Der hohle Zahn
Oftmalen bringt ein harter Brocken
Des Mahles Freude sehr ins Stocken.
So geht's nun auch dem Friedrich Kracke;
Er sitzt ganz krumm und hält die Backe.
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Um seine Ruhe ist's getan;
Er biß sich auf den hohlen Zahn.
Nun sagt man zwar: Es hilft der Rauch!
Und Friedrich Kracke tut es auch;
Allein schon treiben ihn die Nöten,
Mit Schnaps des Zahnes Nerv zu töten.
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Er taucht den Kopf mitsamt dem Übel
In einen kalten Wasserkübel.
Jedoch das Übel will nicht weichen,
Auf andre Art will er's erreichen.
Umsonst! – Er schlägt, vom Schmerz bedrängt,
Die Frau, die einzuheizen denkt.
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Auch zieht ein Pflaster hinterm Ohr
Die Schmerzen leider nicht hervor.
»Vielleicht« – so denkt er – »wird das Schwitzen
Möglicherweise etwas nützen.«
Indes die Hitze wird zu groß,
Er strampelt sich schon wieder los;
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Und zappelnd mit den Beinen
Hört man ihn bitter weinen.
Jetzt sucht er unterm Bette
Umsonst die Ruhestätte.
Zuletzt fällt ihm der Doktor ein.
Er klopft. – Der Doktor ruft: »Herein!«
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»Ei, guten Tag, mein lieber Kracke,
Nehmt Platz! Was ist's denn mit der Backe?
Laßt sehn! Ja, ja! Das glaub ich wohl!
Der ist ja in der Wurzel hohl!«
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Nun geht der Doktor still beiseit.
Der Bauer ist nicht sehr erfreut.
Und lächelnd kehrt der Doktor wieder.
Dem Bauern fährt es durch die Glieder.
Ach, wie erschrak er, als er da
Den wohlbekannten Haken sah!
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Der Doktor, ruhig und besonnen,
Hat schon bereits sein Werk begonnen.
Und unbewußt nach oben
Fühlt Kracke sich gehoben.
Und – rack! – da haben wir den Zahn,
Der so abscheulich weh getan!
Mit Staunen und voll Heiterkeit
Sieht Kracke sich vom Schmerz befreit.
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Der Doktor, würdig wie er war,
Nimmt in Empfang sein Honorar.
Und Friedrich Kracke setzt sich wieder
Vergnügt zum Abendessen nieder.