1229. Puck.

(S. Johansen a.a.O. S. 269.)


Auf einem großen Bauerhofe hielt sich ein Puck auf, half den Leuten bei der Arbeit, verhütete Schaden und Unfall und hatte dafür sein gutes Essen und Trinken, das man ihm auf den Boden hinaufbrachte, und manches Vergnügen Tag und Nacht. Man hörte ihn im Stroh rascheln, man hörte ihn flöten und singen, bekam ihn aber nicht zu sehen. Nur einmal ist er gesehen worden. Eines Tages nämlich, als die Leute sämmtlich auf dem Felde arbeiteten und der Puck Einhüter im Hause war, wurden die heimkehrenden Knechte ihn gewahr. Puck saß im Giebelloch, machte allerlei wunderliche Grimassen, wiegte sich bald auf dem einen, bald auf dem andern Beine und sang und flötete und neckte die Hofhunde. Sein Liedlein war ein Loblied auf seine Gestalt, seine Tugenden und seine Beine.


Kopf groß

Weisheit viel.

Aug' so rund

Ist nicht blind.

Zahn so spitz

Der beißt gewiß

Züngelzung'

Näscherzung'.

Geschickte Hand (wirft)

Saat ins Land

Beinchen kurz

Doch nicht (zu) kurz

Bell, fluch und schlag.

Puck ist zu geschwind

Puck, Puck, Puck

Er ist klug.


Während Puck so sang und an nichts Arges dachte, schlich sich einer der Knechte ganz leise auf den Boden hinauf und war beherzt genug, das [1002] kleine Ding zur Giebelluke hinauszustoßen und seinen Mitknechten zuzurufen: »Da habt Ihr ihn, schlagt ihn todt!« Diese kamen geschwind mit Dreschflegeln und Stöcken herbei, aber was sahen sie? Wo der Puck heruntergefallen war, lagen nur einige Topfscherben, der Puck selbst war unverletzt in sein Schlupfloch hineingeschlüpft und mag die dummen Menschenkinder ausgelacht haben. Puck soll übrigens im Sinn gehabt haben, Böses mit Bösem zu vergelten. Es macht ihm aber Ehre, daß er sich später eines Bessern besonnen hat. Einmal bemerkt er nämlich in der Nacht, daß derselbe Knecht auf dem Hofplatze eingeschlafen ist, vermuthlich in Folge eines Rausches. Puck schleicht sich an den Schläfer heran, sieht und hört wie fest er schläft, geht darauf nach dem Brunnen, hebt den schweren Deckel mühsam ab und schleppt ihn fort. Dann schleppt er den schlafenden Knecht an den Brunnen, wo er ihn so niederlegt, daß die langen Beine in den Brunnen hinabhängen. So läßt er den Schläfer liegen und trippelt weiter. Erst am hellen Morgen erwacht der Knecht. Er erschrickt und gleich ist's ihm klar: »das hat Puck gethan.« Er sagt sich aber auch: »Puck ist besser als Du und Du sollst ihn künftig in Frieden lassen.« Das hat er denn auch gethan.

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TextGrid Repository (2012). Grässe, Johann Georg Theodor. Sagen. Sagenbuch des Preußischen Staats. Zweiter Band. Schleswig-Holstein. 1229. Puck. 1229. Puck. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-4652-3