DE3-8